Praxis Canon 5D Mark III Video-DSLR im One-Man Interview-Setup

Canon 5D Mark III Video-DSLR im One-Man Interview-Setup

In unserem Video-DSLR Praxisworkshop beschäftigen wir uns diesmal mit einem realen Interview Set-up. Was hat sich an Licht-, Audio- und Videoequipment für den Einzelkämpferbetrieb bewährt und was weniger ? Es geht um Licht, Ton, Bildkontrolle, Objektivwahl sowie DSLR-Kamerasettings im Interviewbetrieb.

// 11:52 Mo, 12. Mai 2014von

In unserem Video-DSLR Praxisworkshop beschäftigen wir uns diesmal mit einem realen Interview Set-up. Was hat sich an Licht-, Audio- und Videoequipment für den Einzelkämpferbetrieb bewährt und was weniger ? Es geht um Licht, Ton, Bildkontrolle, Objektivwahl sowie DSLR-Kamerasettings im Interviewbetrieb.



Aufgabenstellung war ein Video-DSLR Interviewclip für die Webdistribution (mit der Canon 5D Mark III) - ein typisches Talking-Head Szenario - bei dem Interviewer, Kamera- und Tonman in Personalunion gehalten werden sollte.



Hier ein Ausschnitt des finalen Interviewclips in einer Variante, die näher an der ursprünglichen Belichtung ist, aber immer noch ein wenig Spannung für Schatten und Licht bereithält:







Nach all den 4K-Kameras mit ihrem hohen HD-Schärfe Potential kommt einem das Bild der Canon 5D Mark III besonders soft vor. Heisst das nun, dass solche VDSLRs nichts mehr taugen?



Canon 5D Mark III Video-DSLR im One-Man Interview-Setup  : Canon5DMarkIII


Wir finden nicht – gerade für solche Interviewsituationen haben Video-DSLRs aus der Ära vor 4K durchaus noch eine Daseinsberechtigung, aber das muss jeder für sich selbst entscheiden - weiter nun mit dem Interview-Setup.



Was hat beim Interview funktioniert und was weniger und worauf sollte man grundsätzlich achten und worauf speziell in Hinblick auf eine One-Man Show?







Räumlichkeit

Wenn zeitlich möglich sollte die Interviewlocation am besten vorab in Augenschein genommen werden. Kameradistanzen, Lichtverhältnisse und Akustik lassen sich recht schnell vorab beurteilen und helfen, das benötigte Equipment auf das Nötigste einzugrenzen. Gerade wenn man alleine unterwegs ist, stellt weniger und damit weniger fehleranfälliges und leichteres Equipment ein großes Plus dar.



Folgende Fragen sollte man sich bei einer ersten Besichtigung stellen:



Mit welchen Distanzen haben wir es zu tun? Wieviel Raum steht zur Verfügung?


Bei unserem Beispielclip wurde in der Druckwerkstatt vor Ort gedreht und dies brachte eine Motiv-Kameradistanz von ca. 2m mit sich, was für eine ganze Reihe von Einstellungen (Fokus, Blende und damit hyperfokale Schärfe) sowie ISO ein erster wichtiger Wert ist.



Wann findet das Interview statt und welche Lichtbedingungen herrschen dann? Spielt Tageslicht eine Rolle, wenn ja, kann es abgedunkelt werden oder sollte die Beleuchtung komplett auf Tageslicht abgestimmt werden und damit auch entsprechende Tageslichtlampen (LED, Kinoflos Lichtkoffer etc.) ausgeliehen werden?



In unserem Fall fand das Interview abends statt, so dass kein Tageslicht berücksichtigt werden musste und wir bei der Lichtwahl komplett mit Kunstlicht operieren konnten. Damit hatten wir auch die bestmögliche Kontrolle über die Ausleuchtung.



Wie stellt sich die Akustik im Raum dar? Gibt es akustische Störquellen in Form von Lüftern, Klimaanlagen oder anderen techn. Geräten?



Da die Werkstatt einen Laminatboden ohne Teppiche besitzt und sich auch an den Wänden und Decken kaum schallschluckende Materialien oder Möbel verbaut finden, haben wir auf Richtmikros, die empfindlich auf Raumhall reagieren können, verzichtet. Mehr hierzu beim Thema Mikrofonierung.



Interview Set mit 3 LEDs, 1xArri 800W, Canon 5D Mark III und Sennheiser G3 Funkstrecke
Interview Set mit 3 LEDs, 1xArri 800W, Canon 5D Mark III und Sennheiser G3 Funkstrecke


Wie gut lässt sich ein Hintergrund „bauen“ ? Ein unruhiger Hintergrund kann ein noch so gutes Interview deutlich beeinträchtigen. Von daher gilt es vorab zu klären, ob störende Hintergrundselemente verschoben, abgedeckt oder durch geschickte Lichtführung „entschärft“ werden können.



In unserem Fall wollten wir neben unserer Interviewpartnerin noch ein inhaltliches Element platziert wissen, dass auf ihre Arbeit, bzw. die Werkstatt verweist. Hierfür eignete sich die manuelle Druckpresse ausgezeichnet. Die ist allerdings schwer und muss für die Platzierung im Bild erstmal verschoben werden - was Zeit kostet. Also vor dem Interviewtermin genügend Zeit einplanen, um den Hintergrund zu bauen, Licht zu setzen und den Ausschnitt so weit wie möglich vorab zu bestimmen. In unserem Fall reichten 1,5h für eine Person um ohne Hast die Interviewszene einzurichten.





Objektivwahl

Der Objektivwahl kommt bei einer One-Man Show eine besondere Bedeutung zu. Ein Objektivwechsel während des Interviews kostet Zeit und kann den Gesprächsfluss empfindlich stören. Ein Zoom ermöglicht hingegen schnell unterschiedliche Ausschnitte festzulegen, teilweise einfach zwischen zwei Fragen, ohne die Kamera umstellen zu müssen.



Unterschiedliche Ausschnitte sorgen wiederum für etwas mehr Abwechslung bei Talking Heads Szenarien, stellen jedoch auch eine zusätzliche Fehlerquelle bei einem One-Man-Team dar. Hier sollte man für sich selbst klären, ob man mit dem Mehraufwand zurecht kommt oder nicht.



Die zuvor ermittelte Kamera-Motiv-Distanz spielt nun ebenfalls in die Wahl des Objektivs mit hinein. Eine manuelle Schärfenachfühung während des Interviews kommt nicht in Frage. Wir sind also auf das einmalige Festlegen der Schärfe angewiesen und nutzen hierfür eine hyperfokale Schärfeebene. Hierbei ist es wichtig, einzuplanen, dass unsere Gesprächspartnerin während des Interviews ein wenig Raum für Bewegung hat – eine Schärfeebene von 2-3cm von den Augen bis zum Ohr wäre hier nicht praktikabel. 30-50 cm sollte die Schärfeebene schon haben.



Bei 2m Abstand zur Kamera bedeutet dies bei einer Brennweite um die 65mm eine Blende 5.6 oder 8. Eine Blende 2 würde zwar ein vielleicht schickeres Portraitbild erzeugen aber zum einen wäre der Hintergrund und damit die Druckpresse dann schon recht unscharf und zum anderen benötigen wir dafür einen extra Kamera-Operator der die Schärfe kontinuierlich nachführt. Für unser One-Man-Set-up also nicht zu gebrauchen.



Platzhalter
Canon EF 24-105mm f/4L IS USM



Da wir also sowieso auf eine f 5.6 oder 8 abblenden, müssen wir keine sonderlich lichtstarke Optik einplanen. Damit ergibt sich als ziemlich ideales Interview-Zoom für unsere Zwecke das Canon EF 24-105mm f/4L IS USM, das wir entsprechend auch an der Canon 5D Mark III genutzt haben. Ein Objektiv, das man mit seiner Anfangsblende von f4 vielleicht vorschnell aussortieren würde – gerade in Zeiten, in denen sich das Rennen um höchstmögliche Lichtstärke bei Optiken so extrem in den Vordergrund spielt. (Dass es auch noch eine Bildstabi eingebaut hat, ist zwar für diesen Zusammenhang nicht weiter von Bedeutung, platziert es jedoch bei unserer persönlichen Beurteilung von videotauglichen AF-Fotooptiken ziemlich weit vorne).



Auf der anderen Seite bedeuten eine Blende 5,6 / 8, dass man mit der ISO auf ca. 800 operieren muss, wenn wir unserem Interviewpartner eine Sonnenbrille für zuviel Licht ersparen wollen. Da ISO 800 jedoch für dieses Setup und bei der Canon 5D Mark III noch sehr akzeptable Bildergebnisse liefert, haben wir mit den leicht erhöhten ISO-Werten hier keine Probleme und damit den für uns besten Kompromiss aus ausreichender Schärfeebene bei noch guter Bildqualität ohne übermäßig hellen Lichtaufbau.







Drei-Punkt-Licht

Wie zuvor bereits beschrieben konnten wir uneingeschränkt Kunstlicht zum Einsatz bringen. Hierfür haben wir an Stelle des klassischen schweren Einsatz-Lichtkoffers mit 3x800W Arris die LED Alternative Tecpro Felloni mit ebenfalls 3 LED Panels und einer Leistungsaufnahme von gerade mal 24 W genommen (Dank an 25p für die unkomplizierte Bereitstellung). Die LEDs sind wunderbar dimmbar, sehr leicht im Vergleich zu den klassischen 800 Watt Scheinwerfern und bei Bedarf auch noch von der Farbtemperatur optimal regelbar. Hinzu kommt ein eher flächiges Licht, das wir für unsere Interviewsituation bestens brauchen können sowie deutlich geringere Wärmeentwicklung.



 Tecpro Felloni 3er Set
Tecpro Felloni 3er Set


Der Aufbau erfolgt als klassisches Dreipunktlicht mit 100% Führungslicht, ca. 60 % Filllight sowie 100% Haarlicht. Einen 800W Scheinwerfer haben wir als Effektlicht für den Hintergrund eingesetzt – ganz einfach weil er zur Verfügung stand. Hierfür sind 800W etwas überdimensioniert – ein Dedolight hätte es etwas eleganter auch getan - mit entsprechend Frostfolie vor dem Scheinwerfer und stark geschlossenen Toren war das Setzen von Lichtakzenten für den Hintergrund jedoch auch unproblematisch.



Wir empfehlen neben dem klassischen Dreipunktlicht auf jeden Fall noch eine weitere Lichtquelle mit dabei zu haben, um größeren Gestaltungsspielraum bei der Ausleuchtung des Hintergrunds zu haben.



Bei der Wahl zwischen klassischen Scheinwerfern mit Brennern oder LEDs fällt die Wahl nicht schwer. Ein klares Ja zu LEDs. Sie bieten so viele Vorteile (s.o.) – gerade auch beim Einrichten und beim Gewicht für ein Ein-Mann-Team - dass sich hier der höhere Leihpreis (ca. 80,- Euro vs ca. 30,- für den klassischen Lichtkoffer) allemal bezahlt macht.





Mikrofonierung

Wie bereits weiter oben beschrieben, haben wir uns auf Grund der Raumverhältnisse gegen den Einsatz von Richtmikros als Hauptmikrofonierung entschieden. Zum Einsatz kam die Sennheiser G3 Funkstrecke mit dem Sennheiser ME-2 Lavalier mit Kugelcharakteristik. Wir haben zwar ein Richtmikro als Backup spaßeshalber mit angeschlossenem Recorder mitlaufen lassen – doch in der One-Man-Praxis haben zwei Gründe hier deutlich dagegen gesprochen: Zum einen hat sich unsere Interviewpartnerin während des Interviews einmal zur Druckpresse gedreht um an ihr den Druckvorgang zu erläutern. Mit einem Richtmikro wäre dieser O-Ton sehr viel schlechter eingefangen worden als mit dem am Kragen befestigten Lavalier. Zum anderen muss bei dem externen Recording im Vergleich zur direkt an den Mic-Eingang der DSLR angeschlossenen Funkstrecke die Aufnahme stets kontrolliert werden. Einen Take haben wir mit dem externen Recording schlicht verpasst, weil nicht fest genug auf die Recording Taste am Zoom H6 gedrückt wurde.



Hier zeigen sich die Grenzen eines One-Man Interview Set-Ups: Je mehr Geräte aktiv bedient und kontrolliert werden müssen, desto höher wird die Fehleranfälligkeit. Wir waren jedenfalls froh, dass wir eine "sichere" Audiospur direkt in der Kamera mit zugehörigem Video hatten und nicht auf das externe Audiorecording angewiesen waren.



Sennheiser G3 Funkstrecke
Sennheiser G3 Funkstrecke


Unsere Empfehlung geht daher bei Einmannbedienungen klar zu in der Kamera aufgezeichneten Ton. Darüber hinaus würden wir wohl in vielen Fällen eher zu Lavaliers mit Kugelcharakteristik greifen weil auch hierbei eher weniger Kontrolle während der Aufzeichnung von Nöten ist. Hat man es hingegen mit Richtmikros zu tun ist ein One-Man Set-up zumindest riskant. Dreht sich der Interviewpartner einmal weg oder ändert seine Körperhaltung kann ein einmalig positioniertes Richtmikro an einem Tonstativ schnell mal daneben liegen. Hier macht ein Tonassistent der den Ton angelt und permanent abhört (und bei Bedarf live pegelt) einfach sehr viel mehr Sinn. Richtmikros würden wir trotzdem eher im Außenbereich einsetzen oder wenn etwas mehr Raumatmo aufgenommen werden soll. Wer auf Richtmikros in Einzelkämpfersetups angewiesen ist, dem empfehlen wir an einer Video-DSLR einen rauscharmen Vorverstärker, der dann ebenfalls sicherstellt, dass Audio und Video zusammen in der Kamera aufgenommen werden.







Bildkontrolle

Für die Bildkontrolle haben wir uns für eine minimale Monitorlösung entschieden, die via HDMI nach Außen geführt wurde und vom Interviewer an einer Klemmmappe befestigt werden kann. So können zeitgleich Notizen abgelesen aber auch der Bildausschnitt grob kontrolliert werden. Zwar liesse sich auch die Kamera so platzieren, dass sie zwischen Interviewer und Interviewpartner steht - doch dies kann den Gesprächsfluss stark beeinträchtigen. Die Kamera wirkt weniger bedrohlich, wenn sie hinter dem Fragesteller steht. Allerdings ist hier dann eine Bildkontrolle durch den Fragesteller nicht möglich und so haben wir uns für eine Monitoring-Lösung via HDMI auf einen kleinen externen Monitor entschieden.



Platzhalter
Sony CLM-V55 HD



Hierfür kam ein kleiner 5“ Sony HDMI-Monitor (Sony CLM-V55 HD) zum Einsatz (ca. 30,- Euro pro Tag im Verleih), der klein und leicht genug ist, um ihn an einer Klemmmappe zu befestigen und der problemlos das HDMI-Signal der Canon 5D Mark III erkannt hat. Für eine akkurate Schärfebeurteilung ist er allerdings eher am unteren Größenlimit – hier würden wir einen größeren Kontrollmonitor vorziehen. Da unsere Schärfeebene jedoch fest stand und genügend Spielraum für die Kopfbewegung unserer Gesprächspartnerin bot, reichte diese ungefähre Bildkontrolle völlig aus.





Fazit

Wer darauf angewiesen ist, solo Interviews zu führen und aufzunehmen sollte sich im Vorfeld genau überlegen, welche Technik am meisten Sinn macht. Die Kunst ist es hierbei, mögliche Fehlerquellen zu eliminieren und das bedeutet die Aufnahmetechnik möglichst einfach zu halten. Sicherlich kein einfacher Spagat, zumal jede Interviewsituation neu und anders ist und sowohl der Umgang mit der Technik als auch die Interviewführung Erfahrung voraussetzen.



Hier nochmal die wichtigsten Punkte für den Solo-Interviewbetrieb kurz zusammengefasst:




- Zeit für Besichtigung der Interview-Location vorab einplanen


- Lavaliers und Funkstrecke für unkompliziertes In-Camera-Audiorecording.


- Zoomobjektiv an Stelle von Festbrennweiten für schnelle Ausschnittsänderungen bzw. einfaches (Re)Framing.


- Hyperfokale Schärfe nutzen, um einen „sicheren“ Schärfebereich zu definieren, der nicht nachgeführt werden muss.


- LED-Leuchten für einfaches 3-Punkt-Licht und „rückenschonenden“ Transport (oder 1x Kinoflo + Haarlicht) sowie zusätzliches, kleines Effektlicht für Hintergrund mitbringen


- Langes HDMI-Kabel und externen Monitor zur Bildkontrolle während des Interviews einplanen.





Dank an Claudia vom Druckwerk und 25P



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