Vor einiger Zeit begann ich, mich nach einer neuen Schnittkarte umzusehen. Aus diesem Grund schaute ich mir viele verschiedene DV - Karten an, darunter natürlich auch einige der Firma Canopus. Gerade bei diesen Schnittkarten bemerkte ich Besonderheiten; Schriften und Titel waren kontrastreicher, Blenden in hellen Bildern hatten keine Helligkeitssprünge. Neugierig geworden, lieh ich mir eine EZDV aus, baute sie parallel zu meiner DVNow ein und begann zu suchen.
Die Luminanz
"Zur Erinnerung: Bei 8bit YUV - Videoformaten sind für den analogen Videopegelbereich des Y von 0mV bis 700mV die digitalen Werte 16 - 235 vorgesehen. Die Werte 0 - 15 sind als sogenannter Footroom unterhalb der 0mV - Linie, im sogenannten Superschwarz angesiedelt. Die Werte oberhalb von 235 entsprechend im Headroom, also extrem hellen Bildpartien, die zwar schon außerhalb des Normpegels liegen, aber noch nicht verzerrt (geclippt) sind." |

Kontrastunterschiede zwischen den einzelnen Videokarten waren daher wahrscheinlich in diesen Bereichen zu suchen. Als erstes erzeugte ich also eine Titeldatei mit weißer Schrift (Wert 255) auf schwarzem Grund (Wert 0). Diese fügte ich dann in Premiere ein und berechnete sie mit verschieden Codecs. Vertreten waren neben dem Canopus - Codec der EZDV sowohl der Mainconcept - Codec (Demoversion, 2.04) als auch der Microsoft - Codec (DirectX 8.1) sowie der dazzle DVNow - Codec. Die gerenderten Files schaute ich mir mit Hilfe eine sogenannten Waveformmonitors am analogen Ausgang meines DV - Rekorders an.
( Mit einem Waveformmonitor, der in der professionellen Videotechnik der Standard zum Messen von Videosignalen ist, kann oft wesentlich besser als auf einem Monitor oder Fernseher die Qualität eines Videosignals beurteilt werden. Denn im Gegensatz zum eigentlichen Fernsehbild, das ja Monitor und Fernseher zeigen, stellt ein Waveformmonitor die elektrische Spannung des Signals, angegeben in mV, dar. Für die Arbeitsweise soll hier vereinfacht einmal gelten: Je heller das Videosignal, desto höher die Anzeige. ) |
Das Ergebnis des Tests war erstaunlich. Die Codecs von Microsoft, Mainconcept und dazzle verhielten sich pegelmäßig völlig gleich. Die Titelgrafik führte zu einem völlig normgerechten Videosignal von 0 bis 700mV. Bei Canopus dagegen entstand sowohl Superschwarz als auch überpegeliges Weiß. Da alle Karten über denselben analogen Ausgang gemessen wurden, schien der Codec selbst der Grund für die kontrastreicheren Titel und Grafiken mit den Canopus - Schnittkarten zu sein. Natürlich wollte ich als nächstes wissen, ob die anderen Codecs das Bild oben und unten nur abschneiden, oder ob eine Art Umrechnung stattfindet. Deshalb erzeugte ich eine Grafikdatei mit einem Grauverlauf. Diese wurde wieder mit den verschiedenen Codecs gerendert. Auf dem Waveformmonitor war deutlich zu sehen, dass der Verlauf nicht abgeschnitten, sondern tatsächlich umgerechnet worden war. Der ursprünglich vorhandene Kontrastumfang von 256 Werten wurde beim Rendern von den Codecs auf 220 Werte zusammengestaucht.
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Auf dem Waveformmonitor ist deutlich das von Canopus errechnete Superschwarz und das überpegelige Weiss zu sehen. Die Treppenstufen rechts und links stimmen mit den mV - Zuordnungen überein. | Dasselbe Bild mit einem MS/MC oder dazzle - Codec berechnet. Deutlich ist zu sehen, dass der Kontrastumfang reduziert wird, um auch außerhalb der der Norm liegenden Werte korrekt darstellen zu können. |
Um jedoch keine Pegelverfälschungen bei der Berechnung zu produzieren, müssten diese Umrechnungen doch auch beim decodieren auftreten? Zur Sicherheit versuchte ich also auch den Umkehrschluss: ein mit der DV - Kamera aufgenommenes Schwarz (mit Objektivdeckel und Blende zu) ergab beim Fotoexport mit dem Canopus - Codec den Wert 16, mit allen anderen dagegen den Wert 0. Wie schon vermutet, findet diese Kontrastanpassung also in beiden Richtungen statt.
"Amüsantes Detail am Rande: Niemand scheint die Grafikabteilung von Canopus über die Arbeitsweise ihres Codecs informiert zu haben, die Grafik "Not rendert" ist im vollen RGB - Raum produziert und führt zu nicht normgerechten Videosignalen."
Nun erst recht neugierig geworden, untersuchte ich das Verhalten bei der Videoeffektberechnung. Auch hier verhielt sich Canopus anders. Ähnlich wie vorher war der Codec als einziger in der Lage, ein etwas übersteuertes Weiß (erzeugt mit einer DV - Kamera, direkt in eine Lampe gehalten, digital gecapturet) ohne Helligkeitssprung zu berechnen.

Bei allen anderen Codecs wurde das Ergebnis der Effektberechnung oberhalb des Normbereich abgeschnitten. Daraus ergab sich natürlich am Anfang und am Ende des Effektes ein Helligkeitssprung. Abhilfe schaffte nur, die Originalclips mit etwas weniger Pegel aufzunehmen. Den Videopegel abzusenken, brachte nur scheinbar einen Effekt, denn dabei wird der ganze Clip abgeschnitten. Natürlich ist dann ebenfalls kein Helligkeitssprung zu sehen, aber das Signal ist etwas fehlerhaft. Sobald die Clips normgerecht waren, berechneten alle Codecs den Effekt ohne Fehler.
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Auf dem Waveformmonitor ist deutlich der helle mittlere Bildbereich zu sehen. Nach einer Berechnung mit dem Canopus - Codec. Codec ist kein Unterschied zum Original zu sehen. | Dasselbe Bild nach einer Blende mit sich selbst, berechnet mit dem MS oder MC - Eigentlich dürfte kein Unterschied zu sehen sein, aber die hellen Bildbereiche sind geclippt. |
Ein wenig überrascht hat mich die Tatsache, das mir dieser Fehler beim Schnitt bisher nicht aufgefallen war. Zwar hatte ich schon öfter Probleme mit Helligkeitssprüngen, aber das Clipping war mir im Bild noch nie aufgefallen. Nach längerem Ausprobieren wurde mir auch der Grund klar: Konsumerkameras haben im Gegensatz zu Profikameras kein sog. Knee (Eine Art Limiter für zu helle Bildbereiche). Dadurch sind Spitzlichter oder helle Lampen meist schon bei der Aufnahme geclippt. Wird ein geclipptes Signal noch einmal geclippt, ändert sich am Bildeindruck nichts, außer das es nicht mehr ganz so hell ist. Dieser Helligkeitsunterschied ist aber nur im direkten Vergleich sichtbar. Etwas anderes ist es, wenn im Weiß noch Zeichnung ist. Dann fällt es sofort auf, wenn Informationen wegfallen.
Paradox wird das ganze, wenn man sich die Konsequenz überlegt: Wäre dieses Verhalten der einzige Maßstab, nach dem die Videokarte ausgewählt würde, müsste man für jede Konsumerkamera die recht teuren Canopuskarten verwenden. Wer dagegen eine 20.000 EUR teure Ikegami (die dann auch ein Knee hat) besitzt, dem würde auch eine einfache Firewirekarte reichen.
Die Chrominanz
"Zur Erinnerung: Bei 8bit Videoformaten sind für den analogen Videopegelbereich von U und V jeweils die Werte 16 bis 240 vorgesehen. Auch hier gibt es einen Headroom, diesmal nach oben und nach unten gleich groß." |
Die direkte Editierung dieser Werte ist jedoch weder in Premiere noch in MediaStudio vorgesehen, beide bedienen sich zur Eingabe von Farbwerten der RGB - Darstellung. Allerdings: Im FBAS - Signal ist der Farbanteil auf den Helligkeitsanteil aufmoduliert. Der oben aufgeführte Effekt im Luminanzbereich beeinflusst also auch den Chromapegel. Aus diesem Grund darf beim Canopus - Codec kein Farbkanal einen höheren Wert als 235 besitzen. Außerdem muss mindestens einer der Kanäle größer als 16 sein.
Um Sicherzugehen, dass das Videosignal auch sendetauglich ist, werden bei vielen Produktionen Farben nur mit 75% Pegel produziert. Einige Schnittprogramme wie z.B. Premiere geben dazu auch bei der Erzeugung stärker gesättigterer Farben eine Warnung aus. Bei der RGB - Darstellung würde sich mit normalen Codecs dabei der Maximalwert 192 ergeben. Damit bleiben auch die Farben unter der 700mV - Grenze, was die Gewissheit verschafft, dass jede Farbe auf dem Sender genauso aussieht, wie sie produziert wurde. Ein mit einem Farbwert 192 für Gelb erstelltes Signal führt jedoch mit dem Canopus - Codec schon zu einem Überpegel. Auch hier muss also wieder auf den Luminanzraum Rücksicht genommen werden, der Wert für Canopus ist demnach 180 (220/100*75+15). Premiere warnt übrigens bei dem Wert 180 schon vor möglichen Normverletzungen. Erst nach dem Reduzieren auf 169 verschwindet das Warndreieck. Diese Angabe bezieht sich anscheinend auf die direkte Editierung der Cr, Cb - Werte. Da Premiere nur die Eingabe von RGB - Werten zulässt und alle Codecs bei der Umrechnung von RGB in YUV eine Anpassung der Chromawerte vornehmen, kann man diese Warnung übergehen. Aus diesem Grund führt wohl auch der Premiere Filter "Sendefähige Farben" zu keinem richtigen Ergebnis.
Erklärung:
Zur Erinnerung: Das DV - Signal muss zur Effektberechnung decodiert werden, da das Schnittprogramm ein unkomprimiertes RGB - Signal erwartet. Dazu dekomprimiert der Codec das DV 4:2:0 - Format erst in unkomprimiertes 4:2:0 und rechnet es (meist nach einem Zwischenschritt über 4:2:2) in 4:4:4 (also umkomprimiertes RGB) um. Dieses wird an das Schnittprogramm respektive den Effekt weitergereicht und verarbeitet. Das Ergebnis der Berechnung wird an den Codec zurückgegeben, der wieder nach 4:2:0 umrechnet. Diese Daten werden dann nach dem DV - Standard komprimiert und sind als DV - File wieder abspielbar. |
Der Grund für die verschieden Ergebnisse liegt in der verschiedenen Umrechnungsweise von DV zu RGB und zurück. Dabei ist vor allem die unterschiedliche Interpretation der zulässigen Werte wichtig. Das YUV - Signal hat 220 Normwerte, allerdings können noch mehr Werte in Head - und Footroom auftreten. RGB dagegen besteht immer aus vollen 256 Werten. Ob ein Codec nur die Normwerte umrechnet oder alle, hängt vom Hersteller ab. Die meisten Firmen wollen sichergehen, dass ihre Codecs keine Signale produzieren können, die außerhalb des Normbereichs liegen. Um das zu erreichen, werden die 256 Werte, die das Schnittprogramm liefert, in die 220 Werte umgerechnet, die dem Normpegel von DV entsprechen. Damit die errechneten Videopegel mit dem Eingangssignal übereinstimmen, muss natürlich auch der Hinweg von DV zu RGB mit einer gegenläufigen Umrechnung erfolgen. Für diese Sicherheit werden allerdings eine Reihe von Nachteilen in Kauf genommen:
1. Je mehr umgerechnet wird, desto langsamer arbeitet theoretisch der Codec. Die Tatsache, dass Canopus der schnellste Codec ist, dürfte unter anderem auch damit zu tun haben.
2. Bei der Umrechnung von 220 in 256 Stufen und zurück treten zwangsläufig Rundungsfehler auf. Dafür anfällige Signale wie z.B. Verläufe können daher nach einer Berechnung schlechter aussehen. Wie sich das bemerkbar machen kann, ist hier zu sehen. Auch hier hat Canopus schon lange den Ruf, die hochwertigsten Übergänge zu ermöglichen. Ob das wirklich auch zu sehen ist, hängt ganz vom Ausgangsmaterial und vom geschulten Auge des Betrachters ab. In 98% der Fälle fällt es wahrscheinlich nicht auf.
3. Befinden sich Signale außerhalb des Normbereichs auf dem DV - Band, so können sie nicht korrekt berechnet werden. Ein etwas übersteuertes Weiß wird bei einer Berechnung zwangsläufig abgeschnitten. Da die meisten Konsumerkameras bis in den Headroom aussteuern, sind hierbei durchaus Rechenfehler zu sehen.
4. Ist es notwendig, ein Signal außerhalb der Norm zu produzieren, so ist das schlichtweg nicht möglich. Möchte ein Kunde z.B. anstatt auf Blau oder Grün seine Stanzvorlage auf Superschwarz angeliefert haben, gibt es keine andere Möglichkeit, als mit dem Canopus - Codec zu arbeiten.
Dafür ist allerdings sichergestellt, dass auch ungeübte Anwender keine Probleme haben. Denn die Überlegung geht ja noch weiter: Wer z.B. eingescannte Fotos verarbeiten möchte, kann das bedenkenlos nur mit den MS/MC/dazzle - Codecs tun. Genauso können problemlos Testbilder des Computermonitors zum Einstellen des Fernsehers verwendet werden. Auch beim Export für DVD oder das Internet treten mit den meisten Programmen keine Probleme auf.
Apropos Export: auch für die Umrechnung in ein anderes Format wie MPEG oder RealVideo ist es notwendig, die DV - Daten zu decodieren. Zwangsläufig sind dann Decoder und Coder nicht identisch. Gerade hier muss man also bei Canopuskarten darauf achten, dazu kompatible Codecs zu verwenden. Für den Export als MPEG - oder Webvideo liefert Canopus daher schon passende Coder (SoftMPEG & WebVideoWizard) mit. Coder von Fremdfirmen lassen sich in manchen Fällen auch für Canopus umstellen. So führt die Einstellung "Set equation for color space -> CCIR-601 (DV-Standard)" im beliebten TMPEG - Coder ebenfalls zu einem korrekten Ergebnis, allerdings werden Werte außerhalb des Bereichs 16 - 235 nicht mehr berechnet.
Fazit:
Bei der Erzeugung künstlicher Signale wie Titeln und Grafiken sollte immer als erstes geklärt werden, mit welchem Codec diese gerendert werden sollen. Bei MS, MC und dazzle steht der gesamte Bereich von 0 - 255 bzw. von 0 - 192 zur Verfügung, die Warnung von Premiere kann bedenkenlos ignoriert werden. Bei Canopus dagegen sollten Grafiken und Titel nur im Bereich 16 - 235 bzw. 180 erzeugt werden. Ebenso müssen eingescannte Fotos vorher in einer Bildbearbeitungssoftware im Kontrastumfang reduziert werden und beim Export als Web oder MPEG - File muss der Coder Canopus - tauglich sein. Nimmt man diese zusätzlichen Überlegungen beim Schnitt auf sich, erlaubt der Canopus - Codec hochwertigere Ergebnisse als alle anderen Codecs. Davon profitieren vor allem Bilder mit hohen Helligkeitsanteil.
Da diese Eigenschaft nicht änderbar ist, sollte man sich möglichst schon vor dem Kauf seiner Schnittkarte überlegen, welche Arbeitsweise einem persönlich lieber ist. Aber auch nach dem Kauf sollte man sie im Hinterkopf behalten, ansonsten kann es passieren, dass das Ergebnis nicht ganz so aussieht, wie man es eigentlich wollte.
hs