In der Praxis
Windows Vista 64 führt sowohl 32-Bit- als auch 64-Bit-Anwendungen gleichzeitig aus. Für einen Anwender sollte es daher eigentlich gar keine Frage sein, einfach die 64-Bit-Version auf den eigenen Rechner zu installieren. In der Praxis gibt es jedoch immer wieder Probleme mit Treibern, die im 64-Bit-Modus nicht hundertprozentig funktionieren wollen. Gerade bei Videoschnittkarten, die am ehesten von 64-Bit profitieren könnten, sieht die Versorgung mit 64-Bit Treibern leider noch sehr mager aus. Und auch für ältere, lieb gewonnene Hardware, die man nicht neu anschaffen will, gibt es oft keine geeigneten Treiber.
Ein Henne-Ei-Problem
Aufgrund dieser Treiber-Problematik wagen nicht viele Anwender die Installation eines 64-Bit Windows-Betriebssystems. Besonders nicht, solange sie sich davon keinen (Geschwindigkeits-)Vorteil gegenüber einem stabilen 32-Bit System versprechen dürfen. Doch solange nur wenige Anwender 64-Bit Systeme installiert haben, ist es natürlich auch für einen Hersteller nicht interessant eine spezielle 64-Bit Version seiner Software zu erstellen und parallel zu pflegen.
Adobe selbst hat mit der CS4 gerade einmal Photoshop unter Windows 64 Bit fit gemacht. Bei Apple setzt Adobe leider auf viele alte Apple-Bibliotheken, die vorerst nicht 64 Bit tauglich sind. Dadurch ist hier bis zur CS5 auch keine 64 Bit Anpassung zu erwarten. Wie stark sich die übrigen Vorteile eines 64 Bit Betriebssystems auf solch unangepasste 32 Bit Versionen auswirkt ist sehr unterschiedlich. Meistens gewinnen die Programme im besten Fall 10-20 Prozent, wenn Ihnen mehr als 4 GB Speicherplatz zur Verfügung steht. After Effects ist hier ein schönes Beispiel.
Im Open-Source Bereich (besonders unter Linux, das schon länger auch mit 64-Bit läuft) sieht es dagegen ganz anders aus. Hier laufen viele Programme allein dadurch mindestens 30 Prozent schneller, dass diese ohne große Modifikationen neu für 64-Bit übersetzt wurden. In Spezialfällen wurden Programme allein durch die größere Registeranzahl nach Handoptimierung bis zu 400 Prozent schneller!
Da ich selber gerade auch wieder etwas unter die Programmierer gegangen bin, kann ich solche Zahlen übrigens wirklich aus eigener Erfahrung bestätigen. Wer mit SSE-Prozessoroptimierung ans Werk geht, kann durch Nutzung der zusätzlichen 64 Bit Register wirklich nochmal richtig Dampf machen. Nur lohnt sich eine solche (ziemlich aufwändige) Optimierung heute aufgrund der kleinen User-Base aus kommerzieller Sicht noch praktisch nie.
Fazit
Ohne großen Aufwand könnten wohl fast alle Softwarehersteller leicht Performancesprünge von bis zu 30 Prozent erzielen, ohne dass der Anwender neue Hardware anschaffen müsste, wenn sie ihre Programme nur als „echte“ 64 Bit Version ausliefern würden. Gerade in der Videobearbeitung sollten durch geschickte Programm-Optimierung auf 64-Bit auch Geschwindigkeitssteigerungen von bis zu 200 Prozent möglich sein, wenn die Hersteller hierfür nur einen Markt sehen würden. Schade, dass dem momentan (noch) nicht so ist, denn die Hardware vieler aktueller Rechner liegt dadurch momentan zur Hälfte einfach nur brach und könnte viel mehr Performance liefern, als aktuelle 32-Bit-Software gerade ausnutzen kann.