Nachdem die Sony SR11/12 momentan mit der Canon HF10/100 das Testfeld aller HD-Camcorder im 1000 Euro-Segment deutlich anführt, stolziert die SR-10 nochmal spürbar günstiger auf den Platz. Wo wurde da gespart?
Nach dem Auspacken ist man erst mal versucht, die Unterschiede zu den großen Schwestern zu finden. Zuallererst ist da natürlich die kleinere Festplatte: 40GB statt 60 GB (SR11) oder sogar 120 GB (SR12) scheinen ja schon eine gute Erklärung für den niedrigeren Preis zu sein. Außerdem wurde das manuelle Einstellrad weggespart, das einen Objektivring doch einigermaßen glaubhaft simulieren konnte.

Unwichtiges gespart?
Doch genügt dies schon um den (Listen-)Preisunterschied von 300 Euro zu rechtfertigen? Bei einem ersten subjektiven Sichtetest im Freien macht die SR-10 nämlich praktisch genau so gute Bilder. Die Schärfe der Kamera ist zwar nicht Spitzenklasse wie bei der Canon HF10/100 oder den großen Schwestern SR11/12, doch immer noch als sehr gut einzustufen. Nur im direkten Bild-Vergleich fallen die sehr geringen Unterschiede auf. Im Dunkeln fällt die Kamera dagegen merklich gegenüber den Spitzenreitern im Feld ab. Hier merkt man schnell, dass ein deutlich kleinerer Sensor hinter dem Objektiv sitzt. Motive mit wenig Licht gelingen daher den großen AVCHD-Modellen von Sony und Canon deutlich besser. Da hilft auch nicht die verminderte Pixelzahl, die eigentlich dieses Phänomen etwas ausgleichen könnte.
Display geschrumpft
Ebenfalls gespart wurde beim Display. Während Sony seinen Top-Modellen super scharfe 3,2 Zoll-Bildschirme verpasst, die die Konkurrenz im Regen stehen lassen, wurde bei der SR10 nur normal scharfe Hausmannskost mit 2,7-Zoll verbaut. Und wo wir schon vom wegsparen reden: Auch ein Sucher fand keinen Einzug in dieses Modell.
Wer niemals bei schlechtem Licht filmen will (oder wem das automatische Umschalten auf Belichtungszeiten unter 1/25 Sekunde in der Dunkelheit nicht stört), bekommt dagegen eine Menge nette Automatiken mitgeliefert. Die Gesichtserkennung findet Gesichter im Motiv ziemlich zuverlässig und stellt auf diese automatisch scharf. Wer selber Hand (oder besser Finger) anlegen möchte kann auf dem Touchscreen Schärfe und Belichtung per direkter Berührung des Motivs regeln. So kann man beispielsweise schnell eine Überbelichtung in den Griff bekommen. Ein Zebra-Modus hilft dabei auch Anfängern überstrahlte Flächen zu vermeiden. Ein Histogramm ist dagegen nicht vorhanden.

Keine manuelle Belichtungszeit
Doch damit erschöpfen sich fast schon die manuellen Einstellmöglichkeiten. Wie leider üblich lässt Sony den Anwender komplett im Dunkeln, was Blende, Belichtungszeit oder Gain angeht. Das ist besonders ärgerlich, da sich diese Parameter bei der Wiedergabe im Display anzeigen lassen. Warum denn dann bitte nicht bei der Aufnahme?
Dass Sony (wie in der ganzen Serie) sowieso keine manuelle Einstellung der Belichtungszeit zulässt ist ärgerlich und disqualifiziert diese Kameras eigentlich für alle szenischen Filmer. Immerhin gibt es ein paar Szenen-Presets, die die Belichtungszeit konstant lassen, jedoch kann man hiermit nicht wirklich professionell arbeiten, solange man die konkreten Werte beim Filmen nicht zu Gesicht bekommt.
So gelang es uns auch nach vielfältigem herumprobieren und kontrollieren der Aufnahmen nicht beispielsweise eine Szene mit wechselnden Lichtverhältnisssen konstant mit 1/25 Sekunde zu belichten. Der Color-Slow-Shutter erlaubt dies zwar prinzipiell, springt aber dank Automatik immer wieder zwischen den Belichtungszeiten wild umher und stellt sich auch schon mal gerne auf 1/12s oder weniger. Für Canon-Kameras in diesem Preisbereich stellt so eine Aufgabe dagegen gar kein Problem dar. Wenn Sony mal ein Einsehen hätte, gäbe es kaum ein gewichtiges Argument für Canons aktuelle Vergleichsmodelle mehr. Zumal eine solche Shutter-Option sicherlich mit einem Firmware-Update freischaltbar wäre. Oder wenn es denn pfriemelig sein muss, würde ja vielleicht auch schon eine Taste reichen, die dafür sorgt, dass die Automatik mal bei 1/25 Sekunde stillhält.
Zahlenspiele
Auf der SR-10 selbst verspricht ein Aufkleber bis zu 15 Stunden Aufnahmezeit mit der eingebauten 40GB-Festplatte. Dies wird allerdings nur in der extremen HD LP-Betriebsart bei einer Datenrate von 5 Mbit erreicht. In diesem Modus werden Artefakte schnell sichtbar, besonders auf Full HD-Displays. Dennoch muss man sich einmal vor Augen halten, dass hier pro Stunde HD-Aufzeichnung „nur“ 2,7 GB verbraucht werden. Ungefähr ein Fünftel des Speicherplatz-Verbrauchs von DV oder HDV. Unter diesem Aspekt wird einem erst mal klar, wie stark AVCHD HD-Videos eindampfen kann. Und dafür ist die gebotene Qualität dann schon wieder erstaunlich. Im bereits deutlich besseren HD HQ-Modus mit 9 Mbits bekommt man noch rund 10 Stunden auf die eingebaute Festplatte, wobei nur der HD FH-Modus (bei 16 Mbit) FullHD mit 1920 Pixeln (statt 1440 Pixel) aufzeichnet. Hiermit sind dann nicht mal mehr ganze 5 Stunden Aufzeichnung möglich. Diese allerdings wirklich in ausgezeichneter Qualität, die man in HDV bei 25 Mbit auch nicht besser hin bekommt.
Angedockt
Die mitgelieferte Docking-Station bietet AV-Out, USB sowie einen Anschluss für das Netzteil. Die selben Anschlüsse findet man auch an der Kamera selbst. Schade, dass gerade HDMI nicht an der externen Box herausgeführt wird. So findet die Docking-Station keinen digitalen Anschluss an HD-Fernseher. Immerhin lässt sich über den proprietären AV-Out die Kamera über ein mitgeliefertes Komponenten-Kabel analog anschließen. Alternativ wird so auch ein Anschluss über FBAS und Stereo-Audio via Chinch an SD-Fernseher möglich. S-Video (Hoside) muss man dagegen als optionales Kabel dazukaufen.
Aus dem Messlabor
Die HDR-SR10 liefert eine sehr gute Auflösungs-Leistung, die bei guter Beleuchtung ganz vorne mitspielt. Wie auch bei anderen Modellen dieser aktuellen AVCHD-Serie benötigt die Kamera keine übertriebene Nachschärfung, sondern liefert fast ausschließlich natürliche Schärfe.

Auch in der Farbauflösung sehen die Messwerte der Kamera sehr gut aus. Gegenüber der SR-12 gibt es nur einen subtilen Einbruch.

Bei 1200 Lux ist die Farbwiedergabe sehr neutral und steht den größeren Modellen SR-11/SR-12 praktisch in nichts nach.

Bei wenig Licht fällt sorgt dagegen die geringe Sensorgröße für wenig Farben, wenig Schärfe und viele Artefakte. Die akzeptable Helligkeit zeigt deutliche Chroma-Fahnen.

Fazit
Gegenüber der nächst günstigeren SR11 von Sony bietet die SR10 eine kleinere Festplatte, keinen Kontrollring, ein unschärferes Display, keinen Sucher und einen kleineren Bildwandler mit entsprechend schlechterem Low-Light-Verhalten. Da dürften viele Anwender doch lieber 300 Euro Aufpreis zahlen, als hier zuzuschlagen. Szenische Filmer werden sowieso eine manuelle Belichtungszeit-Einstellung wünschen, die man momentan nur bei der Konkurrenz findet. Urlaubsfilmer, die dagegen niemals etwas an der Kamera einstellen wollen und nicht im Dunkeln filmen bekommen hier eine Menge Bildqualität für vergleichsweise wenig Geld.
Hier die technischen Daten und Testbilder der Sony HDR-SR10E in unserer Camcorder Datenbank
Zum Vergleich der Sony HDR SR10E, SR11E und SR12E