Test Sony FDR-AX700 - HDR in 8 Bit mit 30fps?

Sony FDR-AX700 - HDR in 8 Bit mit 30fps?

Sonys Einzoll-Sensoren finden sich mittlerweile in vielen 4K-fähigen Kompaktkameras und dürfen nun auch einmal wieder in einem waschechten Camcorder ihr Können zeigen...

Wir fragen uns immer wieder, wie Sony eigentlich neue Geräte aus dem Bereich Foto/Video konzipiert. Schließlich bietet die hauseigenen Komponenten fast unzählige Kombinationsmöglichkeiten um ein Gadget mit Video und Foto-Funktionen zu kreieren. Gerade bei den 4K-fähigen Fotoapparaten mit fester Optik hat Sony in den letzten Jahren Einzoll-Sensoren große Erfolge gefeiert. Vor allem mit der ultrakompakten RX100 sowie mit der zoomstarken RX10 in diversen Versionen. Die Videofunktionen der Foto-Modelle gingen dabei so weit, dass eigentlich kaum noch jemand an ein Update des letzten 4K-Camcorders FDR-AX100 geglaubt hat, der immerhin schon vor fast vier Jahren erschienen ist.





FDR-AX100-Nachfolger

Das interessante ist dabei nun auch, dass Sony an der Hardware gegenüber dem AX100 äußerlich kaum etwas verändert hat. So bleibt neben Form und Haptik auch die 12fach Zoom-Optik mit 9,3-111,6mm bei einer Blende von F2.8 (bis F4) gleich. Damit liegt die AX700 genau in der Mitte zwischen den Versionen des größten Foto-Konkurrenten aus dem gleichen Hause: Die RX10 Mk1 und Mk2 bieten 8,8-73,3mm, die Mk3 und Mk4 8,8-220mm.



Die Sony FDR-AX700 ähnelt nicht nur äußerlich stark der AX100
Die Sony FDR-AX700 ähnelt nicht nur äußerlich stark der AX100


Viele Kritikpunkte von unserem Sony FDR-AX100 Test vom April 2014 hat Sony tatsählich ausgebügelt. So bemängelten wir unter anderem die geringe maximale Datenrate von 60 Mbit/s, die nun bei 100 MBit/s (mit maximal 8 Bit 4:2:0) liegt. (Allerdings wurden ebenso bei der AX100 die 100 Mbit/s noch per Firmware-Update nachgereicht).



Auch über die damals fehlenden Einstellungen der Bildcharakteristik kann man nun nicht mehr klagen. In 10 frei definierbaren Picture Profiles lässt sich die Kamera nun mit derart vielen Parametern feinjustieren, dass man alleine hierüber ein Buch schreiben könnte. Hier fährt Sony wirklich alles auf, was der Firmware-Baukasten aktuell zu bieten hat. Neben typischen Bildprofilen für Standardsituationen gibt es CINE1-4, ITU709 (+800%), S-Log2+3 sowie 4(!!) HLG-Profile. Alles selbstredend auch noch mit zugehörigen Gamuts.




Echtes HDR?

Dass Sony hier in einem Amateur-Modell so freizügig mit Profi-Formaten um sich wirft hat einen triftigen Grund: Die Kamera beherrscht weiterhin nur 8 Bit-Formate und unterstützt die 4K-UHD-Aufzeichnung nur mit 24-30 Bildern pro Sekunde. Im Industrie-Konsens wird HDR allerdings durch die Bank mit 10 Bit bei 4K-Auflösungen mit 50-60fps “beschrieben”. Doch Sony bezeichnet auf der eigenen Webseite die AX700 dennoch als eine HDR-Kamera, was bei diesen technischen Daten zumindest etwas geflunkert erscheint.







Vier HLG-Profile

Auch die vier mitgelieferten HLG-Profile werfen noch ein paar Fragen auf. Sollte HLG nicht gerade ein Standard sein, der dem Anwender eben die Auswahl der richtigen Dynamikkurve abnimmt? Sony hat hierzu folgende Erklärungen parat:



HLG: Gamma-Kurve für die HDR-Aufzeichnung, die der ITU-R BT.2100 entspricht.



HLG1: Gammakurve für HDR-Aufnahmen. In dieser Einstellung hat die Reduzierung des Rauschpegels Vorrang, aber der Dynamikumfang für die Aufnahme ist geringer als der von[HLG2] oder[HLG3].



HLG2: Gammakurve für HDR-Aufnahmen. Diese Einstellung berücksichtigt die Balance zwischen Dynamikumfang und Rauschen.



HLG3: Gammakurve für HDR-Aufnahmen. Der Dynamikbereich ist größer als der von[HLG2], aber der Rauschpegel ist höher.



[HLG1],[HLG2] und[HLG3] sind eine Gammakurve mit gleichen Eigenschaften, deren Balance zwischen Dynamikumfang und Rauschen unterschiedlich ist. Der maximale Wert des Videoausgangspegels der einzelnen Geräte unterscheidet sich wie folgt:


[HLG1]: ca. 87%,[HLG2]: ca. 95%,[HLG3]: ca. 100%.





Display, Sucher und manuelle Hilfen

Der OLED-Sucher ist mit 2,35 Millionen Bildpunkten noch schärfer als das 3,5-Zoll-LCD-Touchdisplay mit 1,55 Millionen Bildpunkten.



Sony FDR-AX700 - HDR in 8 Bit mit 30fps? : FX700 halb hinten


Jedoch nutzt die hohe Schärfe beim manuellen Fokussieren wenig. Denn die Fokusvergrößerung (egal ob 4x oder 8x) bringt nicht mehr Details zum Scharfstellen ans Tageslicht, sondern arbeitet mit einer Pixelwiederholung. So etwas haben wir bislang noch nie gesehen und der Sinn dieser vergrößerten Ansicht bleibt uns schleierhaft. Sie funktioniert damit noch schlechter, als bei den Sony Alpha-Kameras und definitiv nicht geeignet um feine 4K Details scharf darzustellen. Hierbei hilft schon mehr das Peaking, welches jedoch auch eher nur die groben Kanten erfasst.



Zur Belichtungshilfe gibt es ein Histogramm sowie eine Zebra-Funktionen mit variablem Clipping Punkt.



Übrigens ist die Bedienung per Touchscreen nicht durchgängig. Sobald man die von den professionellen Broadcast-Modellen entlehnte Menüführung öffnet, lassen sich die einzelnen Punkte nur noch mit dem Joystick neben dem Aufnahme-Auslöse-Button anwählen. Das Menü ist dabei teiltransparent, wodurch man die Veränderung von Einstellungen live im Display sehen kann (oder zumindest an den Rändern um das Menü).





Bedienung und Ausstattung

Zur Vorschau (und wohl auch zur sinnvollen 4K-Schärfekontrolle) steht eine volle 4K-Bildausgabe via HDMI zur Verfügung. Allerdings bleibt bei externer HDMI-Ausgabe in 4K das Display während der Aufnahme dunkel. Besonders positiv ist uns der große HDMI Stecker (Typ A) aufgefallen, der deutlich weniger anfällig auf versehentliche Kabel-Belastungen reagiert, als seine miniaturisieren Geschwister.



Sony FDR-AX700 - HDR in 8 Bit mit 30fps? : AX700 back


Die Bedienung der Kamera selbst ist Geschmackssache. So fehlte uns persönlich die leer gelassene vordere Taste unter dem Objektiv-Drehrad, die typischerweise für einen automatischen Weißabgleich fungiert. Auch die seitlich angebrachten Buttons für Blende/ISO/Gain und Shutter sind nur schwer blind zu treffen, weil sich deren Position nicht zuverlässig fühlen lässt. Auf der Habenseite steht klar der 3stufige integrierte ND-Filter und die nach wie vor gewohnte Handhabung eines klassischen Camcorders in der Handschlaufe. Wer sich etwas in die Bedienung der AX700 einarbeitet ist hier extrem schnell startklar, was gerade im dokumentarischen Bereich für viele Anwender ein wichtiger Punkt ist.



Apropos “startklar”: Die AX700 besitzt keinen echten Ein/Aus-Schalter mehr, sondern nur noch einen Touch-Button unter dem Display. Klappt man dieses ein oder bedient die Kamera längere Zeit nicht, so schaltet sie sich nach kurzer Zeit auch automatisch ab. In diesem Zustand verharrte sie bei uns auch über Tage, ohne spürbar an Akkuladung zu verlieren. So kann man auch nach Tagen nach dem “Aufklappen” sofort losfilmen.







Aus dem Messlabor - Schärfe, Auflösung und Rolling Shutter

Zuerst einmal die sehr guten Nachrichten: Die AX700 nutzt ein Downscaling des 20 Megapixel Sensors, womit sie ein sehr gutes 4K-UHD-Bild an den Tag legt. Viele feine Details ohne sichtbare Falschmuster ergeben eine nahezu tadellose Reproduktion unseres Testbildes. Die erkennbare Nachschärfung im HLG-Profil unserer Testaufnahme lässt sich in den Detaileinstellungen nach eigenem Geschmack auch noch weiter wegregeln:



Die Sony FDR-AX700 im slashCAM 4K-Schärfe-Test
Die Sony FDR-AX700 im slashCAM 4K-Schärfe-Test


Interessant ist dabei auch noch der 120 fps Modus der Kamera in FullHD. Hierfür messen wir in einem veränderten Bildausschnitt, um auf die gleiche Testbild- Ausgabegröße wie in 4K zu kommen:



Die Sony FDR-AX700 mit 120 fps in FullHD
Die Sony FDR-AX700 mit 120 fps in FullHD


Wie man sehen kann, wird bei 120 fps nicht die volle FullHD-Auflösung ausgenutzt. Feine Details gehen teilweise unter, jedoch gibt es “nur” Unschärfen aber keine schlimmen Falschmuster zu sehen. Somit ist diese Slow-Motion für FullHD-Einsatzzecke durchaus gut zu gebrauchen.



Der Rolling Shutter rangiert geschätzt im Bereich um die 20 ms. Dies ist zwar kein Spitzenwert, jedoch für 4K-Kameras ebenfalls sehr brauchbar, zumal auch noch eine Kombination aus Sensorpixelüberschuss und optischer Linsenkorrektur für eine gute Bildstabilisierung sorgen kann.





1200 Lux

Bei viel Licht zeigt sich die FDR-AX700 ebenfalls von ihrer guten Seite, wobei das Standardprofil für szenische Filmer in der Regel zu “bunt” empfunden wird:



Die Sony FDR-AX700 bei 1200 LUX im Standard-Profil
Die Sony FDR-AX700 bei 1200 LUX im Standard-Profil


In S-Log2 und S-Log3 verteilen sich die Bildinhalte mehr in den Mitten des Codecs, was ein flaches Bild und damit mehr Nachbearbeitungsoptionen in der Post-Produktion verspricht.



Die Sony FDR-AX700 bei 1200 LUX in S-Log2
Die Sony FDR-AX700 bei 1200 LUX in S-Log2


Die Sony FDR-AX700 bei 1200 LUX in S-Log3
Die Sony FDR-AX700 bei 1200 LUX in S-Log3




HLG reiht sich danach in der Mitte zwischen den gezeigten Profilen ein. Deutlich mehr gesättigt als die Log-Profile soll es schließlich ja auch out-of-the-box auf REC709-Monitoren gut aussehen, weshalb der untere Teil der Gamma-Kurve fast vollständig dem REC709-Verlauf entspricht. Allerdings bleiben in den hellen Bildteilen tatsächlich etwas mehr Details erhalten, als im Standard-Profil:



Die Sony FDR-AX700 bei 1200 LUX in HLG
Die Sony FDR-AX700 bei 1200 LUX in HLG




12 LUX

Bei wenig Licht (12 LUX) vermissten wir stark die 1.8-Optik der kleinen RX100. Denn gerade im Vergleich sieht man, welchen enormen Unterschied ungefähr zwei Blendenstufen in der Lichtstärke ausmachen können. Da wir aus Auschnittsgründen für unsere Aufnahme einen gewissen Mindestabstand zum Motiv einhalten mussten, konnten wir mit der nicht durchgehenden Blende nicht unter F3.4 kommen. Das Ergebnis bei ISO6400 und 1/24s war dabei jetzt nicht unbedingt schlecht, jedoch gegenüber einer RX100 mit Blende 1.8 deutlich unterlegen:



Die Sony FDR-AX700 bei 12 Lux mit ISO6400, 1/24s und F3,4 im Standardprofil
Die Sony FDR-AX700 bei 12 Lux mit ISO6400, 1/24s und F3,4 im Standardprofil



Fazit

Seinerzeit haben wir die FDR-AX100 mit den Möglichkeiten der Panasonic GH4 verglichen. In diesem Jahr muss sich eine FDR-AX700 schon den Vergleich mit einer GH5 gefallen lassen, die aktuell ähnlich viel kostet (ca. 1800 Euro + Objektiv/Dezember 2017). Bis auf die Zoomwippe und den integrierten ND-Filter sehen wir wenig Vorteile bei dem Gehäuse und dem Handling der AX700. Die GH5 bietet in ähnlichen Preisgefielden bessere und flexiblere Objektiv-Optionen, einen größeren Sensor, echte interne 10 Bit 4K Aufzeichnung (auch mit HLG-Gammafunktion) oder bei 8 Bit sogar interne 4K/60p. Und das alles in einem ungefähr gleich großen Gehäuse. Auch in der Bildqualität liegt eine GH5 klar vor der AX700. Dazu gibt es Probleme wie die schlechte Sucher/Displayvergrößerung bei Panasonic erst gar nicht. So gesehen ist die AX700 zwar definitiv eine verbesserte AX100 geworden. Wer es jedoch gerade auf die beworbenen HDR-Funktionen abgesehen hat, bekommt woanders für das verlangte Geld aktuell mehr geboten.



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