Test Schnitt ohne Schnörkel – Canopus/Grass Valley Edius 4.5

Schnitt ohne Schnörkel – Canopus/Grass Valley Edius 4.5

In Zeiten von Final Cut Studio- und Creative Suite-Paketen muss ein „nacktes“ Schnittprogramm schon einiges Leisten, um überhaupt noch wahrgenommen zu werden. Edius von Canopus/GrassValley erlebt gerade seine zum 4,5ste Reinkarnation.

// 19:09 Mo, 24. Sep 2007von

Wer den Videoschnittmarkt als Ganzes betrachtet, kann eine klare Inselbildung erkennen: So gibt es einmal die semiprofessionellen Schnittlösungen unter 100 Euro (z.B. Premiere Elements oder Magix Video-Deluxe), die in ihrer Funktionsvielfalt bis auf wenige Funktionen schon an die Profiliga aufschließen. Und auf der anderen Seite gibt es im Preisbereich um die 1500 Euro professionelle Studio-Komplettpakete (wie Final Cut Studiooder die englische Adobe Creative Suite), die neben Schnitt auch noch zahlreiche Zusatzapplikationen wie Audio, Compositing, Authoring etc. mitbringen. Ein „nacktes“ Schnittprogramm wie Edius, das preislich in der Mitte angesiedelt ist, muss da schon mit gewissen Extras aufwarten, um zwischen dieses Inseln seine Daseinsberechtigung zu manifestieren. Seit unserem letztem Test gab es zwar nur einen halben Versionssprung, jedoch hat sich wieder einiges getan...





Oberfläche

Ein weiteres mal wurde Edius an seiner Oberfläche poliert: Neben dem komplett neu gestalteten User-Interface mit schattierten Icons können Cutter die Oberfläche weitgehend an ihre Bedürfnisse anpassen. Der Clue ist, dass sich alle Änderungen anschließend auch in einem eigenen Profil speichern und zu anderen Edius-Schnittplätzen mitnehmen lassen. Dies ist besonders praktisch, wenn mehrere Cutter abwechselnd an dem selben Schnittplatz arbeiten.



Die Oberfläche besitzt nun schattierte Buttons und ist in weiten Teilen anpassbar.
Die Oberfläche besitzt nun schattierte Buttons und ist in weiten Teilen anpassbar.


Über den neuen Filter Kanal-Auswahl haben wir zuerst sehr gefreut, soll man damit doch den Alpha-Kanal eines Videos separat darstellen können. Wir dachten, dass sich auf diese Weise endlich auch der Alpha-Kanal eines gekeyten Clips herausspielen lässt. Schließlich ist der Canopus Keyer ja für schnelle und dabei saubere Ergebnisse bekannt. Doch leider gelang uns dies selbst mit Nesting nicht. Somit bleibt der Canopus Keyer weiterhin nur in der Edius-Timeline einsetzbar und hat auch nach wie vor das Problem, dass sich das freigestellte Objekt nicht nachträglich farbkorrigieren lässt. Schade. Übrigens wird auch beim Nesting der gekeyte Alpha-Kanal nicht mitgenommen.





Formate

AVCHD kann nun auch ohne Transcodierung importiert und editiert werden. Das funktionierte sowohl mit Sonys als auch mit Panasonics Daten reibungslos. Allerdings war Edius selbst auf unserem neuen Intel Quad-Core Qx6700 mit 3GB Ram nicht in der Lage auch nur einen AVCHD-Clip mit voller Bildrate wiederzugeben. Entweder haben hier die Canopus-Optimierer noch nicht voll zugelangt oder die Konkurrenz hat bessere Tricks zur Decodierung gefunden. Wer AVCHD unter Edius bearbeiten will, wird daher eher über den HQ-Codec transcodieren. Mit diesem Codec wird Edius zum Echtzeit-Monster, egal ob AVCHD oder HDV. Allerdings muss man hierfür etwas mehr Festplattenplatz einrechnen, was heutzutage jedoch kein großes Problem mehr darstellen sollte.


HDV ließ sich dagegen auf unserem System auch schon ohne Transcodierung traumhaft bearbeiten.


Zwei komplex farbkorrigierte HDV-Videströme mit einer Überblendung und einem Titel darüber ließen sich auf unserem Testrechner bei voller Bildrate ohne Pufferleerlauf abspielen. Das ist unsere aktuelle Maximalanforderung an ein Schnittsystem. Die Prozessorauslastung war dabei noch nicht einmal auf 50 Prozent, was dafür spricht, dass sich diese Leistung sogar mit einem normalen Dual-Core Rechner erzielen lässt.


Auf einem Edius System lässt sich auch noch deutlich mehr herausholen, jedoch gibt es hierfür kaum sinnvolle Anwendungsfälle, da das Programm hierfür mehr Keyframes unterstützen müsste. Dann wären auch kleinere Compositings in Echtzeit drin. Wer allerdings PiP-Effekte mit mehreren HD-Spuren cool findet, kann dies auch heute schon in Edius dank HQ-Codec in Echtzeit erleben.



An neuen HDV-Subformaten werden jetzt auch Sony 1080/24p, 1080/25p,1080/30p sowie JVC 720/60p und 720/50p unterstützt. Weiters können nun auch DivX-Files (über entsprechende DirectShow-Filter) und DPX-Files eingelesen werden. Sogar Sonys HVR-DR60 Diskrecorder wird direkt unterstützt.


Doch neben neuen Formaten hat sich auch sonst einiges getan: Beispielsweise bei der Vorschau: So kann der eingebettete Timecode nun auch nur am PC-Monitor und nicht gleichzeitig am Vorschaumonitor angezeigt werden. Im Trim-Modus werden jetzt sogar Source-und Timeline-Timecode gleichzeitig angezeigt. Und das PC-Monitor-Overlay erfolgt nun entweder per DirectDraw oder oder per Direct3D9, wobei bei letzterem die GPU unterstützend eingreift. Zahlreiche Einstellmöglichkeiten wie bei Vegas fehlen zwar, jedoch funktionierte das Overlay zuverlässig mit unserer Nvidia 7600GT.







Und wieder raus

Und auch bei der Ausgabe gibt es neues: Neben AAF-Im- und Export gibt es nun auch Batch-Export von Clips mit speicherbaren Profilen. Dies macht in vielen Fällen den Griff zum Procoder überflüssig. Beim neuen Segment Encoding werden beim HDV-Export nur die Teile neu berechnet, die sich tatsächlich auch verändert haben.


Eines der coolsten Features ist die Unterstützung des BEHRINGER BCF 2000-Pultes. Hierbei handelt es sich um einen externen Controller, der mit 8 Motorfadern und 16+4 frei belegbaren Knöpfen ausgestattet ist und dabei ziemlich preisgünstig (ca. 200 Euro) angeboten wird. Hiermit sollen sich Audiomixes in Edius so bequem wie im Tonstudio erstellen lassen. Leider hatten wir den Controller für den Test nicht zur Verfügung, weshalb wir hier keine Erfahrungswerte weitergeben können.



Mit dem BEHRINGER BCF 2000 lässt sich günstig ein Audio-Mix mit Motorfadern bewerkstelligen.
Mit dem BEHRINGER BCF 2000 lässt sich günstig ein Audio-Mix mit Motorfadern bewerkstelligen.




Einschätzung

Unserer Meinung nach sollte ein Schnitt-Programm in erster Linie das Zusammenstellen von einzelnen Clips mit einem professionellen Workflow unterstützen. Dazu gehört ein durchdachtes Trimming-Tool genauso wie adäquate Vorschau-Möglichkeiten mit möglichst ruckelfreier Performance. An Video-Effekten erwarten wir eigentlich nur einen sauberen Titeler und eine potente Farbkorrektur um die einzelnen Clips aneinander anzupassen, sowie eine saubere Slow-Motion. Denn Hand aufs Herz: Alle anderen Effekte und Funktionen bekommt man meistens mit einem Compositing-Programm besser hin. Und in den eben genannten Kernbereichen kann Edius viele Pluspunkte sammeln. So schafft es das Programm einen HDV-Videostrom mit echter 3 Rad-Farbkorrektur und einer Überblendung oder einem Titel ruckelfrei auf einem halbwegs aktuellen Rechner wiederzugeben. Avid Liquid schafft dies „nur“ mit einfacher Farb-Korrektur. Premiere Pro oder Vegas sind mit einer solchen Aufgabe bereits deutlich überfordert. Hier kommt selbst bei unserem Quad-Core-Rechner zu ausgelassenen Frames, wenn man mit voller Qualität arbeitet.



Alle Edius-Konkurrenten bieten dafür eine Fülle an mehr oder weniger sinnvollen Zusatzfunktionen, die den Einsatz eines Audio-Editors oder eines Compositing-Programms bei einfachen Projekten überflüssig machen können. Sie haben einfach mehr „unter der Haube“. Und für normalen DV-Schnitt reicht die Performance fast jedes Konkurrenz-Programms mittlerweile völlig aus.





Fazit

Wer heute HDV-Schnitt (und zwar wirklich nur Schnitt/Assembling) machen will, bekommt für 400 – 500 Euro Ladenpreis nirgendwo ein angenehmeres Schnitterlebnis. Außerdem bringt Edius eine Fülle professioneller Codecs mit. Sucht man dagegen die Möglichkeit auch Formate jenseits der 8 Bit-Grenze zu bearbeiten, muss man heute noch tief in die Tasche greifen. Hier kommen dann Avid-Produkte oder z.B. Premiere mit gesonderter Hardware-Lösung ins Spiel. Überraschen könnte hier allerdings die neue Version 8 von Sonys Vegas. Dieses Programm besitzt in einer ähnlichen Preisklasse neuerdings einen 32 Bit Float-Farbraum und deutlich mehr Funktionen. Allerdings ohne die optimierte Performance und mit einem (für manche) etwas gewöhnungsbedürtigen Workflow. Die größte Konkurrenz für Freunde des effektiven Schnitts ohne Schnörkel dürfte jedoch von Canopus/Grass Valley selbst stammen. Das neue Edius Neo bietet für knapp 200 Euro die gleiche Schnittengine, nur ohne die absoluten Profi-Funktionen. Allerdings muss man hier u.a. auf Time-Remapping, den Multicam-Schnitt, die Xplode-Effekte, oder einen Audio-Mischer verzichten. Die Auswahl macht Canopus dem Anwender jedoch besonders leicht. Denn es gibt auf der Webseite des Herstellers ja kostenlose 30 Tage-Demos zum ausprobieren.


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