Nachdem wir ja in den ersten zwei Teilen regelrecht für die Black Magic Cinema Camera ins Schwärmen geraten sind, erlauben wir uns jetzt auch einmal die dunklen Seiten der Kamera zu beleuchten (und zu kommentieren). Denn trotz aller revolutionären Ansätze gibt es auch noch eine Menge zu verbessern...
Black Dots
Als erstes wollen wir an dieser Stelle auf das Black Dot-Problem hinweisen, mit dem auch Canon vor einiger Zeit seine liebe Not hatte. An sehr hellen Bildstellen scheinen die Pixel zu kippen und statt weiß werden die betroffenen Pixel komplett schwarz dargestellt. Dies lässt sich unter anderem zuverlässig reproduzieren, wenn man die Sonne direkt im Motiv hat. Wie beispielsweise hier zu sehen:
Die finale Auslieferungsversion von Andrew Reid hatte diesen Bug jedenfalls noch. Und obwohl das Problem schon seit längerem bekannt ist hat Blackmagic es noch nicht gefixt. Wir haben es allerdings bisher aus Zeitgründen noch nicht näher untersucht, aber bei uns war es mit einem Step-Down in der Blende entsprechend schnell in den Griff zu bekommen. Dazu fällt es auch beim Dreh im Display sofort ins Auge, dass man es eigentlich kaum übersehen und entsprechend reagieren kann. Also nicht sehr tragisch, aber unschön.
Rolling Shutter
Der Rolling Shutter wird offensichtlich überhaupt nicht kompensiert. Bei schnellen Schwenks biegt sich das Bild, wie man es auch typischerweise von anderen DSLRs und älteren Videokameras kennt. Moderne Consumer-Camcorder oder sowie die meisten Profimodelle wie auch Sonys FS100 besitzen dagegen mittlerweile eine relativ gut funktionierenden Rolling Shutter Kompensation, die scheinbar nicht trivial zu implementieren ist. Wir planen hierzu noch einen detaillierten Vergleich, wenn wir die Kamera noch einmal länger in die Hand bekommen.
Fairerweise kann aber schon jetzt gesagt werden, dass das subjektive Rolling Shutter Verhalten der Blackmagic auch nicht übermäßig schlecht ist. Zumal man sich mit einer echten Kinokamera bei 24 Frames pro Sekunde auch keine schnellen Schwenks erlauben kann, ohne mit extrem bösen Rucklern bestraft zu werden. Für cinematisches Arbeiten vom Stativ also kein Beinbruch, aber bei Handkamera-Aufnahmen ist definitiv Vorsicht geboten.
Sensorgröße und Crop-Faktor
Auch wenn das Low-Light Verhalten deutlich besser als erwartet ausfiel und die Sensorgröße sich teilweise auch als Vorteil erweist, da es selbst bei minderwertigen Objektiven kaum Randabschattungen und chromatische Aberrationen gibt, bleibt das Sensorformat dennoch ein Problem. Schon 40mm-Objektive sind so zoomig, dass man sie nur noch in Spezialfällen benutzen kann. Ein normales 50mm Objektiv bildet im Vergleich zu einer Canon 5D wie ein 120mm-Tele ab. Und das ist als Problem doch grundsätzlich gravierender, als es vielleicht erst einmal klingen mag.
Denn aufgrund der EF-Mount, die ja nur für größere Sensorflächen entwickelt wurde, fällt da die Auswahl geeigneter Objektive für weitwinkelige Aufnahmen schwer. Erfahrung konnten wir bisher mit dem Tokina 11-16mm/F2,8 sammeln, das uns an der Blackmagic auch sehr gut gefiel.
Da die Sensorgröße noch unter Canons APS-C liegt und das Motiv folglich nicht den gesamten Bildkreis der üblichen EF-Objektive nutzt, spielt auch die Randverzeichung günstiger Objektive meistens keine große Rolle.
Soll das Objektiv allerdings auch noch lichtstark sein (was man ja gerade im Zusammenhang mit Tiefenschärfe grundsätzlich gerne sieht), wird die Auswahl sehr dünn: Hier einmal einige aktuelle Objektive bis Blende 2.0, die unter 28 mm Brennweite liegen (was an Vollformat ja schon fast 65mm entsprechen würde).
Wirklich begehrenswert aufgrund der Daten erscheint uns dabei wohl einzig das Sigma 20mm/F1.8, das jedoch trotz 600 Euro nur recht durchwachsene Kritiken bekommt und dazu einen Fokusring mit sehr kleinem Drehweg besitzt.
Eventuell könnte noch das neue Canon EF-M 22mm f2 STM ganz interessant werden, das mit unter 250 Euro als Prime auch recht günstig ausfallen würde, und immerhin noch einem 50mm Vollformat entspräche. Allerdings steht hier eine Bestätigung aus, ob es mit seinen neuen EF-M-Funktionen überhaupt an der Blackmagic Cinema Camera funktionieren wird.
Spannender sieht es dagegen mit der angekündigten MicroFourThirds-Ausführung der Kamera aus, für die deutlich interessantere lichtstarke Objektive mit kleinen Brennweiten zur Verfügung stehen. Allerdings trügt auch hier der erste Schein ein wenig: Da der Micro Four Thirds Anschluss an der Blackmagic Cinema Camera passiv ausgelegt ist, fallen alle Linsen aus, deren Blende sich nur elektronisch einstellen lässt. Und das ist u.a das beliebte (weil ziemlich günstige) Panasonic Pancake Lumix G 20mm 1.7 ASPH.
Bei entsprechender Investitionsbereitschaft stehen jedoch mit den SLR Magic Hyper Prime, Olympus M.Zuiko und den Voigtländer Nokton echte vollanaloge Geheimwaffen parat, die teilweise extrem lichtstark und dabei auch ausreichend weitwinkelig sind. Gerade die Voigtländer sind sogar an Lichtstärke vielen meist vielfach teureren Cinema-Primes deutlich überlegen, was schon bisher GH-2-Filmer besonders zu schätzen wussten. In Kombination mit der Black-Magic dürfte das 17,5mm wohl dann die Killerkombination überhaupt darstellen, die sogar manchen RED- oder Arri-Filmer einen neidischen Blick abringen könnte. Billig sind diese Objektive allerdings nicht und mit einer entsprechenden Investition legt man sich natürlich auch für die Zukunft auf MFT-Glas ziemlich fest.
Zusammenfassend wollen wir sagen, dass man mit der aktuellen EF-Mount Version praktisch gar keine Objektive mit einer ausgefalleneren Lichtstärke bei normalen Brennweiten bekommt. Das Tokina stellt dabei wohl den momentan besten Kompromiss dar. Wer jedoch nicht auf extreme Nachtaufnahmen oder entsprechend starkes Bokeh aus ist findet sicherlich auch hier seine Linsen.
Wer sich dagegen eine MFT-BMCC mit ein paar entsprechenden lichtstarken Festbrennweiten zulegt, muss schon ein paar tausend Euro mehr für entsprechendes Glas einplanen. Bekommt dafür aber auch eine ziemlich faszinierende Möglichkeiten, für die man an einer Arri oder RED mit echtem PL-Glas noch deutlich mehr zahlen würde.
Der integrierte Akku
Mit dieser Idee hat sich Blackmagic tatsächlich komplett ins Bein geschossen. Denn der interne Akku hält wirklich unbrauchbar kurz und ist durch seine Un-Austauschbarkeit auch eine absolut unnötige Umweltsünde. Es ist jedenfalls abzusehen, dass in fünf Jahren viele dieser Cinema Cameras mit defektem Akku herumliegen werden, der auch aus service-kostengründen unrepariert bleibt, obwohl die Kamera selbst noch in Betrieb ist.
Ursprünglich haben wir die Meinung vertreten, dass man es einfach so sehen sollte, dass die Blackmagic keinen internen Akku hat. Punkt. Der dennoch verbaute Akku ist dagegen nur für Notfälle zu benutzen, wenn man schnell etwas von der Kamera braucht, ohne einen externen Akku anzuflanschen. Wir haben daher aus technischer Sicht gar kein Problem mit der aktuellen Version und sind uns sicher, dass wir hier tolle Lösungen von Drittherstellern und Bastlern präsentiert bekommen werden, zumal Blackmagic ja solche Lösungen von Tag eins an unterstützt.
Wir stören uns vielmehr am grundsätzlichen Produktdesign, hier ein echtes Verschleißteil wissentlich unaustauschbar zu verbauen. Und wir hoffen doch stark, dass eine typische Cinema Camera eine längere Lebensnutzungszeit besitzen wird als ein iPhone.
Frameraten
Auch wenn der Hobbit nun doch tatsächlich mit HFR/48fps in vielen Kinos auftauchen soll, bis auf weiteres sehen wir für eine Cinema Camera keinen zwingenden Bedarf für 48/50/60p. Gerade kleinere Produktionen werden erst einmal dankend den 24/25/30p ProRES/RAW/DNxHD-Workflow annehmen, zumal die meisten Käufer der Blackmagic Cinema Camera wohl gerade keinen HFR/48fps-Look suchen. Schwerer wiegen da schon die fehlenden Slow-Motion-Möglichkeiten. Gerüchteweise sind es in dieser Richtung auch keine Firmware-Updates zu erwarten, da erste Tests gezeigt haben, dass der Sensor hierbei zu leicht überhitzt. In diesem Bereich ist es nochmal die Sony FS100, die mit immerhin 50/60 fps ein bisschen Slow-Motion in diesem Preisbereich ermöglicht.
Die übrigen Mängel...
...haben wir ja schon in den vorherigen Teilen angesprochen. Dies sind stichwortartig nochmal:
- Kein integrierter ND-Filter
- Kein HDMI Output für günstige Preview-Möglichkeiten.
- Display etwas dunkel
- Keine Audiopegel anzeigbar
- Lüfter sehr deutlich hörbar.
Grundsätzlich lässt sich zu den genannten negativen Punkten sagen, dass sich ein Großteil der Problemstellen an der Kamera mit externen Lösungen ausbessern lässt. Mal günstiger und mal teurer, natürlich besonders abhängig davon, was dem Kameramann beim Dreh überhaupt wichtig ist. Und das führt uns direkt zu unserem vorläufigen Fazit zur Blackmagic Cinema Camera (denn wahrscheinlich dürfte dies nicht unser letztes sein)...
Fazit
Unsere erste Einschätzung zur Kamera vor rund 7 Monaten hat sich mehr als erfüllt. Die Kamera bedeutet -trotz der schon im Vorfeld bekannten Schattenseiten- schlichtweg eine Revolution.
Blackmagic hat als einziger Hersteller verstanden, was DSLRs so spannend für Filmer mit wenig Budget gemacht hat und diese Ideen in die richtige Richtung weiterentwickelt. Andrew Reid sagte sehr treffend in einem Tweet, dass Blackmagic mit dieser Kamera im Filmbereich nun vollbringt, was Apple zu seinen Gründerzeiten im Computerbereich geleistet hat: Eine Geräteklasse, die eigentlich für die Industrie gedacht war, jedermann zugänglich zu machen. Und tatsächlich könnte der Name für die Kamera nicht besser gewählt sein: Wer einen Spielfilm produzieren will, kann dies nun mit der Cinema Camera einfach tun, ohne zu einer RED oder einer Arri greifen zu müssen (oder sich mit DSLR-Flickschusterei und 8-Bit-Codecs herumzuärgern).
Die Black Magic Cinema Camera ist ein mutiger Glücksfall, den unsere Branche vielleicht einmal in 10 Jahren erlebt. Eine 2,5K Kamera mit echtem RAW-Workflow gab es bisher auch nicht für sehr viel mehr Geld zu kaufen, obwohl viele Anwender danach riefen. Was Blackmagic dazu noch oben drauf packt, ist schlicht atemberaubend.
Wenn sich die Lieferprobleme bei Blackmagic (hoffentlich) in den nächsten Wochen auflösen, werden sich die übrigen Kamera-Hersteller nun wirklich ernsthafte Gedanken machen müssen, welche Modelle sie denn in Zukunft gegen diese Kamera stellen wollen. Denn die BMCC wird in kurzer Zeit ein Marktsegment dominieren, das sich vor einem Jahr sämtliche Systemkamera-Konkurrenten unter sich aufgeteilt haben. Das Konzept einer 8 Bit Canon C100/C300 wirkt jetzt gegenüber der Black Magic Cinema Camera ebenso spielzeughaft wie eine Sony NEX-FS100. Beide Firmen haben zwar sicherlich bessere und größere 2K/4K-Sensoren, jedoch zeigt Blackmagic, dass eine hohe Dynamik mit 10 Bit oder RAW-Aufnahme weitaus mehr cineastische Gestaltungsmöglichkeiten bietet. Sony kann hier immerhin noch mit 50/60p-Slow-Motion und Rolling-Shutter-Korrektur ein paar Vorteile im selben Preissegment verbuchen.
Das Bild der Kamera fühlt sich nach dem Dreh einfach so "richtig" an. Clean mit feinsten Verläufen, nirgendwo ein sichtbares Artefakt oder Codec-Matsch. Betrachtet man danach wieder sein AVCHD und DSLR-Material, so sieht man dort plötzlich sämtliche Unzulänglichkeiten sehr deutlich. Und dies ist auch gleichzeitig das wirklich Gefährliche an der Blackmagic Cinema Camera. Wer so ein Bild gesehen hat, will nicht mehr zurück. Einen ähnlichen Effekt kennt man von Filmemachern, die einmal mit einer Alexa oder RED gefilmt hatten.
Genial ist dabei auch der Schachzug, noch DaVinci Resolve mit ins Paket zu werfen. Denn das sorgt einerseits für die notwendige Verbreitung, was das Programm auch für die weitere Zukunft als DEN Standard im Bereich Farbkorrektur/Finishing festklopfen wird. Und andererseits dürfte es weiteren Preisdruck auf Konkurrenten ausüben, die vergleichbare Kameras wohl weiterhin ohne 1.000 Euro Color Grading Suite ausliefern werden.
Wir denken, dass deshalb in den japanischen Entwicklungs- und Marketing-Abteilungen spätestens jetzt der Entwicklungsdruck stark zunehmen wird und das wird wiederum doch ein sehr spannendes Jahr 2013 bedeuten. Denn sobald man die Kamera flächendeckend kaufen kann, ist sie bis auf weiteres schlichtweg konkurrenzlos (günstig). Um nur annähernd ähnliche Funktionen zur digitalen Filmgestaltung bei anderen Firmen einzukaufen, muss man momentan noch deutlich über 10.000 Euro für den Einstieg rechnen (z.B. Sonys F3 für 10 Bit-LOG oder REDs Scarlet für RAW). Da wirken die geforderten 3.000 Euro inkl. MwSt (!!) schon fast wie ein Scherz. Ist aber wirklich keiner und der Konsument ist hier mal wirklich der lachende Dritte. Und das fühlt sich irgendwie gut und richtig an.