Test Atomos Shogun - 4K-Kamera ohne Sensor

Atomos Shogun - 4K-Kamera ohne Sensor

Mit dem Shogun hat Atomos definitiv einen Nerv getroffen. Wir spielen jetzt schon länger mit dem Recorder herum und wollen euch einmal unsere aktuelle Sicht der Dinge darlegen.

// 16:53 Do, 19. Feb 2015von

Den Shogun vorzustellen dürfte für die meisten Leser überflüssig sein, jedoch wollen wir in Anbetracht möglicher Neuleser doch zumindest kurz ein paar Worte zu dem Gerät verlieren.



Der Atomos Shogun ist ein externer Recorder, der Videosignale von Kameras (aber theoretisch auch von anderen Geräten wie Spielkonsolen oder PCs) über HDMI und SDI entgegennimmt und auf einsteckbare SSDs in den Formaten DNxHD und ProRES aufzeichnen kann. Aufgrund seines hochauflösenden Displays (1920 x 1200 Pixel) kann er gleichzeitig als Vorschau-Monitor oder als Video-Messinstrument (u.a. mit Vektorskop und Waveform-Monitor) benutzt werden. Über separate, mitgelieferte Breakout-Kabel kann sogar eigener Ton via XLR aufgenommen werden. Somit ist der Shogun eigentlich eine 4K Kamera, der nur ein ergonomisches Gehäuse und ein eigener Sensor fehlt.



Atomos Shogun - 4K-Kamera ohne Sensor : BILD1


Wie für Atomos üblich, kommt der Recoder in einem üppigen Flight-Case, das die Anmutung eines Bomben-Entschärfungs-Koffers verbreitet. Darin findet der Shogun inklusive diverser Zubehörteile bequem und sicher in zwei Etagen Platz. Neben 5 leeren Caddies für Standard-SSDs tummeln sich darin auch Ladegerät und Netzteil, aber vor allem auch ein USB3.0-Reader für die bespielten SSDs. Vermisst haben wir eigentlich nur eine Sonnenblende sowie ein paar HDMI-Kabel. Erstere gibt es mittlerweile als Zubehör zu erstehen, doch auch bei den Kabeln sollte man eventuell gleich bei Atomos einkaufen. So wollte beispielsweise Anfangs unsere Panasonic GH4 mit dem Shogun und einem normalen Micro-HDMI auf HDMI-Kabel von Clicktronic nicht zusammenspielen. Es kam immer wieder zu Verbindungsabbrüchen, die sich durch ein kürzeres Kabel von Atomos beheben ließen. An einem 4K Monitor 31MU97 von LG arbeitete die Panasonic im 4K Modus dagegen auch unterbrechungsfrei mit dem Clocktronic Kabel. Dies belegt wohl auch, wie eng bei 4K über HDMI die Toleranzen liegen.




Sollbruchstelle Micro-HDMI?

Was uns aber grundsätzlich während des Tests sorgen bereite waren die äußerst filigranen Micro-HDMI-Anschlüsse an den diversen 4K-Kameras. Diese Anschlüsse sind definitiv nicht für allzu häufiges Ein- und Ausstecken konzipiert und können im hektischen Drehalltag schnell für einen problematischen Buchsenschaden sorgen. Subjektiv gefühlt ließ bei uns an der Sony A7s auch die Verbingungsqualität in den letzten Wochen etwas nach, dass teilweise erst nach mehrmaligen Stecken eine “unwackelige” Verbindung steht. Wir haben den Verdacht, dass die HDMI-Buchse hier bald ihren Geist aufgeben wird. Verriegeltes SDI ist nicht ohne Grund im Profibereich der eigentliche Standard, aber welcher Kamerahersteller außer Blackmagic baut SDI-Out Kameras die zum Preisgefielde des Shogun passen?



Somit ist beim häufigen Einsatz Vorsicht oder DIY gefragt, um den Kamera-Anschluss vor starker mechanischer Abnutzung zu bewahren. Dies ist zwar kein Problem des Shogun, sollte vor einem Kauf jedoch definitiv mitbedacht werden.







Äußerlichkeiten

Das Gehäuse des Shogun ist nicht ganz so solide, wie das seiner Geschwister, dafür wirkt er etwas gediegener. Eigentlich wie ein zu dick geratenes 7 Zoll-Tablet. Und gleich nach dem Einschalten darf man erst einmal über die volle HD-Auflösung des Displays staunen. Bei der 4K-Aufnhame liefert es natürlich eine bemerkenswert gute Vorschaumöglichkeit, doch ein weniger genannter Anwendungsfall kommt uns mittlerweile fast eben so interessant vor: Bei der FullHD-ProRes Aufnahme (z.B. von einer Nikon D810) bekommt man hiermit eine pixelnative Vorschau in FullHD zu Gesicht. Auch ohne Bildschirmlupe kann man hiermit schon exakt manuell fokussieren. Und (nicht nur) in 4K helfen Peaking, eine verschiebbare 2:1 Lupen-Ansicht, sowie Zebra-Muster und Falschfarben das Bild professionell einzurichten. Somit lässt sich in vielen Fällen einen echter Vorschaumonitor komplett sparen.



Der Vergleich zu einer professionellen 4K-Kamera fällt dabei praktisch von selbst. Neben einem FullHD-Display mit LUT-Preview und Videomessinstumenten (Waveform-Monitor, Vektorskop), XLR-Audio-Inputs, Kopfhörer-Ausgang gibt es HDMI (1.4), SDI (12G) und Genlock(IN)-Anschlüsse.



Und wo wir schon beim Vergleich mit echten 4K-Kameras sind: Dank der einsetzbaren Standard-SSDs sind die Medienkosten für echte 4K-ProRES Aufnahme ziemlich günstig. Vergleicht man hier Sonys XQD oder CFast 2.0 Medien, so kommen einem die Preise für SSDs praktisch geschenkt vor. Die bei 4K ProRes auftretenden Datenraten sind für SSDs dazu nicht einmal sonderlich herausfordernd, weshalb sich auf der Kompatibilitätsliste von Atomos auch ziemlich günstige Modelle finden lassen.



Wer nur FullHD aufzeichnet kann zudem sogar zu einfachen 2,5-Zoll Festplatten greifen, die dann ein praktisch unschlagbar günstiges Preis/Speicher-Verhältnis in gigantischen Größen bieten. Allerdings sollte man diesen Festplatten dann wohl im Betrieb keine allzu starken Stöße zumuten. Selbiges gilt für das in kürze kommende RAID-Caddy für den Shogun. Hiermit sollen sich zwei günstige 2,5-Zoll-Festplatten im RAID0-Verbund nutzen lassen, um sogar 4K ProRes 422 HQ ruckelfrei aufzeichnen zu können. Das Caddy soll weniger als 100 Dollar kosten und somit 2 TByte Speicher ab 200 Euro ermöglichen.



Während unseres Tests erschienen immer wieder weitere Firmware-Updates, die auch teilweise wichtige Funktionen erst nachgeliefert haben. Unter anderem das 4K-Playback: Das neue 4K Playback ist tatsächlich sehr gelungen. Neben einer Fullframe-Darstellung können 4K Videos auch in einer pixelnativen 1:1 Ansicht wiedergegeben werden. Dabei kann man per Touchgeste in der 1:1 Pixelvorschau herumschieben und so kritische Bereiche begutachten.



Auch für mach andere Funktionen lohnt sich der Blick in die Firmware-Roadmap. So soll der Shogun in Zukunft u.a. auch Sony FS-Raw und Canon RAW aus der C500 entgegennehmen können. Aber auch 3D LUTs und DNxHD sollen schon bald kommen.



Ein Kritikpunkt bei unserem Testgerät war die kurze Akkulaufzeit des mitgelieferten Akkus. In manchen Fällen konnten wir nicht einmal 45 Minuten mit dem Shogun testen. Atomos hat jedoch inzwischen angekündigt ab sofort einen Akku mit doppelter Kapazität beizulegen und sogar schon ausgelieferte Akkus auszutauschen. Somit sollten nun knapp 1,5 Stunden Netto-Benutzungszeit garantiert sein. Ebenfalls erwähnenswert: Atomos verwendet Standard Sony NP-F Akku-Typen, die man auch von anderen Drittherstellern günstig erwerben kann. Auch der Transportkoffer bietet Aussparungen für 4 Akkus, sogar für die “fetten Brummer” der NP-F9xx Serie, die fast 8000 mA halten können.





In der Praxis

In der Praxis schlägt sich der Shogun bis auf die kurze Akkulaufzeit unaufällig gut. Ist man einmal mit der Bedienung vertraut, benutzt man den Recorder blind. Wir haben mit einer Sandisk Ultra II 256 GB getestet und konnten keinerlei Probleme mit Dropped Frames oder kaputten Bildbereichen feststellen. Während der Aufnahme waren wir besonders von der flinken Pegelanzeige und den guten Messmöglichkeiten angetan. Der Waveform-Monitor reagiert nicht nur flott, sondern hilft auch wirklich noch Schatten und Highlights bis an den Rand in den Codec zu quetschen und dennoch kein Clipping zu erzeugen. Das Peaking ist für unseren Geschmack zwar etwas grob, jedoch lässt es sich sehr breit an den eigenen Geschmack anpassen. Dazu kamen wir bis dato noch nicht.



Wir testen den Shogun gerade mit drei Kameras (Panasonic GH4, Sony A7s und Samsung NX1) und werden unsere individuellen Erfahrungen mit diesem Kombinationen in kurzen Erfahrungsberichten posten. Dies ist u.a. auch deswegen nötig, da wir mit jedem Kamera-Firmware-Update immer einige Erfahrungen über Bord werfen konnten. Darum macht auch eine inhaltliche Artikel-Trennung nach Kameras Sinn.



Was für alle Kameras gleich ist, sind jedoch die XLR-Eingänge: Diese sind zwar nicht absolut rauschfrei, klangen jedoch in einem kurzem Test mit identischem Pegel deutlich rauschfreier als alle Vorverstärker der getesteten Kameras.



Zum Schnitt steckt man die SSD in den mitgelieferten USB 3.0 Reader. Da die 4K Datenraten durchaus in Bereiche von 100MB/s kommen können, kann ein Schnitt direkt von der SSD etwas problematisch sein. Denn obwohl USB 3.0 auf dem Papier solche Datenraten locker erreichen kann, müssen in der Praxis Chipsatz, Treiber und Adapter gut zusammenspielen, was nicht immer reibungslos funktioniert. Bei uns klappte es erst einmal prinzipiell mit einem Intel X99-Chipsatz. Wir konnten ohne Umwege in Premiere das Material in die Timeline ziehen, scrubben und sogar ohne Framedrops rückwärts abspielen. Allerdings fing zeitgleich unsere Maus an, etwas ruckelig zu agieren, was sich erst wieder legte, nachdem wir den Atomos Reader wieder abgemeldet hatten.



Als Produktvorschlag würden wir Atomos empfehlen, noch noch einen PC-Wechselrahmen für die Caddys anzubieten, der im Rechner direkt an die SATA-Schnitstelle angebunden ist (und der evtl. sogar voll Hot-Plug-fähig sein könnte.) Damit wären nicht nur die USB3.0 Unwägbarkeiten vom Tisch, auch könnte man mit voller SATA-Datenrate Clips kopieren.





Fazit

Der Shogun ist eine ziemlich potente Kombination aus FullHD-Mini-Vorschaumonitor und Festplatten-Recorder mit XLR-Inputs. Hätte er noch ein paar echte manuelle Tasten, eine ergonomische Form und einen eigenen 4K Sensor, käme er einer idealen 4K-Kamera schon recht nahe. Zu kritisieren gibt es wenig, denn er tut grundsätzlich genau das, was er soll. Ob sich eine Investion lohnt hängt daher in erster Linie von der verwendeten Kamera ab. Eine GH4 gewinnt dabei weniger an zusätzlichen Funktionen, als beispielsweise eine A7s. Aus diesem Grund werden wir in kürze auch noch drei knappe Erfahrungsberichte posten, in denen wir über unsere Shogun-Erfahrungen mit der Panasonic GH4, der Sony A7s und der Samsung NX1 berichten werden.



Leserkommentare // Neueste
rush  //  17:25 am 12.1.2017
Die Frage die sich mir eher stellt und auch immer schon gestellt hat... Braucht man so ein Ding wirklich? Spätestens mit der GH5 werden die teile doch im Prinzip unnötig. Bei...weiterlesen
mediadesign  //  15:57 am 12.1.2017
Kann der Shogun eigentlich auch in kleineren Formaten aufzeichnen, die nicht so viel Speicherplatz fressen? Neben der Verwendung als Aufzeichnungsmedium für Prores wollen wir den...weiterlesen
domain  //  18:21 am 20.2.2015
Man kann auch mit knetbarem Gummi aus dem Autozubehörhandel so kleine kegelförmige Vulkane um die sensiblen Anschlüsse formieren. Sieht Scheiße aus, hält aber wesentliche...weiterlesen
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