Der richtige Bildausschnitt
Viel schlimmer ist jedoch, dass die Schärfe von der Brennweite abhängt. Um Kameras zu vergleichen ist es daher ratsamer, den Abstand der Kamera zum Testchart ohne Zoom einzustellen. Und da lauert schon das nächste Problem: Die Kameras haben meistens verschiedene Weitwinkel-Eigenschaften. Und das bedeutet, dass jede Kamera eine andere Entfernung vom Testchart haben muss. Am ehesten funktioniert das noch, wenn man die Kameras im bestmöglichen Weitwinkel per Hand vor dem Testchart ausrichtet, was jedoch immer eine gewisse Ungenauigkeit mit sich bringt. Schon das leichte Drehen einer Stativschraube verändert hier Welten. Aber dies beeinflusst die Schärfe noch am wenigsten.
Konstante Helligkeit?
Schon schwerer wiegt, dass die Kameras verschiedene Lichtempfindlichkeiten besitzen. Bleibt das Testchart konstant hell, müsste man also mit der Blende nachregeln um faire Verhältnisse zu schaffen. Doch genau das wäre wiederum unfair. Denn die Blende beeinflusst die Schärfe oft signifikant. (Wohlgemerkt, hier ist nicht von der Tiefenschärfe die Rede).
OK. Theoretisch könnte man nun die Helligkeit des Testcharts durch die (hoffentlich vorhandene) Hintergrundbeleuchtung des Lichtkastens anpassen, jedoch ist es dann fraglich, was man hier eigentlich misst. Schließlich sollten ja alle Kameras an dem selbem Motiv getestet werden, um vergleichbar zu blieben. Wenn sich das Motiv ändert, ist der Vergleich je eigentlich für die Katz. Nicht zuletzt wird die Schärfe nämlich auch durch das Hintergrundlicht des Lichtkastens mitbestimmt. Je nachdem wie sehr der weiße Hintergrund überstrahlt, bekommt man andere Ergebnisse.
Ein kurzes Zwischenfazit: Wenn zwei Camcorder nicht absolut gleiche Brennweiten-Bereiche besitzen, muss man andere Parameter anpassen, welche alle die Schärfe direkt beeinflussen.
Doch selbst wenn es uns gelingt alle Parameter in den Griff zu bekommen und wir zwei Testcharts über Firewire in den Rechner gezogen haben, kommen die nächsten Probleme: Legt man diese in einer Bildbearbeitung übereinander, so sieht man dass die Objektive unterschiedlich stark zu Randverzerrungen neigen. Tendenziell ist dabei die weitwinkligere Kamera im Nachteil (s.u.).
Dazu wird in einem solchen Vergleich oft sichtbar, dass manche Kameras einen starken Schärfe-Unterschied zwischen den Randbereichen und der Bildmitte aufweisen. Andere Modelle sind der Bildmitte nicht so scharf, fallen aber zum Rand auch nicht so drastisch ab. Welche Schärfemessung soll dann gelten? Die Mittenschärfe, oder die Kamera mit dem ausgewogeneren Gesamtbild, die in der Mitte aber nicht so scharf ist?
Und was ist mit den sogenannten Chromatischen Aberrationen, die sich oft in den Randbereichen zeigen. Ist es besser wenn ein Objektiv hier einfach unscharf wird, oder wenn der bessere Schärfeeindruck durch auslaufende Farben getrübt wird?
