Praxis From North to South - Dreherfahrungen mit der Sony A7S II entlang eines Längengrades

From North to South - Dreherfahrungen mit der Sony A7S II entlang eines Längengrades

Zwar dreht sich bei slashCAM vieles um die Filmtechnik, doch noch spannender ist ja eigentlich, was man damit anstellen kann. Diesmal sprechen wir mit Alessandro Rovere, dessen Film From North to South aktuell im Rahmen einer Ausstellung zu sehen ist -- über das Drehen mit der Sony Alpha 7S II, über Drohnenaufnahmen, Software-Abomodelle, Sound Design, und vieles mehr.

// 14:05 Di, 4. Aug 2020von

Zwar dreht sich bei slashCAM vieles um die Filmtechnik, doch noch spannender ist ja eigentlich, was man damit anstellen kann. In unserer Gesprächsreihe rund um Praxisbeispiele aus der echten Welt geht es diesmal um einen Film, der als Teil einer Ausstellung gezeigt wird (später dann auch online).







Das Klimahaus Bremerhaven stellt bereits seit zehn Jahren mehrere Destinationen vor, die auf dem selben Längengrad wie das Klimahaus liegen (8°34´E). Für die aktuelle, multidisziplinäre Sonderausstellung "Nordsee | Südsee – Zwei Welten im Wandel" wurden zwei davon, Langeneß in der Nordsee und Samoa im Südpazifik, nochmals besucht, um herauszufinden, wie sich das Leben der Menschen vor Ort unter dem Einfluss des Klimawandels verändert hat und Gemeinsamkeiten sowie Zukunftsängste an den unterschiedlichsten Enden der Welt zu dokumentieren.



Den filmischen Part (From North to South) hat Alessandro Rovere übernommen, der seit etwa zehn Jahren als freischaffender Regisseur, Kameramann und Editor arbeitet. Wir haben mit ihm darüber gesprochen, wie ein Film gestaltet sein sollte, um in einer Ausstellung gut zu funktionieren, über das Drehen mit der Sony Alpha 7S II, über Drohnenaufnahmen, Software-Abomodelle, Sound Design, und vieles mehr.






Film als Ausstellungsmedium

Kurz vorab zu dir – wie bist du zum Filmen gekommen?



Ich habe eine Ausbildung gemacht zum Mediengestalter Bild und Ton bei einer Werbeagentur und war danach noch 1,5 Jahre dort angestellt. Später habe ich angefangen, als Freier zu arbeiten, eigentlich übergangsweise, aber das dauert jetzt schon 10 Jahre... Dazwischen war ich aber auch ein Jahr an der Ostkreuzschule für Fotografie.



Du machst sowohl Kamera als auch Schnitt. In gleicher Gewichtung?



Präsenter in den letzten Jahren war der Schnitt, auch bedingt durch die Anfragen und die Projekte, die ich in den letzten Jahren hatte. Ich habe während der Ausbildung schon relativ viel Postproduktion gemacht. Als ich damals in 2007 anfing, vollzog sich noch der Wechsel von analog zu digital – als Praktikant habe ich noch Beta SPs kopiert und DVDs erstellt und im regen Austausch mit der Postproduktion MPEGs auf Datenträgern hin und her geschickt... Für mich war es damals leider nicht möglich, eine eigene Kamera zu kaufen und damit loszulegen, aber ich hatte von der Arbeit einen Schnittrechner und da habe ich ziemlich viel ausprobiert.



Als ich bei der Agentur aufgehört habe, habe ich mir dann eine GH2 gekauft und habe angefangen, alles mögliche mit ihr selber zu machen.



From North to South, Stills
From North to South, Stills





Dein Film "From North to South" ist ja Teil einer Ausstellung. Was ist die Rolle des Films im Ausstellungskontext?



Zu seinem 10-jährigen Jubiläum wollte das Klimahaus Bremerhaven mehrere Destinationen besuchen, um zu sehen, wie sich das Leben der Menschen, die sie seit zehn oder 15 Jahren ausstellen, im Zuge des Klimawandels verändert hat. Ins Boot geholt wurden damals Manolo Ty als Fotograf, Jana Steingässer, eine Autorin und Reisejournalistin, und ich.



Wir wussten, dass wir diese unterschiedlichen Disziplinen haben, die wir zusammen ausstellen möchten und wir wussten, dass wir bestimmte Sachen nur in bestimmten Medien zeigen können. Was daraus am Ende dann wirklich wird, also wie das finale Produkt wird, war eine Variable, eine Unbekannte. Wir hatten kein Treatment oder Drehbuch oder sowas, als wir auf die Reise gingen. Es gab auch kein Ausstellungsdesign, das ist erst im Laufe der Zeit passiert, weil wir auch teilweise nicht wussten, was uns erwartet.



Wir hatten nur einige vorab abgesteckte Interview-Termine und wir wussten, dass wir bestimmte Zugänge bekommen würden zu Orten. Tokelau war z.b. eine Destination, die ganz zu Anfang gar nicht geplant war, aber im Laufe des Planungsprozesses hinzukam. Das öffnete dann natürlich komplett neue Möglichkeiten, die man vorher nicht in die Gestaltung hätte einfließen lassen können.



Dieser ganze Planungsprozess und Entwicklungsprozess vor Ort hat dann dazu geführt, dass wir auf bestimmte Sachen den Schwerpunkt gelegt haben. Tiefgehend ist es im Buch zum Beispiel, wo auch Experten zu Rate gezogen werden. Beim Film haben wir uns darauf konzentriert, von allem ein bisschen anzureißen, auch weil wir wussten, dass der Film nur eine bestimmte Länge haben kann im Ausstellungskontext. Da sind wir mit 18:40 schon relativ lang für ein Exponat einer Sonderausstellung. Daher wussten wir, dass wir da nicht die Sachen ultratiefgehend behandeln können.



Natürlich ging es beim Film auch darum, einen allumfassenden Blick zu zeigen und vor allen Dingen auch zu zeigen, dass die Entscheidungen, die wir treffen, Auswirkungen haben auf die Orte der Erde, die wir oft gar nicht zu sehen bekommen.



Wie muss ein Film gestaltet sein, damit er in einem Ausstellungskontext funktioniert? Es ist ja ein besonderes Setting, die Zuschauer kommen und gehen...



Ich habe einerseits versucht, den Film so zugänglich zu machen, dass er auf Festivals funktioniert und dass man ihn sich im Internet anschauen kann. Im Ausstellungskontext ist es aufgrund der Punkte, die du schon genannt hast, ein bisschen anders. Ich habe daher versucht, Inseln der Aufmerksamkeit zu bauen, also nicht zu lange an einem Punkt zu verharren, weil dann ist jemand gezwungen, sich hinzusetzen, um sich alles genau anzugucken und es ist nicht so einfach möglich, in den Film hineinzukommen, wenn man mittendrin dazukommt. Also habe ich versucht, kleine Aufmerksamkeits- und Themencluster zu bauen und zwischendrin Atmosphäre zu erzeugen. Das passiert z.b. mit Sound Design, atmosphärischen Aufnahmen, Drohnen-Shots, alles mögliche...



Die Musik hat von Anfang an eine wichtige Rolle gespielt, da habe ich auch von Anfang an eng mit zwei Berliner Komponisten zusammengearbeitet. Wir haben versucht, da eine schöne Atmosphäre zu erzeugen, die auch durch den Film trägt. Im Großen und Ganzen ist es aber prinzipiell eine Herausforderung gewesen, dass wir nicht einen Protagonisten haben, der sich durch den Film zieht, sondern wir haben unterschiedliche Menschen, deren Geschichten wir erzählen, und die Menschen alleine sind dabei nicht ausschlaggebend, sondern der Lebensraum, in dem sie sich bewegen. Deswegen war es ein buntes Potpourri aus unterschiedlichen Schwerpunkten – die Destinationen waren wie eigene Protagonisten.





Leserkommentare // Neueste
Mantis  //  17:34 am 4.8.2020
Guter Tipp, danke! Ich habe mich halt echt gewundert, weil es halt noch einige Grad über Null waren und ich die Akkus auch vorab am Körper getragen hatte. Meine Vermutung war,...weiterlesen
huck  //  17:03 am 4.8.2020
"im Watt ist mir der Gimbal ständig ausgegangen, trotz voll geladener Batterien. Mit dem Crane 1 hatte ich nie Probleme, auch in Indonesien bei 32 Grad und 80% Luftfeuchtigkeit...weiterlesen
Kamerafreund  //  15:55 am 4.8.2020
Tolles Interview! Danke! Davon bräuchte man viel mehr! Erfahrungswerte beim Dreh statt labor-tests! Ich bin lange Zeit mit fast genau dem gleichen Equipment unterwegs gewesen....weiterlesen
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