Erfahrungsberichte : Seitenwechsel: Vom Regisseur zum Schauspieler
von slashCAM Do, 10.August 2017 | 7 Seiten | diesen Artikel auf einer Seite lesen

War ich gut?
Aber schon da habe ich gemerkt, dass ich keinerlei Kompass habe, ob das, was ich da jetzt gespielt habe, irgendwie gut war. Es gab zwar so ein vages, diffuses Gefühl, dass es irgendwie ok gewesen sein könnte, und auch dafür, was vielleicht noch besser zu machen sei. Aber irgendwie verliert man komplett das Bewusstsein für das eigene Sein. Während es mir im normalen Leben so geht, dass ich mir wenigstens einbilde, einigermaßen zu wissen, was ich tue und wie ich dabei wahrscheinlich wirke, und das ja auch benutze, um Situationen zu meistern, ging mir das hier auf einmal ganz anders. Aber warum?
Im normalen Leben bin ich permanent damit beschäftigt, so etwas wie Identität zu konstruieren oder tue es einfach, allein schon dadurch, dass es ja gewisse Kontinuitäten gibt, also Handlungen, die zu anderen Handlungen führen, sich so etwas wie Geschichte bildet.
Aber hier war ja alles, was das hätte sein können, ausgedacht. Ich bin weder Ehemann, noch habe ich Kinder. Auch glaube ich von mir, mich nicht wie ein Arschloch zu verhalten. Dennoch musste ich das jetzt sein, in meinem Körper mit meiner Stimme. Und wenn ich so darauf schaue, wundert es mich auch gar nicht mehr, dass ich so abhängig davon war, was der Regisseur sagen würde. War es gut? War ich gut? Ja, alles gut. Ok, schön, er war zufrieden. Wie gesagt gab es Momente, in denen ich während des Spielens irgendwie sicherer war als in anderen. Das sind die, in denen ich etwas so schwer Greifbares wie wirklichen Kontakt gespürt habe zu meiner „Ehefrau“ und meinem „Sohn“.
Was ich glaube vom Schauspiel verstanden zu haben, ist, dass man tatsächlich nicht darstellt, sondern zu der Figur wird in dem Moment. Und da beginnt das, was den Unterschied zu hinter der Kamera so riesig macht.
Dort bin ich safe, kann mich immer wieder in meine privaten Gedanken zurückziehen, habe ein Instrument, ein Medium, mit dem ich vermittle zwischen mir als Person und dem wie auch immer gearteten künstlerischen Ergebnis. Sei es eine Lampe, die ich anschalte, Make-up, das ich auftrage, ein Mikrofon, mit dem ich aufzeichne, oder eine Kamera, die ich einrichte und bewege.