Frage von AndySeeon:Angeregt von Pianist's Vergleichstest und der sich darau ergebenen Diskussion habe ich mein Audio- Equipment genauer angeschaut. Ich habe drei (brauchbare) Mikrofone für den Einsatz bei meinen Projekten (Hochzeiten, kleine imagefilmartige Reportagen, Reiseberichte).
Das Shure SM7B nutze ich nur im "Studio" (Schnittraum wäre korrekter) für VO, das AZDEN SGM 250 CX und das ZOOM MikTrak M3 kommen bei Filmen für den O-Ton zum Einsatz. Leider haben beide ein zu hohes Grundrauschen. Deshalb habe ich beschlossen, mir ein gutes
Richtrohr- Mikrofon zuzulegen.
Folgende Aufgaben soll dieses bewältigen können:
Innenaufnahmen, vornehmlich in großen und sehr großen Räumen (Kirchen) bei Aufnahmeabstand von ca. 5-10 m (Predigt).
Innenaufnahmen aus etwa 2-3m Abstand; bei Reisereportagen redet der Führer in manchen Lokationen recht leise.
Außenaufnahmen aus etwa 2-3m Abstand mit meist hohem Störgeräuschpegel in der Umgebung..
Innen- und Außeneinsatz halten sich etwa die Waage.
Meine Erwartung ist, dass das Mikrofon rauscharm ist, die Umgebungsgeräusche von hinten und den Seiten etwas dämpft und einen für Sprache guten/optimalen Frequenzgang hat. Ich bin keine Experte und habe deshalb ein paar Tage gesucht und gelesen. Es läuft wohl auf ein Kleinkondensatormikrofon hinaus. Es soll ein gutes Preis- Leistungsverhältnis haben und preislich im Rahmen bleiben - wobei ich erstmal keine feste Grenze setzen will.
Ich habe mir angeschaut und in verschiedenen Vergleichstests angehört:
Sennheiser MKH 416 P48
Sennheiser MKE 600
Shure VP 82
Rode NTG3
Rode NTG8
Jetzt hoffe ich auf Tipps von Praktikern(!), die mir bei der Entscheidungsfindung helfen können.
Antwort von Frank Glencairn:
AndySeeon hat geschrieben:
Innenaufnahmen aus etwa 2-3m Abstand; bei Reisereportagen redet der Führer in manchen Lokationen recht leise.
Außenaufnahmen aus etwa 2-3m Abstand mit meist hohem Störgeräuschpegel in der Umgebung..
Ähem, nein - da reden wir eher von 30-50 cm
Antwort von berlin123:
AndySeeon hat geschrieben:
Innenaufnahmen, vornehmlich in großen und sehr großen Räumen (Kirchen) bei Aufnahmeabstand von ca. 5-10 m (Predigt).
Innenaufnahmen aus etwa 2-3m Abstand; bei Reisereportagen redet der Führer in manchen Lokationen recht leise.
Außenaufnahmen aus etwa 2-3m Abstand mit meist hohem Störgeräuschpegel in der Umgebung..
Ganz egal welches Mikro du kaufst: den größten Qualitätsschub bekommst du in deiner Situation, wenn du näher rangehst. 2-3 Meter Entfernung ist schon grenzwertig. 5-10 zu weit. Wenn es nicht anders geht ist das NTG-8 für so weite Entfernungen tatsächlich ein Kandidat. Ansonsten ist das wegen seiner Länge kein häufig anzutreffender Kandidat.
Also der beste Tip wäre, jeweils zu fragen, ob du ein Mikro in der Näher des, bzw. am Sprecher platziere darfst.
Davon abgesehen informier dich auch zum Thema Innen- vs. Aussenaufnahmen. In tontechnisch nicht optimierten Räumen (also alles ausser Ton- bzw Aufnahmestudios und bis an den Rand gefüllten begehbaren Kleiderschränken) ist der von Wänden, Boden, Decke. flachen Möbeln usw zurückgegebene Hall ein Thema. Für den Ausseneinsatz optimierte Richtmikros mit Interferenzrohr führen da oft zu Klangeinbußen. Deswegen nimmt man in Innenräumen lieber Kleinmembranmikros ohne intereferenzrohr.
Antwort von Blackbox:
Wenn die SetUps mit den viel zu weiten Abständen nicht zu verändern sind, dann solltest Du Dir besser Gedanken über geeignete Funkstrecken incl. geeigneter Mikrofone machen. Dabei sinnvollerweise neben 3,5mm Input auch XLR-Option, idealerweise mit P48.
Also eher sowas wie das 'Newsshooter-Kit' von Rode oder Sennheiser EW ENG, etc.
Bei ner Predigt kommst Du damit (Absprache vorausgesetzt) nahe genug an den Pfarrer oder nah genug an den i.d.R. vorhandenen Lautsprecher (geht auch mit Lavalier).
Warum Funk?
Weil Kabel über so weite Entfernungen meist viel zu viel Stress bringen (Stolperfallen mit ggf. juristischen Konsequenzen), zu lange Aufbauzeiten, meist nicht unsichtbar zu montieren, zu unflexibel, usw.
Notfalls kannst Du auch flott diese billigen kleinen Ansteckkästchen wie Rode-Go oder Ähnliche in die Nähe der Tonquelle legen, das ist dann immer noch um Längen besser als aus mehreren Metern Entfernung mit nem 2.000€ Richtrohr zu angeln.
Antwort von AndySeeon:
Sorry, ich hatte es nicht erwähnt: für die Fälle wo es möglich ist und die Personen zustimmen, habe ich natürlich eine Funklösung mit Lavalier- Mikro; das will ich für planbare Aufnahmen (wie Hochzeiten) sowieso noch etwas ausbauen.
Mir geht es um die Situationen, bei denen ich nichts vorbereiten kann. Wir machen seit vielen Jahren regelmäßig Studienreisen und die dokumentiere ich immer mit der Kamera. Da besuchen wir viele Ausgrabungsstätten, Ruinen (Außenaufnahmen), historische Gebäude und Museen (Innenaufnahmen). Dieses Jahr geht es quer durch Ägypten.
Da wir dann ca. 8-10 Menschen in der Gruppe sind, komme ich eben nicht dauerhaft an den Reiseleiter ran; das wäre auch unhöflich den anderen Teilnehmern gegenüber. Lavalier ist in dem Fall eben auch nicht möglich. Dafür brauche ich ein Mikro mit wenig Eigenrauschen, möglichst guter Richtwirkung und gutem Frequenzgang für Sprache.
Das ist das Leben und das Leben ist kein Set :)
Antwort von berlin123:
AndySeeon hat geschrieben:
Das ist das Leben und das Leben ist kein Set :)
Die Gesetze der Akustik wirst du trotzdem nicht ändern können. Ich würde mir das Geld für ein teures Mikro sparen, wenn von so weit weg aufgenommen wird. Einfach ein billiges Richtrohr nehmen. Ausnahme könnte das NTG 8 sein. Mir fehlt die Erfahrung mit damit. Aber vielleicht macht das tatsächlich noch einen hörbaren Unterschied. Aber man muss bei einer Länge von 56cm aufpassen niemandem das Ding an den Kopf zu hauen.
Antwort von AndySeeon:
berlin123 hat geschrieben:
Die Gesetze der Akustik wirst du trotzdem nicht ändern können.
Ich weiß :)
Das war ja auch nicht der Plan, sondern das optimale Mikro für das erläuterte Anwendungsfeld zu finden.
berlin123 hat geschrieben:
Ich würde mir das Geld für ein teures Mikro sparen, wenn von so weit weg aufgenommen wird. Einfach ein billiges Richtrohr nehmen.
Das wäre das Sennheiser MKE600 aus meiner Vorauswahl oder das Shure VP 82. Geringes Grundrauschen und guter Frequenzgang und ggf. auch zum Angeln unter kontrollierbaren Bedingungen geeignet.
berlin123 hat geschrieben:
Aber man muss bei einer Länge von 56cm aufpassen niemandem das Ding an den Kopf zu hauen.
Der gefällt mir :)
Aber ich bin knapp 2m lang, da halten meine Ellenbogen schon ausreichend Sicherheitsabstand, wenn ich die Kamera in Anschlag bringe :)
Das NTG8 ist unter Berücksichtigung der bisher von euch gemachten Aussagen aber wahrscheinlich gar nicht sinnvoll.
Antwort von Blackbox:
Naja, genau wegen solcher Anforderungen gab ich Dir den Tipp.
Ein rauschärmeres Mic als Dein gegenwärtiges Richtrohr wird Dir bei den genannten Szenarien keinen hörbaren Vorteil bringen, da die Differenz zwischen Nutzsignal und den akustischen Störsignalen vor Ort recht klein ist und somit das Mikrorauschen (18dB sind bei Deinem Mic angegeben, also ähnlich wie zB die Oktava) keinen relevanten Beitrag leistet.
Bliebe die Richtcharakteristik. Aber auch da wird Dir bei Deinen Szenarien ein besseres Richtrohr nicht weiterhelfen, da Du erheblich zu weit entfernt von der Schallquelle bist. Evtl. kann das 416 Outdoor ein bißchen was bringen aber wirklich relevant ist das nicht.
Allenfalls das Super-Cmit könnte da vielleicht nen relevant hörbaren Unterschied machen, aber das hatte ich noch nie in der Hand, kann also keine praktischen Erfahrungen beisteuern, und es hat auch nen recht hohen Anschaffungspreis von >3000€
https://schoeps.de/fileadmin/user_uploa ... 110505.pdf
Ich verstehe Dein Problem, denke aber Du suchst mit falschem Ansatz nach einer Lösung.
Btw: wie und womit nimmst Du denn auf?
- alleine oder mit Tonmensch
- auf Audiorecorder oder Kamera (wenn welche)
- Tonangel dabei (welche Länge)
- kann Deine Funkstrecke auch XLR oder ist aufrüstbar
Spontan würd ich Dir raten möglichst flexibel mit den Situationen umzugehen und dafür dann entsprechendes Zeugs bereitzuhalten.
Ich würde bei sowas als Solo-shooter mit einpacken:
1-2 XLR P48 fähige Sender, kleines p48 Grenzflächenmic, 1-2 kleine Plantmic Niere (DIY), MKH50 (oder vergleichbare Superniere), 416, 32bit Recorder, kompakte Angel und vor allem:
Kommunikationsbereitschaft um die Bedingungen vor Ort so zu gestalten, dass dabei brauchbarer Ton herauskommt.
Statt XLR p48 Grenzfläche geht auch ein PlugIn Power Lavalier an nen Sender zu packen und damit ein Funk-Grenzflächenmic zu improvisieren.
DPA hat sowas für ihre Lavaliers käuflich im Angebot:
https://www.dpamicrophones.com/de/acces ... ariant=163
Antwort von TomStg:
Noch einmal: Ein Richtrohr ist grundsätzlich nicht dafür gedacht, um Entfernungen zu überbrücken. Das lässt die Physik der Akustik nun mal nicht zu.
Für Deinen konkreten Bedarf wurden schon verschiedene sinnvolle Vorschläge gemacht. Für den Ton vom Reiseleiter bringt Dir auch ein MKE600 nicht mehr als der Kameraton. Solche Aufnahme-Situation habe ich 2x im Jahr auf Studienreisen genau wie Du. Wenn es dabei mit dem Mikrofonieren schnell gehen muss, bleibt nur eines der Audio-Streichholzschachteln direkt am Sprecher. Dies ist die zweitbeste Lösung nach einem Lavalier-Mic und einer ordentlichen Funkstrecke. Deshalb optimiere eher Deinen Workflow vor Ort anstelle ein hier sinnloses Richtrohr anzuschaffen.
Antwort von AndySeeon:
Ich bin idR Soloshooter. Recorder sind der TASCAM FR-AV2 und ZOOM H6. Tonangel bzw. Standmikro verwende ich seltener, nur wenn ich spezielle Veranstaltungen filme. Das sind meist Wegwerf- Videos.
Die Funkstrecke kann kein XLR; das ist ein einfaches RodeLink Filmmaker Kit von 2018.
Wenn ein besseres Richtrohr nicht hilft, tut es das Azden weiter. Bisher ist das leise Rauschen im Kontext untergegangen; ich hatte mit von einem besseren Richtrohr vor allem eine bessere Dämpfung der Umgebungsgeräusche erhofft.
Wenn ich mir alle Tipps hier so durch den Kopf gehen lasse, tendiere ich jetzt tatsächlich dazu, das sowieso geplante Rode Wireless PRO für die Reise im Januar anzuschaffen und den Reiseführer zu bitten, das Ding zu tragen. Mal sehen, ob er darauf eingeht. Das Set hat auch 32-bit- Recorderfunktion im Sender und soll eine gute Reichweite haben.
Vielleicht hänge ich mir auch das zweite Teil selber um und quatsche die wichtigen Informationen einfach nach. Es geht mir ja im Wesentlichen um die Informationen; den O-Ton blende ich nur in manchen Szenen ein; wo es angebracht erscheint und wo er (technisch) gut gelunden ist.
Danke für eure Tipps, hat mir sehr geholfen!
Antwort von Blackbox:
Auch ggf. sinnvoll:
kleines leichtes Teleskopstativ, das sich als Mikrofonständer missbrauchen lässt.
Ich hatte mal sowas (leider verliehen). Das passte problemlos in die Tontasche (grössere portabrace) mit rein:
Mit so nem Ministativ und montierter Funk-Superniere hast Du eine extrem portable Lösung, die Du ohne Kabelsalat in Sekunden in der Nähe der Schallquelle aufstellen kannst, und die zB in eine größere Schultertasche oder größere Tontasche verstaubar ist, so dass Du mit der Reisegruppe Schritt halten kannst.
Falls Du irgendwo sowas wie H2n herumliegen hast, kann auch das als Rückfallsicherheit gute Dienste leisten, zumal das Ding surround aufnehmen kann.
p.s.:
Gute Idee mit den Rode Funken.
Würde aber auf jeden Fall was als Ausfallsicherheit mitnehmen, falls die W-Lan Funkstrecke mal gestört ist, das Klamottenrascheln zu laut ist etc.
Antwort von AndySeeon:
Blackbox hat geschrieben:
Auch ggf. sinnvoll:
kleines leichtes Teleskopstativ, das sich als Mikrofonständer missbrauchen lässt.
Ich hatte mal sowas (leider verliehen). Das passte problemlos in die Tontasche (grössere portabrace) mit rein:
Guter Tipp. Ich habe ein Cobra 3 Carbon mit Dreifuß dabei, da könnte ich einen Mikrofonhalter auf eine Schnellwechselplatte schrauben und dann zwischen Kamera und Mikrofon wechseln. Allerdings ist an vielen Locations in Ägypten kein Stativ erlaubt.
Blackbox hat geschrieben:
Gute Idee mit den Rode Funken.
Würde aber auf jeden Fall was als Ausfallsicherheit mitnehmen, falls die W-Lan Funkstrecke mal gestört ist.
Laut Beschreibung haben die internes 32-bit- Recording, das reicht mir als Ausfallsicherung für den Funk. Wobei ich von denen bisher nur positives gehört habe.
Antwort von Blackbox:
Ja.
Ausfallsicherheit ist trotzdem immer gut.
Neben der Möglichkeit von technischen Macken oder unpassender Kleidung gibt's ja u.U. auch kulturelle Limits.
Als Mann ist es immer etwas problematisch Lavaliers für Frauen vorzusehen, sofern man nicht dafür gesorgt hat, dass bei Bedarf auch eine Frau für die Montage zur Verfügung steht, und es gibt ja durchaus auch ReiseleiterINNEN oder vortragende ExpertINNEN bei Ausgrabungen. Vor allem auch in muslimisch geprägten Ländern ist es ja angebracht das stets auf dem Schirm zu haben.
Es kann auch unangenehm sein, wenn so ein Videofilmer, der schon 3 Tage ohne Dusche in staubig schwüler Hitze unterwegs war einem mit verschwitzten Händen ein Rode-Kästchen an die Klamotten nestelt. Aber ich geh mal davon aus, dass Du feinfühlig genug bist das dann die Person ggf. selbst machen zu lassen ...
Antwort von AndySeeon:
Wir haben Gottseidank Hotel-/ Schiffsübernachtungen mit Dusche etc. :)
Blackbox hat geschrieben:
Aber ich geh mal davon aus, dass Du feinfühlig genug bist das dann die Person ggf. selbst machen zu lassen ...
Ja, habe ich bisher immer so gehandhabt; auch Männern biete ich das grundsätzlich an.
Auch haben wir in Ägypten noch keine Frau als Reiseleiterin oder Erklär- Bärin gehabt.