Frage von Marc Schneider:Hallo an Euch alle,
ich habe da mal eine Frage zum Urheberrecht, welche mir schon seit langer Zeit durch den Kopf geht.
Wenn ich für Kunden ein Video erstelle (Industrie-/Image Video) kommt es immer wieder vor, dass ich von den Kunden Grafiken, Logos und Fotos bekomme, welche ich in das Video einbauen soll. Ich weise meine Kunden dann immer mündlich (und es steht auch in meinen AGBs drin) darauf hin, dass ich nur Material annehmen kann, für das die Kunden die Nutzungsrechte besitzen. In den AGBs verpflichten sich die Kunden mich im Falle einer Urheberrechtsverletzung welche auf Grund ihres gelieferten Material entstehen könnte davon zu befreien.
Mein Text in den AGBs lautet:
8.Der Auftraggeber trägt allein die Verantwortung für Inhalt und rechtliche Zulässigkeit der von ihm übermittelten Daten und/oder sonstigen Informationen (einschließlich Logos, Grafiken, Texte und dergleichen) und erklärt, den Auftragnehmer von allen Ansprüchen, die im Zusammenhang mit den für den Auftraggeber durchgeführten Produktionen gegenüber dem Auftragnehmer geltend gemacht werden können, schad- und klaglos zu stellen.
Nun die grosse Jokerfrage: Falls mir eine Kunde ein Photo oder eine Grafik liefert, für die er nicht die Rechte besitzt (und mir gegenüber dies verschweigt bzw. leugnet), wer wird den dann im Falle einer Klage ans Kreuz genagelt? Der Kunde, oder ich als ausführende Produktion?
Anderes Beispiel: Ich habe vor kurzem "Stockvideos- Lizenzfrei" von einer neuen jungen Produktionsfirma erworben und muss nun feststellen, dass die Videos zum Teil an Flughäfen und in Flugzeugen gedreht wurden. Es sind auch Luftaufnahmen und Aufnahmen von Piloten und Luftbegleitern etc. vorhanden (Linienmachine). Abgesehen davon, dass die Aufnahmen miserabel sind, kann ich mir nicht vorstellen, das hierfür Drehgenehmigungen vorlagen, bzw. die gefilmten Personen/Firmen mit einer kommerziellen Auswertung des Material einverstanden wären. Die Produktionsfirma hat mir aber eine schöne Nutzungslizenz mitgeschickt....
Angenommen ich verwende daraus Sequenzen für einen Full Budget TV Werbespot und dann kommt eine Unterlassungsaufforderung einer grossen Fluggesellschaft mit Schadensersatzforderung in sechsstelliger Höhe. Was passiert dann?
Gruss, Marc Schneider
Antwort von wolfgang:
Also ich bin kein Justist, gleich vorab.
Aber 2 Punkte:
- mündlich reicht wohl in einem Prozess-Scenario gar nix mehr, auch nicht, wenns in den AGB steht. Was, wenn du es nämlich dort reinschreibst, und trotzdem bewußt eine Verletzung dieser Rechte machen würdest? Und der Klient wird in so einem Fall wohl nicht sagen: "Klar, er hats nicht gewußt, ich habs ihm nicht gesagt". Nee, sowas würde ich besonders vor einem kommerziellen Hintergrund extra unterschreiben lassen, daß der Klient klar festhält, daß er sämtliche Rechte an dem Material hat. Hat er die nämlich nicht, windet er sich schon bei der Unterschrift...
- wenn du trotz so einer Unterschrift berechtigte Zweifel hast, oder sogar Kenntnis davon erlangt hast, daß der Klient gar nicht die Urheberrechte hat, bist du vermutlich trotzdem fällig, wenn du das Material verarbeitest. Das, was du hier im Posting geschrieben hast, würde wohl jedes Gericht schon mal gegen dich verwenden - als klares Schuldeingeständnis. Nur eine Unterschrift des Klienten nimmt dich vermutlich nicht aus der Verantwortung, daß du dich im Rahmen des Zumutbaren auch über die Richtigkeit dieser Aussage überzeugst.
Im Zweifelsfall hängt ihr immer beide drinnen, vermute ich mal. Daher wäre ich bei sowas immer eher übervorsichtig.
Wiegesagt, das ist so meine Einschätzung, bin kein Jurist.
;)
Antwort von Marc Schneider:
Hi Wolfgang. Erstmal ein Danke für die Antwort. Ich nenne immer als Beispiel, dass ich als Handwerker keinem Kunden Steckdosen in die Badewanne einbauen darf. Auch wenn der Kunde es ausdrücklich wünscht.
Schon häufig wollten mir Kunde gemapflichtige Musik geben. Hierbei ist es ja noch recht einfach festzustellen, ob die Rechte vorliegen.
Bei Grafiken musst ich mich häufig auf das Wort der Kunden verlassen und das stört mich unheimlich.
Gruss, Marc
Antwort von Voltz:
So kann man das nicht stehen lassen.
Genau diese Haftung auszuschließen ist Sinn der Freihalteklausel.
Ob eine Haftung gegen den Hersteller des Videos durchgreift, auch wenn dieser nur im Auftrag des Produzenten gehandelt hat, hängt auch von den übrigen Vertragsbestimmungen ab.
Ich bezweifle aber, ob der Hersteller eine rechtliche Prüfungspflicht hat, ob das ihm zur Verarbeitung übergebene Material rechtefrei ist oder nicht. Bei offensichtlich fragwürdigem Material wird es wohl ausreichen, wenn der Hersteller einen Hinweis gibt. Eine Aufklärungspflicht würde ich darin aber im Zweifel nicht erkennen.
Mein Praxistipp zu diesem Problem:
Die Rechtefreihaltung in begründeten Einzelfällen zusätzlich in die Individualvereinbarung der konkreten Auftragsvergabe einbeziehen.
Falls die AGBs aus irgend einem Grunde (insgesamt) unwirksam sein sollten, bleibt die Haftungsfreistellung erhalten.
Ansonsten empfehle ich dir, zu diesem Themenkomplex mal ein paar Hundert Euro zu investieren und dich bei einem kundigen Rechtsanwalt beraten zu lassen. Wenn dies dein Beruf ist, würde ich hier nicht an der falschen Stelle sparen! Wenn Dein Auto kaputt ist, fragst Du ja vermutlich auch lieber einen Automechaniker und nicht den Pizzabäcker, der zufällig auch gerne Auto fährt.
Gefährlich ist nämlich das angeeignete Halbwissen, welches sich über Internetforen verbreitet. Bestes Beispiel ist etwa der immer wieder gerne verwendete Hinweis auf das OLG Hamm zum Thema "Links auf Websites Dritter", welches man auf zigtausenden Website-Impressi oder -Nutzungsbedingungen findet - und welches ungelesen immer wieder völlig falsch verstanden und übernommen wird!
Antwort von Nightfly!:
Stimme als nicht Jurist meinen Vorrednern zu.
Wie z.B. bei Deiner Web-Seite, die auf andere Web-Seiten verweist, bist Du nicht für den Inhalt der anderen Seiten verantwortlich, wenn Du explizit darauf hinweist.
Bei Logos oder Sound würde ich explizit im Vertragsanhang auf dieses vom Kunden gelieferte Rohmaterial hinweisen, es darlegen und so mich damit im Vertrag formuliert vor einer Prüfungspflicht dieses Materials schützen.
Gruß,
Nightfly.
PS: Im Notfall kurz beim Rechtsanwalt Verträge diesbezüglich abchecken lassen. (Absicherung durch Fachmann)
Antwort von Voltz:
Wie z.B. bei Deiner Web-Seite, die auf andere Web-Seiten verweist, bist Du nicht für den Inhalt der anderen Seiten verantwortlich, wenn Du explizit darauf hinweist.
Genau da liegt aber häufig das Problem. Das OLG Hamm hat in seinem Urteil erklärt, dass es gerade
nicht ausreicht, sich pauschal von den Inhalten der verlinkten Website zu distanzieren.
Richtigerweise wird der Website-Betreiber seinen Haftungsausschluss so formulieren, wonach er keinerlei Verantwortung für den Inhalt externer Links übernimmt, es sei denn, etwaige rechtswidrige Inhalte und Links auf externe Internetseiten mit rechtswidrigen Inhalten sind ihm bekannt und werden vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht unverzüglich entfernt. Wobei insbesondere Voraussetzung für eine Haftung ist, dass dem Websitebetreiber eine Entfernung der rechtswidrigen Inhalte und Links technisch möglich und zumutbar ist.
Antwort von wolfgang:
So kann man das nicht stehen lassen.
Genau diese Haftung auszuschließen ist Sinn der Freihalteklausel.
Ob eine Haftung gegen den Hersteller des Videos durchgreift, auch wenn dieser nur im Auftrag des Produzenten gehandelt hat, hängt auch von den übrigen Vertragsbestimmungen ab.
Also macht man idealerweise Verträge mit Kunden, die sitzen bei kritischen Fällen halt irgendwo im fernen Ausland - und schüttelt so jegliche Verantwortung von sich.
Ob man mit so einer "Freihalteklausel" durchkommt, da bin ich mal sehr skeptisch. Das könnte von einem Gericht im Ernstfall durchaus als Umgehungsversuch ausgelegt werden. Ich produziere ein Video, aber die Verantwortung trägt wer anderer? Wäre ja schön...
Ich stimmte aber dem zu, daß man idealerweise einen Fachjuristen befragen sollte.
Antwort von Voltz:
Nein, Wolfgang. Der Punkt ist, dass Du danach fragen musst,
wer den urheberrechtlich relevanten Tatbestand erfüllt. Und das ist nicht der Hersteller, sondern derjenige, der mit dem Werk an die Öffentlichkeit geht. Erst ab diesem Moment benötigt er entsprechende Nutzungsrechte.
Antwort von Chrille1:
Hallo Marc,
ich bin momentan in einer ähnlichen Situation. Konntest du eine Antwort auf deine damalige Fragen finden, inwiefern du als "Hersteller" für die Inhalte des Auftraggebers haftest?
Viele Grüße und danke vorab,
Christian