Wissen Wie wird ein Rechner schnell? Wichtige Hardware-Komponenten für die Videobearbeitung

Wie wird ein Rechner schnell? Wichtige Hardware-Komponenten für die Videobearbeitung

Wer ernsthaft Videos bearbeitet, will möglichst viel Echtzeitperformance zum besten Preis. Doch worauf soll man bei der Hardware-Anschaffung achten? Wir werfen Licht auf die Beziehungen zwischen CPU, GPU, Speicheranbindung und RAM.

Wer sich schon länger mit dem Thema der Videobearbeitung beschäftigt hat, staunt nicht schlecht, wie sich die Zeiten verändert haben. Vor rund 30 Jahren löste die digitale Videobearbeitung den professionellen Bandschnitt ab, der seinerzeit fast nur professionellen Medienanstalten vorbehalten war. Nachdem es seit 1995 erste Consumer-Kameras ("Camcorder") gab, die mit dem DV-Format digital auf Band aufzeichnen konnten, dauerte es noch einen kurzen Moment in der Videotechnikgeschichte, bis diese Daten auch digital über Firewire zum Schnitt in einen Rechner gelangen konnten.



Wohlgemerkt erst einmal über das Einspielen vom Band (Capturing) und alles in SD Auflösung mit 576 Zeilen. Erst Jahre danach folgte die Aufzeichnung auf Speicherkarten (fast zeitgleich mit der Einführung von HD-Aufnahme-Formaten), was dann endlich das bis dato unvermeidbare Capturen der Videoaufnahmen obsolet machte. Und somit zum heutigen Status Quo führte, dass praktisch jeder PC auch ohne dedizierte Videoschnittkarte nun in der Lage ist, Videos professionell zu bearbeiten.



Tatsächlich genügt für die meisten, typischen Aufgaben der Videobearbeitung heutzutage praktisch schon jeder halbwegs aktuelle PC und ebenso sogar der kleinste und günstigste (Mac Mini). Letzteres ist mit Blick auf Apples Geschichte eine eigene Sensation. Und nicht nur das. Auch Tablets und Smartphones verfügen mittlerweile über ausreichend Rechenleistung, um typische Aufgaben der Videobearbeitung zu übernehmen.



Doch trotzdem: Wer sich tagtäglich mit der Bearbeitung von Videoclips beschäftigt, entwickelt meistens schnell gehobene Ansprüche an Performance und Workflows, die sich mit ausgewählter Hardware weitaus besser befriedigen lassen. im folgenden wollen wir also (er)klären, in welchen Bereichen eines Rechners sich eine Investition für die Videobearbeitung besonders lohnen kann.




PC, Mac oder Linux? Eine Frage des Programms

Am Anfang einer solchen Entscheidung steht in der Regel die Frage, ob es denn ein PC, Mac oder sogar Linux sein soll. Allerdings steht zuvor bereits die Frage nach dem gewünschten Schnittprogramm im Raum. Denn dieses entscheidet heutzutage über die Hardware-Plattform - und nicht umgekehrt. Den Klassiker Final Cut Pro gibt es beispielsweise nur für den Mac, Adobe Premiere sowie Avid erfordern dagegen Mac oder Windows und einzig Blackmagics DaVinci Resolve gibt es für fast jede erdenkliche Plattform, unter anderem auch für Linux oder iOS.



Apples Final Cut Pro gibt es nur für Macs und iPads
Apples Final Cut Pro gibt es nur für Macs und iPads


Wir persönlich empfinden DaVinci Resolve als extrem gute Wahl für die Videobearbeitung, weil bereits die kostenlose Version einen ausreichend großen Funktionsumfang bietet, der viele Anwendungsfälle abdecken kann. Zugleich ist der einmalige Preis von ca. 300 Euro für die "volle" Studio-Lizenz für Viel-Nutzer ein faires Angebot. Wer dagegen sowieso ein monatliches Adobe Cloud Abo bezahlt, findet wahrscheinlich bei Premiere und After Effects seine bevorzugte Heimat, zumal hier das Zusammenspiel mit anderen Adobe-Applikationen besonders gut integriert ist. Diese beiden Adobe-Programme gibt es ebenfalls nur für PC und Mac.



Und wer sowieso bereits seit Jahren auf ein spezielles Programm setzt, weil "gelernt eben gelernt" ist, dürfte an die Auswahl noch einmal mit ganz anderen eigenen Präferenzen herangehen. Wir betrachten für unsere Hardware-Empfehlungen immer vor allem Resolve, viele der folgenden Ratschläge sollten aber auch für andere Programme im ähnlichen Rahmen gelten.






Was macht einen Rechner schnell?

Wie so oft gibt es nicht den einen Grund, warum ein Rechner besonders schnell rechnet. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall: Ein System besteht in der Regel aus einer Verkettung von Flaschenhälsen, die je nach Anwendungsfall an verschiedenen Stellen die Arbeit ausbremsen. Wer die Ansprüche seines eigenen Workflows gut kennt, kann zugleich an vielen Stellen sparen, wo sich das geplante System für die eigenen Fälle als "gut genug" erweist.



Ein wichtiges (und im Vorfeld besonders schwer abzuschätzendes) Kriterium ist in unseren Augen die "Echtzeitfähigkeit eines Systems". Wenn man auf die meisten Effekte bei der Arbeit niemals warten muss, kommt man in den nicht zu verachtenden Genuss eines sehr produktiven Workflows. Darum sollten häufig eingesetzte Effekte auch mit starker Hardware beschleunigt werden.



Allzu teure Hardware-Ausstattung kann jedoch auch unsinnig sein. Wer für seine GPU 2.000 Euro statt 800 Euro zahlt, um beispielsweise die FPS einer Noise Reduction von 5 auf 9 fps zu heben, hat trotzdem recht wenig von der gesteigerten Leistung. Denn selbst wenn sich die Zeiten für einen Background-Renderer halbieren, relativiert sich dieser Nutzen in der täglichen Praxis deutlich.



Auch eine schnelle GPU garantiert nicht immer Echtzeit-Effekte.
Auch eine schnelle GPU garantiert nicht immer Echtzeit-Effekte.




Der Prozessor bestimmt die Speicherauswahl

Auf den ersten Blick ist die CPU (also der Hauptprozessor im System) mittlerweile die uninteressanteste Komponente geworden. Während er bis weit nach der Jahrtausendwende noch die wichtigsten Aufgaben im PC übernahm, ist seine konkrete Geschwindigkeit mittlerweile nur noch von geringem Interesse. Moderne Mainstream-CPUs besitzen zwischen 4 und 32 Kernen, deren Anzahl nur wichtig ist, wenn die eingesetzte Software ihre Rechenleistung auch gut auf viele Prozessorkerne verteilen (bzw. skalieren) kann. Dies ist bei Videoschnittprogrammen noch teilweise beim Decodieren von ausgefallenen Codecs relevant, die nicht von speziellen Hardware-Decodern unterstützt werden.



Der interessanteste Aspekt bei der CPU-Auswahl ist in unseren Augen jedoch die Speicheranbindung, denn selbst wenn eine GPU direkt auf den Systemspeicher ohne Umweg über die CPU auf den Hauptspeicher zugreifen kann, ist die Geschwindigkeit des angebundenen Speichers entscheidend dafür, wie schnell die Daten kopiert werden. Und dies wird wiederum durch die genutzte CPU-Plattform bestimmt.



Moderne Systeme wie Apples M-Prozessoren, aber auch neuere PC-Laptops ohne dedizierte GPU besitzen einen gemeinsamen Hauptspeicher für CPU und GPU (Unified Memory). Sofern man keine dedizierte Grafikkarte einsetzt, ist hier die RAM-Geschwindigkeit sogar besonders wichtig. Bei cleverer Programmierung können zudem viele Kopiervorgänge komplett entfallen. So scheint allein das Vorhandensein von Unified Memory den Speicherzugriff auf Color Nodes unter Resolve deutlich zu beschleunigen. Denn in dieser Disziplin hängen selbst die kleinsten Macs große GPUs ab. Wer also vor allem viele Farbkorrektur-Nodes "stackt", bekommt mit einem Mac-System hierfür meistens die potentere Hardware. Doch dies liegt nicht nur am "Unified" Memory...





Speicherfragen

Momentan gibt es zwei gängige RAM-Technologien, die in PCs und Macs Anwendung finden: DDR4- und DDR5-RAM. Bei topaktuellen Prozessoren kommt praktisch nur noch DDR5-RAM zum Einsatz. Alle modernen Rechner sprechen RAM zudem besonders effizient parallel an, was man bei PCs an der Doppelbestückung (2 Bänke bzw. Dual Channel) erkennt - auch wenn dieser Begriff bei DDR5 nicht mehr ganz korrekt ist. Bei Laptops und Mini-PCs ist der Arbeitsspeicher oft nicht steckbar/erweiterbar, sondern fest mit dem Mainboard oder Prozessor verlötet, was im Gegenzug oft noch schnelleren Speicherzugriff ermöglicht.



Bei PC-Mainboards mit steckbarem Speicher betragen aktuelle Datenraten bei DDR4 im Dual-Channel Modus bis zu 35 GB/s, während zwei DDR5 Dimm-Module aktuell auf bis zu 80 GB/s kommen können. Bei fest verlötetem Speicher kommt dagegen meistens sogar das noch schnellere LPDDR-RAM zum Einsatz. Apples kleinster M1-Prozessor bot hier mit 2x LPDDR4x bereits 66 GB/s, während die Generationen M2, M3 mit 2x LPDDR5x sogar auf 100 GB/s kommen. Der M4 erzielt mit zwei schnellen LPDDR-RAM Kanälen im neuesten iPad Pro (M4) sogar 120 GB/s.



Dieser Dual Channel Modus entspricht aktuell immer einer Datenbusbreite von 128 Bit. Wer am PC mehr will, muss zu sehr teuren Mainboards und Prozessoren für Server und/oder Workstations greifen. Das aktuelle Maximum in Workstations ist eine DDR5-Achtkanal-Anbindung, die momentan jedoch höchstens 333 GB/s erreichen kann. Entsprechende Mainboards kosten alleine schon mindestens 1000 Euro...



Teure Workstation-Mainboards unterstützen bis zu 8 Speicherkanäle
Teure Workstation-Mainboards unterstützen bis zu 8 Speicherkanäle


Auch am Mac verdoppelt sich die Datenbusbreite bei den größeren Modellen. Die M-"Pro"-Prozessoren bieten aktuell 256 Bit mit 200 GB/s, die "Max"-Modelle 512 Bit mit 400 GB/s und die Ultra Prozessoren sogar 1024 Bit mit 800 GB/s. Neuerdings schränkt Apple jedoch diese Werte bei einigen Speicherkonfigurationen wieder ein. Dennoch bekommt man einen M2-Max in einem "kompletten" Studio-Mac mit 400 GB/s bereits ab ca. 2.000 Euro, was verglichen mit PC-Workstations sogar erstaunlich günstig ist. (Mehr dazu demnächst im Folgeartikel).







Endlich Bewegung im Windows-Markt

In der Windows-Welt kommt seit diesem Sommer endlich auch etwas Bewegung in den Unified Memory Markt. Qualcomm verbaut ähnlich wie Apple bei seinen Snapdragon X ARM-Chips jetzt LPDDR5x-RAM mit einer 128 Bit Speicherbandbreite von 135 GB/s. Allerdings geraten die ersten Geräte nicht viel günstiger als Apple Macs und es gibt zudem keine schnelleren Pro-, Max- oder Ultra-Optionen. Auch von AMD und Intel werden schon in den nächsten Monaten vergleichbare Lösungen erwartet. AMD will zusätzlich eine Plattform namens Strix Halo einführen, die mit 256 Bit Speicherbandbreite dann auch Durchsatzraten um die 250 GB/s ermöglichen soll. Für eine mobile Windows-PC-Plattform stellt dies ein Leistungs-Novum dar. Allerdings wahrscheinlich frühestens ab Anfang 2025.





GPU-Beschleunigung

Bei beschleunigten GPU-Videoeffekten muss man grundsätzlich zwischen zwei Arten unterscheiden. Es gibt Effekte, die relativ rechenunaufwendig sind und darum die meiste Zeit auf den Speicher warten müssen, der zu langsam Daten anliefert (Memory Bound). Und es gibt Effekte, die so komplex zu berechnen sind, dass die Rechenleistung selbst einfach nicht ausreicht (Compute Bound). Bei ersterem profitiert man besonders von einem schnellen Speicherdurchsatz, bei zweiterem von vielen Compute-Units in der GPU. Und das ist letztlich wohl ebenfalls ein relevanter Grund, warum Memory Bound Effekte in der Regel besser auf den neuen Macs mit Unified Memory laufen, während sehr rechenlastige Effekte gut mit dedizierten GPUs zusammenarbeiten.



In eine besondere, dritte Kategorie fallen die immer mehr aufkommenden KI-Effekte. Bei diesen ist es wichtig, dass das gesamte Modell im GPU-Speicher gehalten werden kann und dass entsprechende Hardwareunterstützung für KI-Matrix-Multiplikationen vorhanden ist. Solche Effekte werden aktuell von Nvidia-Karten am besten beschleunigt. Doch AMD und Apple bieten ebenfalls Matrix-Multiplikation in Hardware, die von den Softwareherstellern ebenfalls zur Optimierung genutzt werden kann.



Compute-Bound-Effekte lassen sich besonders gut durch dedizierte GPUs beschleunigen, während Memory-Bound-Effekte in der Regel von sehr schnellem PC-Hauptspeicher oder Unified Memory profitieren, da hier hauptsächlich Daten herumgeschoben werden.



Prinzipiell stellt eine PCIe 5.0 x16 Anbindung den aktuellen Stand der Technik dar, da hier Daten mit bis zu 64 GB/s auf die und von der GPU kopiert werden können. Doch obwohl bereits viele Mainboards diese Anbindung ermöglichen, gibt es noch keine bezahlbaren PCIe 5.0-GPUs von AMD, Intel oder Nvidia. Mainboards mit PCIe 4.0 x16 sind dagegen momentan weitaus günstiger und in der Praxis aufgrund nicht verfügbarer PCIe 5.0 GPUs in dieser Hinsicht dennoch nicht langsamer.



So viel zu den wichtigsten Komponenten eines Rechners für die Videobearbeitung, sozusagen als Vorbereitung - mit diesem Wissen sollte man unseren bald folgenden Artikel über aktuell besonders gute Schnittsysteme besser verstehen können.



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