CBR vs. VBR
Doch die Datenrate ist nicht allein ein Garant für perfekte Videoqualität. Mindestens ebenso entscheidend ist die sorgfältige Codierung mit einem guten MPEG-2 Encoder. Bei der Encodierung unterscheidet MPEG-2 zwischen einer konstanten und einer variablen Bitrate. Bei der konstanten Bitrate (CBR) steht dem Encoder eine fest vorgegebene Speicherbandbreite zur Verfügung, die er auf keinen Fall überschreiten darf. Benötigt eine Sequenz dabei mehr Speicherplatz als verfügbar, wird diese Sequenz einfach stärker komprimiert, was in manchen Szenen schnell zu sichtbaren Qualitätseinbußen führt. Die variable Bitrate (VBR) kann dagegen Speicher dynamisch verteilen. Benötigt eine Szene beispielsweise weniger Speicherplatz als die vorgegebene Bitrate, so kann der übrige Speicherplatz für eine spätere Szene „aufgehoben“ werden. Die spätere Szene hat dann eine höhere Bitrate zur Verfügung als die geforderte durchschnittliche Bitrate des gesamten Videos. Um die knackige Qualität eines gut codierten Hollywood-Blockbusters zu erreichen, werden daher professionelle DVDs immer mit variabler Bitrate codiert. Denn diese bietet immer eine bessere Bildqualität bei gleicher, durchschnittlicher Bitrate.
Um dieses Prinzip auch vollständig ausnützen zu können, muss der Encoder jedoch vorausschauend arbeiten können. Liegt ein Spielfilm zum Encoding bereits fertig geschnitten auf der Festplatte, so können in einem ersten Durchgang erst einmal alle Szenen des Videos auf ihre Komplexität untersucht werden. Dabei analysiert der MPEG2-Encoder grob, wie viel Speicherplatz welche Szene voraussichtlich benötigen wird. In einem zweiten Durchgang kann dann die vorhandene Bandbreite (i.e. Bitrate) auf die einzelnen Szenen optimal verteilt werden. Diesen Vorgang nennt man 2-Pass Encoding. Mittlerweile sind sogar noch mehr Analyse-Durchgänge üblich. Professionelle Encoder bieten mittlerweile bis zu 20 Analyse-Läufe an, um eine perfekte Videoqualität zu garantieren.
Hellseher
Wenn ein DVD-Camcorder nun eine ähnlich gute Qualität erzielen will, gibt es offensichtlich ein Problem. So müsste die Kamera schon mit hellseherischen Fähigkeiten ausgestattet sein, um zu ahnen, welche Bitrate die noch aufzunehmenden Szenen für eine optimale Qualität benötigen werden. Zwar können die aktuellen DVD-Camcorder in den höchsten Qualitätsmodi durchaus mit variabler Bitrate aufzeichnen, jedoch können diese immer nur über ein paar Bilder hinweg die Datenrate steuern. Deshalb kommt es bei der Aufzeichnung zwangsweise zu einem Qualitätsverlust gegenüber einer gut gemasterten DVD. Selbst im höchsten Qualitätsmodus bei einer Aufzeichnungszeit von 30 Minuten pro Seite eines 8cm Rohlings sind Qualitätsverluste praktisch vorprogrammiert. Diese zeigen sich denn auch gelegentlich bei Szenen mit schnellen Bewegungen und in detailreichen Bildern. Also immer wenn nicht mehr genügend Datenrate für die Komplexität des Bildes zur Verfügung steht.

DV hat dieses Problem dagegen nicht. Da ein DV-Tape für 60 Minuten gleich 12 GB-Speicherplatz bietet, kann jedes Bild einzeln gespeichert werden. Bewegungsartefakte können hierbei gar nicht auftreten, weil mit der Datenrate nicht variabel und knapp kalkuliert werden muss.
Womit wir beim nächsten Problem wären. Um eine annähernd gleiche Qualität wie bei DV zu bieten, müssen die Daten bei einem DVD-Camcorder viel stärker komprimiert werden. Dabei werden mehrere Bilder zusammengefasst und nur die Unterschiede zwischen den Bildern gespeichert. Das dies der Qualität keinen Abbruch leisten muss, zeigen die hochqualitativen DVDs die wir am heimischen Fernseher bestaunen dürfen. Allerdings sind diese DVDs bereits fertige Spielfilme, die nicht mehr nachbearbeitet werden müssen. Will man dagegen Szenen von einem DVD-Camcorder nachbearbeiten, so müssen die komprimierten Bilder wieder zu Einzelbild-Sequenzen zerlegt werden. Gerade wenn man in der Nachbearbeitung eine Farbkorrektur durchführen will, kommen hier schnell Kompressionsartefakte zum Vorschein, da viel Information schon bei der MPEG-2 Aufzeichnung wegrationalisiert wurde. Dennoch kann man nicht sagen, dass die Bildqualität der Mini-DVD grundsätzlich schlecht ist. Nur DV ist eben besser, besonders bei der Nachbearbeitung.

















