Seit der Übernahme durch Magix warten viele Vegas Anwender gespannt auf die erste Version unter dem neuen Eigentümer. Schließlich wollte man wissen, wie man sich die Zukunft von Vegas unter der neuen Führung von Magix vorzustellen hat. Sprich: Wird Vegas als eigenständiges Produkt weiterleben, oder mittelfristig in den anderen Schnitt-Produkten von Magix aufgehen?
Nun ist die erste neue Version 14 veröffentlicht worden und wir konnten schon einmal einen kurzen Blick auf die Neuerungen werfen. Hierfür stand uns die erste finale Release-Version (Build 161) zur Verfügung.
Das Interface
Nach dem Start dürften sich vor allem alte Vegas-Hasen erst einmal freuen: Das Interface ist nahezu unverändert und funktioniert praktisch überall wie bisher. Auf einem 4K Desktop unter Windows 10 wurden dabei unter anderem die Menü-Fonts noch nicht auf HiDPI-Displays angepasst, weshalb sie etwas verschwommen wirken. Auch verändert sich die Skalierung des Mauszeigers über manchen Stellen, was für eine etwas grobpixelige Darstellung sorgt.
In der Oberfläche wurden die meisten Icons nun komplett abgeflacht. Ein Trend, den man auch bei Adobe in der neuesten Premiere-Version bemerken kann. Hierunter versteht man, dass Funktionsbuttons nicht mehr virtuell aus der Oberfläche hervorstehen, sondern im gedrückten oder aktivierten Zustand nur farblich unterlegt werden.
Die Anpassung der Oberfläche ist dabei jedoch nicht durchgängig, da beispielsweise Lautstärke- oder Pan-Regler nach wie vor Pseudo 3D-Strukturen besitzen. Dies alles verleiht dem Programm aktuell eine Anmutung, dass sich das Interface mitten im Umbau befindet. Jedoch sind diese Inkonsistenzen letztlich nur kosmetischer Natur.
Hover Scrubbing
Wirklich neu ist die Hover Scrub-Funktion für schnelles Scrubbing im Trimmer. Hierbei kann man In- und Out-Punkte direkt bestimmen. Wenn sich die Maus sich über dem Trimmer-Fenster befindet scrubbt der Clip automatisch mit und zeigt die Trimm-Grenzen dabei symbolisch als Overlay an.
Import-Formate
Beim Importieren diverser Video-Formate konnten unsere 4K-Cineform-Democlips nicht gelesen werden. Auch CinemaDNG-File Sequenzen (u.a. von Blackmagic Design) waren für Vegas unlesbar. Dafür funktioniert nun der Import von HEVC/H.265-Clips, die in unserem Fall von einer Samsung NX1 stammten. Die Scrubbing Perfomance bei dieser anspruchsvollen Komprimierung lag ungefähr auf dem Niveau vom Adobes Premiere und erlaubte einen problemlosen Schnitt auf unserem Testsystem mit einer 6 Corei7-5820K-Intel CPU bei 4 GHz. Butterweiches HEVC-Scrubbing war aber auf keiner der beiden Applikationen möglich. Mit 4K ProRes oder 4K XAVC bei 24fps flutschte die Vegas-Timeline jedoch wie geschmiert. Auf Quicktime ist Vegas übrigens seit dieser Version für die ProRes-Decodierung nicht mehr angewiesen.
Effekte
Mit einer eingebauten GTX 1070 waren eine Menge Echtzeit-Effekte in 4K stapelbar, solange es sich nicht um zu komplexe Filter handelte und man sich ausschließlich in der gut gefüllten Auswahl “GPU-beschleunigt” bedient. Neu hinzugekommen ist hier ein GPU-Vignette-Effekt. Die sehr gute Performance verliert jedoch etwas, wenn man die Timeline von 8 Bit auf 32 Bit Fließkomma umstellt, wobei immer noch eine ruckelfreie 24p/4K-Wiedergabe mit einer Farbkorrektur möglich blieb.
Bei 50/60p 4K-XAVC-Material musste Vegas jedoch auf unserem Testsystem passen. Hier war nur noch eine Wiedergabe mit ca. 33 fps in 32 Bit respektive 38 fps in 8 Bit möglich. Premiere Pro kann dagegen das gleiche Material noch flüssig und ruckelfrei in 32 Bit in der höchsten Qualitätsstufe wiedergeben und dabei sogar noch einige GPU-Effekte darauf stacken.
ACES, LUT und Log
ACES ist schon in vielen Programm-Bereichen integriert und etwas Log-LUT-Unterstützung ist unter der Oberfläche zu finden: So kann der Vorschaumonitor auf eine generelle Log-Wiedergabe umgestellt werden und einzelnen Clips können S-Log1/2 sowie Alexa Log C-Tranformationskurven zugewiesen werden:
Die Nutzung eigener LUTs wird allerdings nicht direkt unterstützt.
Vorschau
Das Monitor-Vorschau-Fenster bleibt nach wie vor nicht beliebig einzoombar, sondern kann nur eine mittige 1:1 Pixel Vorschau bieten. Dafür sind die Möglichkeiten einen zweiten Monitor an der Grafikkarte als Vorschaumonitor zu nutzen nach wie vor ausgefeilter als bei allen anderen uns bekannten Programmen. Auch die Audio-Funktionen sind für ein Schnittprogramm bemerkenswert und erübrigen oft den Wechsel in ein separates Audio-Programm. Als weitere Stärke bleibt die umfangreiche Scripting-Fähigkeit des Programms ein Alleinstellungsmerkmal.
Sonstiges...
Vegas 14 hat neue Funktionen zum Upscaling und Smart Deinterlacing verpasst bekommen, die GPU beschleunigt implementiert wurden. Wer viel SD- und HD-Material in 4K ausspielen will, findet hier nun sehr effektive Möglichkeiten vor.
Aktuelle Blackmagic und AJA Schnittkarten sollen nun voll (und eben auch in 4K) unterstützt werden. Und auch Das RED-Decoding soll weiter verbessert worden sein.
Fazit
Vegas ist (wieder) da! Die neuen Funktionen nach dem letzten Versionssprung vor knapp 30 Monaten (!!) fallen allerdings eher moderat aus. Dies dürfte jedoch auch darauf zurückzuführen sein, dass die Weiterentwicklung des Programms zwischenzeitlich auf der Kippe stand. Es ist zu hoffen, dass der neue Eigentümer Magix die großen Stärken des Programms (Audio, Scripting, saubere Signalverarbeitung) erhält und das Programm gleichzeitig modern weiterentwickelt, ohne die noch verbliebenen Altanwender zu vergraulen. Wir würden uns jedenfalls freuen, wenn Vegas noch ein langes Leben beschert wäre...