Test Sony NEX-VG20 - Zweiter Anlauf

Sony NEX-VG20 - Zweiter Anlauf

Mit der NEX-VG20 stellt Sony relativ zügig einen Nachfolger der NEX-VG10 vor, der in vielen Bereichen deutliche Verbesserungen aufweist. Jedoch bleiben leider auch Schattenseiten am neuen Modell...

// 13:27 Di, 11. Okt 2011von

Mit der NEX-VG20 stellt Sony relativ zügig einen Nachfolger der NEX-VG10 vor, die sich vor allem durch ihren großen Exmor HD CMOS Sensor auszeichnet. Hiermit sind Tiefenschärfe-Effekte wie bei klassischen Filmkameras erzielbar, die momentan in dieser Preislage sonst nur digitale Foto-Systemkameras wie einige Canos EOS-Modelle oder Panasonics GH2 ermöglichen. Gegenüber Fotoapparaten bietet die NEX-VG20 jedoch eine relativ klassische Camcorderform, was sich auch in der Bedienung niederschlägt. Denn viele Anwender wollen oder können sich nicht an die Form eines Fotoapparates beim Filmen gewöhnen.



Wechselobjektive lassen sich über Sonys hauseigenen E-Mount Anschluss andocken. Über einen optionalen Adapter lassen sich auch Sonys Alpha-DSLR-Objektive mit A-Mount befestigen. Diese sind jedoch nicht für Video optimiert, weshalb beispielsweise der Autofokus hier deutlich bei unseren Aufnahmen zu hören war.



Sony NEX-VG20 - Zweiter Anlauf : cam0


Gegenüber dem Vorgängermodell kann man die VG20 jetzt auch ohne Optik für 1599 Euro erstehen. Inklusive der vom Vorgänger bekannten Kitoptik SEL18200 soll die Kamera 2.199,00 Euro kosten, was folglich einer Preiserhöhung von 200 Euro entspricht. Wir haben die VG20 auch wieder mit dieser Optik getestet, die leider mit einer Anfangsblende von 3,5 nicht gerade lichtstark ist. Dazu hatten wir auch noch diverse Alpha-Optiken zum Test (s.u.).





Austattung

Nach dem Auspacken fühlt sich die VG20 erst einmal fast genauso an, wie das Vorgängermodell. Doch im Detail haben die Sony-Techniker doch ein paar wichtige Änderungen an der Außenhülle vorgenommen. So wanderte der Multifunktionsring nun neben die Objektivöffnung, wo man ihn fast wie einen zusätzlichen Objektivring benutzen darf. Dieser ist wie auch bei vielen Sony Consumer-Modellen durch den daneben liegenden Button mit einer beliebigen Funktion belegbar Zur Verfügung stehen dabei Belichtung, Blende, Gain, Verschlusszeit, Automatische Belichtung und Weißabgleich-Änderung. Das ist grundsätzlich praktisch, dazu gibt es bereits für Verschlusszeit und und Blende eigene (Folien-)Tasten unter dem Display, weshalb man man sich durchaus noch mehr Funktionen für den frei belegbaren Knopf wünschen würde. Allerdings sind die Tasten unter Display nicht optimal zugänglich und auch nicht unbedingt blind zu bedienen, da diese kaum hervorstehen und wenig haptisches Feedback bieten. Dennoch lässt sich über diese Kombination schon einmal relativ bequem die manuelle Kontrolle erlangen, wenn man den Gain auf die freie Taste legt.



Das Kit-Objektiv sogt weiterhin für eine auffällige Kopflastigkeit, wirkt aber äußerst solide. Bei einem Kit-Aufpreis von 600 Euro sollte dies jedoch auch selbstverständlich sein. Die Kamera besitzt auch weiterhin keine Zoomwippe, weshalb man nur über den Objektiv-Ring zoomen kann. Ruckelfreie Zoomfahrten sind hiermit praktisch ausgeschlossen. Der Akkuschacht auf der Rückseite ist sehr tief ausgelegt, sodass sich auch dicke Akkus noch gut in das bestehende Kameradesign eingliedern ohne überzustehen. Der sehr kleine, mitgelieferte NP-FV70 Akku hinterlässt im Gegenzug einen sehr großen und unschönen Spalt.



Diesmal hatten wir für unseren Test auch noch ein paar lichtstärkere Objektive aus der Alpha Serie zur Verfügung, die wir per A-Mount-Adapter befestigen konnten. Und auch wenn die Anfangsbrennweite mit 2,8 gegenüber 3,5 auf dem Papier dabei nicht sonderlich groß ausfiel: In der Praxis machte sich dieser geringe Zahlenunterschied bereits sehr deutlich bemerkbar. Zum einen wurden die Low-Light-Bilder deutlich heller respektive bei kleinerem Gain deutlich rauschfreier. Aber auch der verfügbare Schärfebereich wurde durch die offenere Blende sichtlich reduziert, was sogar bei unserem Testaufbau im Messlabor deutlich auffiel. Die Achse des Rades und die Augen unserer Puppe waren nicht auf eine Schärfeebene zu bekommen, was bei einer Bildkomposition mit offener Blende ja auch meistens erwünscht ist.








Formate – jetzt auch 1080p50

Die größte Veränderung findet sich eigentlich unter den verfügbaren Formaten: So wird AVCHD nun auch progessiv mit bis zu 28 Mbps und 1920 x 1080 Pixel bei 50 Vollbildern auf Memory Stick PRO DuoTM oder SD-Karten aufgezeichnet. Die Kamera selbst besitzt nun eine Zertifizierung für SDXC-Karten, wodurch auch Karten über 32 GB eingesetzt werden können.






Verbesserungen...

Auch andere VG10-Kritikpunkte unseres letzten Tests wurden erhört. So gibt es nun zum Fokussieren nicht nur Peaking sondern auch einen Expanded Focus, der sogar eine separate Taste in Objektivnähe besitzt. Damit gelingt das manuelle Scharfstellen nun problemlos. Auch das Display wurde nun als Touchscreen ausgeführt, was die Bedienung in manchen Fällen erleichtert. Sogar Touch-Fokus ist nun integriert, was gerade bei engen Tiefenschärfe-Bereichen durchaus hilfreich bis lebensrettend sein kann. Die Audio-Abteilung wurde ebenfalls um eine manuelle Aussteuerung und eine Pegelanzeige erweitert, was nun erstmals auch einen praktikablen Audio-Einsatz ermöglicht.





... und verpasste Chancen

Leider wurden auch einige Punkte nach wie vor nicht realisiert, welche die VG20 von der DSLR-Konkurrenz noch deutlicher abheben hätte können. Dies sind unter anderem XLR-Audio, ein ND-Filter, ein größeres Display, griffigere Schalter oder auch eine programmierbare Shot-Transition Funktion. Mit den meisten dieser fehlenden Features könnten sich sicherlich interessierte Anwender arrangieren, jedoch gibt es zwei Punkte, die uns an der VG20 in diesem Preisbereich besonders negativ auffallen:



Das eine sind die Skalierungsartefakte durch den Sensor. Da ein Bildwandler mit einer für Photo optimierten Pixelzahl eingesetzt wird, muss die Kamera das Bild von nun ca. 16 Megapixel auf 2 Megapixel herunterskalieren. Und das gelingt Sony nicht besonders gut. So gibt es wie schon beim Vorgänger deutliche Aliasing-Artefakte. Die Canon EOS-Modelle kämpfen zwar mit ähnlichen Problemen, jedoch zeigt Panasonic mit der GH2, daß es auch sauberer geht. Und das für ungefähr der halben Preis einer VG20.



Außerdem stört uns noch die praktisch komplett fehlende Kontrolle zur Einstellung der Bildcharakteristik. Das offene Geheimnis, warum zum Beispiel die eher unscharfe Canon EOS 5D für viele Anwender das Non-Plus-Ultra des Independent-Filmes ist, liegt schlichtweg darin, dass man hier eigene Gamma-Kurven kreieren und über das Netz tauschen kann. Denn nur hiermit kann man eine Dynamik erzeugen, die mit einer Filmkamera vergleichbar ist und die man später mittels Colorgrading in der Nachbearbeitung professionell nutzen kann.



Die meisten Filmer nutzen hierfür einen „flachen Look“, den man mit einer VG20 schlichtweg nicht erreichen kann. Während die VG10 immerhin noch vorgefertigte Picture-Profiles bot, sind nun nicht einmal mehr diese in der VG20 vorhanden. Einzig eine Cinegamma-Tone Kurve ist eingebaut, die jedoch keine sonderlich flache Ausprägung bietet.



Wir nehmen stark an, das Sony natürlich weiß, dass gerade solche Funktionen eine DSLR-Kamera für Anwender interessant macht. Schließlich verkaufen die Japaner auch flache Bildprofile wie das S-Log Update für die Profikamera F3 für sehr viel Geld. Es dürfte daher eine reine Marketing-Entscheidung sein, keine zusätzlichen Gamma-Kurven für die VG20 zu ermöglichen. Allerdings sollte sich Sony auch nicht wundern, wenn viele Käufer die VG20 aus genau diesem Grund meiden. Wer die Dynamik eines Film-Looks sucht, findet diese eben nicht bei der VG20, großer Sensor hin- oder her. Und damit schließt Sony leider ein weiteres mal durch seine Marketing-Politik viele potentielle Käufer von vornherein aus.





Aus dem Messlabor

Ähnlich wie der Vorgänger liefert auch die VG20 nur einen mittelmäßigen Schärfeverlauf ab. AVCHD-Camcorder in der 1.000 Euro Preisklasse sind hier deutlich schärfer.



Luminanzauflösung




Das ISO-Chart bildet starke Aliasing-Artefakte ab, welche durch die Skalierung der überschüssigen Pixel entsteht. Bei großen Bildwandlern kein unbekanntes Phänomen.



ISO-Testbild




Der Farbpegel liegt knapp am praktischen Limit, die Farbauflösung ist ohne Beanstandungen und auch mit guten AVCHD-Camcordern vergleichbar.



Chrominanz-Auflösung




Gegenüber dem Vorgänger bildet das Kit-Objektiv an der VG20 sogar noch verzerrungsfreier ab. Ein Zeichen für eine integrierte, digitale Optikkorrektur.



Objektiv-Verzeichnung



In der Grundeinstellung zeigt die neue Sony für unseren Geschmack etwas zu warme Farben. Leider gibt es faktisch keine Bildeingriffsmöglichkeiten mehr, außer einer alternativen Gamma-Kurve.



1200 Lux (Klicken für Bild in voller Auflösung)




Mit dem Kit-Objektiv ist das Low-Light-Verhalten sogar noch einen Tick besser, als bei der VG10. Mit licht stärkeren Optiken kommt die Kamera allerdings erst richtig in Fahrt.



12 Lux Automatik (Klicken für Bild in voller Auflösung)




Selbst mit dem nicht so lichtempfindlichen F3.5 Zoom-Objektiv zeigt die Kamera im optimierten Lowlight-Bild schon gute Ergebnisse.



12 Lux mit 1/25 Sek und manuellem Weißabgleich. (Klicken für Bild in voller Auflösung)




Ein Alpha-Objektiv mit Anfangsblende 2.8 kitzelt aus der NEX schon deutlich mehr heraus. Der Tiefenschärfe-Bereich verengt sich spürbar, das Bild wird bei gleichen Parametern nochmal deutlich heller.



12 Lux mit 1/25 Sek und manuellem Weißabgleich. (Klicken für Bild in voller Auflösung)




Der Störgeräuschpegel verläuft sehr linear auf niedrigem Niveau und wird auch nicht spürbar in den Höhen beschnitten.



Störgeräusche








Fazit

Die Sony-NEX-VG20 sieht auf den ersten Blick ziemlich vielversprechend aus: Großer Filmsensor mit manueller Kontrolle beim Filmen, gepaart mit dem Handling eines klassichen Camcorders. So etwas findet man bei keinem anderen Hersteller in dieser Preisklasse. Doch Aufgrund der fixen Bildcharakteristik-Einstellungen wird die NEX kaum Einzug in die Herzen der angepeilten Zielgruppe (sprich DSLR-Filmer) erhalten. Da sich dazu die Bildqualität nur auf mittlerem DSLR-Video-Niveau befindet, bietet das Gerät außer dem gewohnten Formfaktor kaum Vorteile gegenüber den DSLR-Konkurrenten. Eine Zoom-Wippe oder ein ND-Filter wären schon mal ein erster Weg. Dazu muss Sony einfach noch lernen, dass es gerade die freien Einstellmöglichkeiten sind, die Firmen wie Red, Canon oder Panasonic im Bereich Großformat-Sensor-Film so erfolgreich agieren lassen.


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