Nachdem Magix im Consumer-Markt ja schon seit geraumer Zeit eine feste Größe darstellt, war es eigentlich absehbar, dass die Firma irgendwann auch im semiprofessionellen Segment Fuß fassen will. Mit Magix Video Pro X liegt nun eine erste Version dieses „Aufsteigers“ in den Regalen.

Der Preis für das neue Video Pro X sticht als erstes ins Auge: 350 Euro liegen nicht gerade in einer Preisklasse, die man von Magix im Videobereich gewohnt ist. Allerdings gibt es diverse Crossgrade-Angebote mit denen sich (u.a. dank 20 Euro-Magix-Programmen wie MusicMaker Special Editions) eine Update-Ermäßigung auf 250 Euro erzielen lässt.
Dennoch ist auch dies für ein Videoschnittprogramm mittlerweile ein stolzer Preis. Besonders wenn man ihn mit der aktuellen Garde der Einsteiger-Schnittprogramme vergleicht. Es soll also offensichtlich mit diesem Programm eine neue Zielgruppe angesprochen werden, die bereit ist, etwas mehr Geld für den Videoschnitt locker zu machen. (Semi-)Profis eben.
Oberfläche
Tatsächlich wirkt die neue Programmoberfläche etwas weniger verspielt als die der bekannten Consumer-VideoDeluxe-Reihe. Die Aufteilung in Quell- und Programm-Monitor ist ja seit Jahren sozusagen ein Prädikat für professionelle Editoren. Alleine diese Aufteilung macht natürlich noch kein Profi-Programm aus.

Quell und Programm-Monitor.
Daher ist auch die Verwaltung der Keyframes und Effekte nun deutlich übersichtlicher als bei den früheren VideoDeluxe-Versionen. So bilden Effekte nun eine sichtbare Liste, deren Parameter durch Keyframes leicht und übersichtlich veränderbar sind. Besonders schön gelöst ist dabei die Darstellung der Funktionsgrafen: Klickt man auf einen Parameter in der Keyframe-Liste so wird dessen Funktion direkt auf dem Clip in der Timeline als Funktion eingeblendet. Dort kann man anschließend sogar mit Bezier-Kurven den Verlauf des Parameters einstellen. Prinzipiell gut gedacht, in der Praxis passierte es uns jedoch manchmal, dass sich Handles (also Keyframe-Punkte zum Bewegen) außerhalb der Timeline befanden. Damit konnte man sie nicht mehr anfassen und musste doch zurück in die Keyframe-Liste, um sie zu manipulieren. Eine automatische Skalierung der Y-Achse wäre hier eigentlich angebracht. Auch „Easy-In Easy-Out“-, oder „Hold“-Funktionen zur schnellen Definition von Effektverläufen wie bei Premiere Elements sind nicht vorhanden.

Trimming
Neben dem Quellfenster findet sich an anderer Stelle (u.a. durch Rechtsklick auf einen Clip) das Trimming-Fenster aus Video Deluxe wieder, um Übergänge zwischen zwei Clips feinzujustieren. Hierbei orientiert sich Magix jedoch nicht am klassischen Trimming, sondern präsentiert hier sein eigenes (nicht unbedingt schlechteres) Konzept.

Allerdings bricht dieses Tool mit der restlichen Bedienlogik des Programms sehr stark, weshalb es wie ein Fremdkörper im Workflow wirkt. Solche Atavismen finden sich übrigens an diversen Stellen im Programm wieder. So folgt auch die Video-Stabilisierung oder die Werbungs-Entfernung nicht der neuen Programmlogik über Effektlisten sondern findet sich als separate Funktion im Kontextmenü zum Clip.
Profi-Effekte?
Bei den gebotenen Effekten dürften viele Semi-Profis außerdem noch so manches vermissen. Nur für Bewegung und Farben sind einigermaßen universelle Filter zu finden. Die beworbene 3 Punkt-Farbkorrektur hat keine sekundäre Ebene und auch Überlagerungsfunktionen oder einfache Compositing-Funktionen durch eigene Alpha-Masken sind nicht vorhanden. In der jetzigen Form ist beispielsweise auch Garbage-Maske beim Keying nicht möglich. Der Keyer selbst bietet dabei ebenfalls kaum brauchbare Parameter zur Optimierung. Denn wirklich nützliche Funktionen wie z.B. eine Chroma-Glättung für aktuelle 4:2:0-Videoformate wie (H)DV oder AVCHD gibt es schlichtweg nicht.
Das Programm selbst arbeitet intern nur mit 8 Bit pro Farbkanal, höhere Farbräume wie bei vielen anderen Profi-Programmen werden nicht unterstützt. Der Import digitaler Profi-Formate ist momentan auf XDCAM beschränkt. XDCAM-Material der Sony EX1 konnte das Programm zwar lesen, jedoch nichts mit den mitgelieferten Metadaten und der intern angelegten Ordnerstruktur anfangen. So muss man beim Import jeden Clip einzeln aus den Verzeichnissen angeln. Ein sinnvolle Unterstützung von Profiformaten sieht unserer Meinung nach anders aus.
Multicam
Ein Alleinstellungsmerkmal in der Preisklasse unter 500 Euro stellt der Multicam-Schnitt dar. Bis zu 4 Spuren können dabei bequem über den Quellmonitor betrachtet und „live“ per direktem Mausklick auf die Hauptspur geschnitten werden. Beeindruckend: Die Videospuren können sich dabei selbst durch eine automatische Audio-Analyse synchonisieren. Wer eine solche Funktion öfters benötigt findet tatsächlich in diesem Preisbereich nichts vergleichbares.
Audio
Die Audio-Effekte gliedern sich dagegen wieder nicht sonderlich gut in die neue Effekt-Struktur ein. So landen sie nicht in der Effekt-Liste und sind auch nicht über die neuen Keyframes zu steuern. Vielmehr sind sie als Presets wie im klassischen VideoDeluxe vorhanden und werden unter einer eigenen Oberfläche eingestellt. An anderer Stelle (nämlich wieder im Kontext-Menü) finden sich dann noch Effekte zur Tonaufwertung von Sprachaufnahmen (u.a Denoiser oder Dehisser). Aber auch diese sind nicht über die Keyframes der Paramaterlisten steuerbar. Mit einem durchgängigen Bedienungskonzept des Programms wird an dieser Stelle endgültig gebrochen.
Im Gegenzug gibt es auch noch einige wirklich professionelle Audio-Funktionen zu entdecken: Wer eine DVD mit 8 Tonspuren erstellen will, kann diese Tracks direkt in der Timeline anlegen. Und auch zur Synchronisation mit anderen Audio-Programmen lässt sich Video Pro X in einer Master-Slave-Konfiguration betreiben.

BluRay
Auch die BluRay-Ausgabe wollte uns noch nicht so recht überzeugen: Ein Export mit Menü gelang uns bei einem längerem Projekt überhaupt nicht. Sogar ohne Menü benötigten wir für einen absturzfreien Export mehrere Anläufe. Hier ist die Konkurrenz schon deutlich weiter.

Stabilität
Selbst nach dem Update auf die aktuellste Version waren hier und da noch sporadische Abstürze zu verzeichnen. Kleinere Ärgernisse, wie gelegentliches „Einfrieren“ des Programms beim Herunterfahren oder fehlerhaftes Neuzeichnen der Vorschau kamen dabei immer wieder vor. Immerhin verbesserte sich die AVCHD-Performance des Programms während unseres Tests merklich, nachdem wir in den Systemeinstellungen des Programms die Hardware-Unterstützung für MPEG aktiviert hatten. Doch auch hiermit gelingen Video Pro X keine Wunder. So liegt es in der AVCHD-Performance allenfalls mit Konkurrenten (Premiere Elements, Sony Movie Studio) aus der 100 Euro-Klasse gleich auf, vom subjektiven Schnittgefühl sogar noch etwas darunter.
Fazit
Nachdem sich Magix aufgrund des Preises in einer neuen Konkurrenzklasse befindet, muss es sich auch dem direkten Vergleich stellen. Und da sieht es eigentlich nicht sonderlich gut für den Neueinsteiger aus: So gibt es in dieser Preisklasse Edius Neo, das im HDV-Bereich eine unschlagbare Performance mit der besten 8 Bit Farbkorrektur auf dem Markt liefert. AVCHD-Bearbeitung beherrscht momentan das deutlich günstigere Sony Movie Studio Pro 9 oder Adobe Premiere Elements 7 mindestens ebenso gut. Beim Funktionsumfang müssen dabei kaum Abstriche gemacht werden, solange man nicht gerade Multicam-Editing oder 8 Audio-Spuren beim DVD-Authoring benötigt. Eher im Gegenteil: Gerade das nur knapp 60 Euro teure Sony Movie Studio kann besser mit Alpha-Masken umgehen, beherrscht weitaus mehr sinnvolle und universelle Effekte, hat einen besseren Keyer und lässt bei der integrierten Audiobearbeitung sowieso fast die gesamte Konkurrenz hinter sich. An diesem Programm muss sich gerade die Branche und speziell Magix eigentlich messen. Und im krassen Gegensatz zu Sony fehlt dem neuen Magix Produkt dabei vor allem eines: Eine stringente Oberfläche. Momentan wirkt die Oberfläche noch zu konzeptlos zusammengestrickt und irgendwie „aufgesetzt“. Dass Video Pro X dabei auch noch von einigen Bugs geplagt wird, macht das Produkt nicht unbedingt empfehlenswerter. Selbst bei einem reduzierten Einkaufpreis von 250 Euro darf man heutzutage eigentlich schon etwas mehr erwarten. Was bleibt sind ein paar interessante Ansätze, die hoffentlich in der nächsten Version zu einem runderen Ganzen verschmelzen werden.