Bevor wir genauer in einzelne Videoapplikationen unter 10.2 einsteigen, sei hier eine kleiner Exkurs zum mitgelieferten Mail-Programm erlaubt. Dem Mailclient von OS X Vorgänger-Versionen war bei Vergleichen zu althergebrachten Mailprogrammen wie Outlook oder Netscape-Mail bisher stets seine Versionsnummer (1) anzumerken gewesen. Damit einher gingen Kinderkrankheiten wie sehr langsames Suchen in unfangreichen Mail-Beständen, teilweise unsauberer Export und Import aus anderen Mailprogrammen etc.
Doch auch hier ist fleissig gearbeitet worden. Das Anlegen und Verwalten unterschiedlicher Mailkonten geht sehr einfach von der Hand. Selbst wenn es sich um unterschiedliche Mailprotokolle wie POP und IMAP handelt, kommt das neue Mac OS 10.2 Mail nicht aus dem Tritt. Für diejenigen, die viele Postfächer zu verwalten haben, ist die neue Ordnerstruktur ein Segen. So lassen sich mit einem Klick die Eingänge von einem bestimmten Postfach oder von allen gemeinsam Anzeigen. Selbiges gilt für Ausgänge, Entwürfe und Gesendetes. Die Suchfunktionen sind detailiert und vor allem sehr schnell geworden.
Als besonderes Feature ist eine SPAM-Mail Erkennung hinzugekommen, die erstaunlich treffsicher reagiert. Das besondere an diesem SPAM-Filter ist, das er lernfähig ist. Solange man den Filter im Trainingsmodus laufen läßt und die fälschlich als SPAM gekennzeichneten Mails korrigiert, fügt er jene Mailmuster in seinen Logarythmus ein. Je länger der Traningsmodus läuft, desto genauer wird er im Auffinden von SPAM-Mail. Wie gesagt, der SPAM-Filter funktioniert bereits im Traningsmodus erstaunlich sicher.
Nach einem knappen Monat mit insgesamt 3 unterschiedlichen Accounts und 5 Postfächern kann der hier Schreibende guten Gewissens sagen, dass Mail unter 10.2 den Vergleich zu den großen der Zunft nicht mehr zu scheuen braucht – im Gegenteil – die hier beschriebenen Features sucht man woanders vergebens.
Final Cut Pro und Jaguar
Vorneweg muss zunächst mal gesagt werden, dass das Betriebssystem-Update bei dem hier benutzten Testsystem nur marginale Geschwindigkeitszuwächse in Applikationen wie After Effects 5.5 oder Final Cut Pro 3.02 bringt. Wer schnellere Rendergeschwindigkeiten braucht, kommt um höhere Prozessorleistung oder zumindest mehr RAM nicht herum. Zwar wird das Interface durch die Gesamtbeschleunigung des grafischen Systems von OS 10.2 schneller, doch hat dies keinen Einfluß auf die Renderleistung. Der große Vorteil, den ein modernes Betriebssystem wie 10.2 bringt, besteht in erster Linie in einer bisher nicht dagewesenen Multitasking- und Multithreading-Fähigkeit (soweit das entsprechende Programm multithreaded angelegt wurde), sowie in den bereits kurz erwähnten Netzwerkfähigkeiten dieses Systems. Was bedeutet dies für die Praxis?
Nochmal kurz zur Erinnerung: Multitasking bezeichnet die Fähigkeit eines Systems mehrere Tasks (Aufgaben), hier: Programme „gleichzeitig“ auszuführen. Pro Zeiteinheit kann natürlich nur ein Task ausgeführt werden. Die Gleichzeitigkeit kommt durch eine intelligente Verteilung und Aufteilung der Tasks zu Stande. Man unterscheidet zwischen Kooperativem und Präemtiven Multitasking. Das klassische Mac Os 9 arbeitete im kooperativen Modus. Das bedeutet, dass jeder Task sich soviel Prozessorleistung nehmen konnte, wie er wollte, anstatt beim präemtiven Multitasking eine bestimmte (meist sehr kurze Zeiteinheit) zugeteilt zu bekommen. Durch letzteres wird gewährleistet, dass alle Tasks den gleichen Anteil Prozessorleistung bekommen. Dies geschieht so schnell, dass der Eindruck von Gleichzeitigkeit entsteht. Die intelligentesten Systeme arbeiten präemptiv bei gleichzeitiger Verteilung von Prioritäten. Allen Prozessen wird eine eigene Speicheradressierung zugewiesen. Stürzt ein Programm ab, reisst es nicht andere oder gar das Betriebssstem mit sich. Genau solch eine intelligente gemischte Verwaltung von Systemresourcen bietet Mac Os X. In der Praxis macht sich dies durch ein außergewöhnlich stabiles System bemerkbar (Kein Systemcrash auf unserem täglich beanspruchten Testsystem seit Dezember letzten Jahres, zunächst unter 10.1.5, jetzt unter 10.2), sowie durch eine beachtliche Zahl gleichzeitig verarbeitungsfähiger Aufgaben.
So kann während der Konvertierung eines Audio-Streams in Quicktime, zeitgleich gesurft werden, während in Final Cut Pro gerade das aktuelle Projekt gerendert wird. Gerade in solchen Extremsituationen weiss Mac OS 10.2 zu glänzen. Der Cutter freut sich, da seine Renderpausen mit Sinnvollem genutzt werden können – (nicht das Kaffeetrinken nicht sinvoll wäre ;-))
Videoschnitt unter Mac Os 10.2 bedeutet unterm Strich ein hohes Maß an Stabilität sowie beeindruckendes Multitasking.