
Mittlerweile hat sich der kleine Bruder des großen Schnittsystems als feste Größe auf dem Markt der 100 Euro Schnittprogramme etabliert. Besonders interessant bleibt dabei das erhältliche Bundle mit dem neuen Photoshop Elements, womit sich auch grafische Elemente bei multimedialen Arbeiten schnell umsetzen lassen.
Das Zusammenspiel erfolgt dabei in erster Linie über die Dateien selbst, professionelle Funktionalitäten wie in Bridge sind nicht vorhanden. Dennoch aktualisiert Premiere Elements beispielsweise einen Alphakanal oder die Farbkorrekur eines importierten Bildes automatisch, sobald dieses in Photoshop Elements neu gespeichert wird. Das reicht gerade im semiprofessionellen Bereich sicherlich für viele Fälle aus. Und auch eine gemeinsame Verwaltung für Audio-, Video- und Foto-Dateien steht Programm übergreifend zur Verfügung.
Keine Aktivierungspflicht?
Besonders erwähnenswert: Während Adobe mit seiner CS-Profilinie ehrliche Kunden durch Aktivierung im Festplattenbootsektor drangsaliert, erfordert Premiere Elements nur die Eingabe einer Seriennummer. Die Registrierung ist optional, wodurch sowohl der Datenschutz gewahrt bleibt, als auch der Umzug der Software auf ein anderes System kein Problem darstellen sollte. Hier darf sich die aktivierungswütige Konkurrenz ruhig mal etwas abschauen.
Bedienung
Bei der Bedienung liegt Adobe Premiere Elements unserer Meinung nach ganz vorne. Kein anderer Hersteller hat es bisher derart elegant geschafft das Schnittprogramm einerseits für Anfänger schnell erschließbar zu halten und dabei professionelle Funktionen wie die Keyframeverwaltung gut zugänglich „zu verstecken“.

Einzig das Trimmen mit anschließendem Import in die Timeline will hier nicht sonderlich gelingen. Außerdem hat die neue Oberfläche noch ein paar kleine „Haken“: Wenn man einen Clip an den Rand der Timeline schiebt, scrollt diese oft nicht mit. Und manchmal wandern Clips beim Löschen eines vorherigen Objektes nicht korrekt mit zurück. Nervig, aber nicht tragisch.
Der Rest des Interfaces ist klar gegliedert und sogar das Hintergrundgrau der gesamten Anwendung lässt sich nun wie in der Profi-Version einstellen.

AVCHD – Rasant
Bei der Performance des Programms hat Adobe erstaunlich zugelegt und spielt nun in einer Liga mit Sony Vegas und Pinnacle Studio. Allerdings scheint die Vorschau gelegentlich automatisch auf Viertelbild-Auflösung zu schalten, was sich von Anwenderseite nicht direkt beeinflussen lässt. Und offensichtlich setzt Adobe auch die Grafikkarte gewinnbringend zur Effektberechnung mit ein. Dadurch außergewöhnlich: Bei keinen anderem Programm läuft die AVCHD-Vorschau derart flüssig von der Timeline, wenn noch ein paar kleine Effekte dazukommen. Eine einfache Farbkorrektur ist dabei ebenso drinnen, wie Bewegungen oder (animierte) Titel.
Apropos Titel, was Adobe hier Anfängern an die Hand gibt hat sich ebenso gewaschen: Denn es sind nicht nur Kriech und Lauftitel möglich, sondern auch vorgefertigete Typoanimationen, bei denen Buchstaben und andere Elemente als einzelne Objekte durch das Bild fliegen und wirbeln können. Allerdings sind diese Titelvorgaben nicht veränderbar.
Tagging
Neben AVCHD-Unterstützung liegt die Hauptneuerung des Programms in so genannten Tags. Hiermit lassen sich Clips, Fotos und Audio-Schnipsel mit Schlagworten versehen. So lassen sich anschließend Clips gezielt nach den vergebenen Eigenschaften suchen oder sortieren. Ein besonderes Schmankerl ist dabei die so genannte Auto-Tagging-Funktion: Diese analysiert die Videoaufnahmen nach Attributen wie beispielsweise „Verwackelt“, „Niedriger Kontrast“, „Tonschwenk“ oder „Anzahl der gefilmten Gesichter“. Die komplette Analyse von einer Stunde Material dauert dabei zwar mehrere Stunden, dafür funktionierten diese Tags erstaunlich gut. Wir können je nach Tag-Komplexität subjektiv eine Trefferquote von 80 bis 95 Prozent attestieren. Wer nicht will, dass vielleicht eine Szene wegen einer vermeidlichen Verwakelung aussortiert wird, sollte daher dennoch noch mal von Hand die gesetzten Tags kontrollieren.

Audio
Während allerdings Corel und Sony auch in ihren Premium Versionen Audio-Editoren mitliefern, fehlt bei Premiere Elements ein solcher. Die integrierten Audiofilter sind dabei nur durchschnittlich einzustufen und durch die seltsame Eindeutschung auch nicht immer klar erkennbar. So bezeichnet z.B der Filter „Leitungsrauschen“ einen Brummfilter. Die samplegenaue Audiobearbeitung im Programm selbst ist nicht möglich. In diesem Bereich muss sich Premiere Elements allzu deutlich der Konkurrenz von Sony geschlagen geben.
BluRay
Beim BluRay-Export erlaubt Premiere Elements sogar das Erstellen von hochauflösenden Menüs. Direkt nach dem Export stürzte uns das Programm zwar mehrmals ab, hinterließ jedoch immer eine einwandfrei lesbare Scheibe. Was uns jedoch etwas irritierte, war die Tatsache dass Premiere bei 1080i50Hz-AVCHD-Material die Halbbildreihenfolge vertauschte. Trotz längerer Suche gelang es uns nicht dieses Exportverhalten umzustellen.
Fazit
Gegenüber der Vorgängerversion 4 hat Premiere Elements 7 einen wirklich großen und innovativen Sprung gemacht. Nicht nur, dass sich mit dem Tagging Clips nun wirklich leichter organisieren lassen. Auch bei der Performance macht das Programm einen riesigen Schritt nach vorne uns setzt sich an die Spitze aller 100 Euro Programme. Nahezu ruckelfreie AVCHD-Vorschau mit ein paar (zugegebenermaßen einfachen) Effekten und Titeln haben wir bis dato ohne Intermediate Codecs noch nicht erlebt. So gesehen hat Adobe gut daran getan mit der AVCHD-Intergration zu warten und diese (scheinbar auch für die GPU) zu optimieren. Nur bei der Stabilität hat das Programm wieder etwas nachgelassen, wobei sich die Abstürze für normales Arbeiten noch im Rahmen halten. Auch beim BluRay-Export patzt das Programm noch trotz guten Grundpotentials.