Nachdem Media Studio ja offiziell keinen Nachfolger mehr hat ist nun Corels Video Studio Pro X2 gleichzeitig das neue, alte Flaggschiff der ehemaligen Ulead Entwickler. Wie auch Pinnacles Studio 12 richtet sich dieses Programm vor allem an Einsteiger und hegt erst gar keine professionellen Ambitionen.

Zwar gibt es bis zu 7 Videospuren (+ 2 Titelspuren), jedoch bleiben die gebotenen Bearbeitungsmöglichkeiten auf Einsteiger-Niveau. Gegenüber dem Hauptkonkurrenten von Pinnacle gibt es allerdings mehr Filter und dafür weniger 3D-Effekte. Auffällig ist, wie detailliert sich manche Effekte justieren lassen. Aufgrund eines fehlenden Funktionsgrafen lässt sich der Parameterverlauf allerdings nicht so genau einstellen wie bei der Klassenreferenz Premiere Elements.

Oberfläche
Überhaupt hat sich gegenüber der Vorgänger-Version hat sich auf den ersten Blick wenig getan: Nach dem Start beansprucht das Programm nach wie vor den gesamten Desktop für sich. Alles oder nichts sozusagen. Immerhin lassen sich die einzelnen Fensterbereich innerhalb des Hauptfensters nun in der Größe variieren. Für eine Zweischirmlösung muss das Hauptfenster jedoch über beide Monitore wandern, was nicht sonderlich elegant gelöst ist. Auch lassen sich einzelne Fensterteile nicht aus dem Hauptfenster ablösen. Für die angepeilte Einsteiger-Zielgruppe ist dies jedoch sicherlich kein großes Problem. Die Bedienung des Programms ist dabei praktisch selbsterklärend, aber subjektiv gesehen nicht ganz so intuitiv wie Pinnacle Studio.

Überlappen sich beim Verschieben zwei Clips auf der Timeline, so wird automatisch eine Überblendung eingefügt. Und auch ein Trim-Fenster wie früher in Media-Studio ist nun vorhanden. Allerdings können von hier die getrimmten Clips nicht per Knopfdruck in die Timeline wandern, sondern verändern ihre Länge (nondestruktiv) im Medienarchiv.

Proxy-Bearbeitung
Solange man in Standard-Auflösung arbeitet, lässt sich Video Studio Pro X2 flüssig bedienen. Bei den Einstellungen des Projektes auf HD galt es erst dagegen erst einmal im wahrsten Sinne des Wortes nachzuhaken. Denn egal wie wir uns wandten und suchten, wir schafften es nicht in den Projekteinstellungen irgendeine MPEG2-HD-Einstellung zu bekommen. Die Lösung war der Proxy-Render. Dieses kleine Tool legt von hochauflösenden Videos, klein gerechnete Miniaturen auf der Festplatte ab. Mit diesen lässt sich dann beschleunigt in reduzierter Auflösung arbeiten. Jedoch können im Projekt bei aktiviertem Proxy-Render keine HD-Ausmaße eingestellt werden.
Nachdem wir den Proxy endlich deaktiviert hatten, wurde auch klar, warum dieser bereits vom Start weg eingeschaltet ist:
Video Studio Pro X2 ist nach wie vor der trägste Kandidat aller 100 Euro Schnittprogramme. Während Sony und Adobe bei AVCHD-Aufnahmen mittlerweile auf einem Quad-Core Prozessor eine ziemlich flüssige Wiedergabe erreichen und dazu noch alle Prozessoren ziemlich gleichmäßig ausgelastet werden, ruckelt und zuckelt es bei Corel mit AVCHD-Material schon extrem. Und auch bei der etwas weniger anspruchsvollen HDV-Bearbeitung kann schnell der Geduldsfaden reißen, wenn das Programm sich permanent Gedenkpausen gönnt und dadurch keine Reaktion mehr an den Tag legt. Hier sollte Corel in Zukunft seinen Entwicklerschweiß bündeln, denn momentan ist dieses Programm gegenüber allen Konkurrenten wirklich auffällig langsam.
Videopainting
Ein Alleinstellungsmerkmal unter allen Einsteigerprogrammen stellt das integrierte Malstudio dar. Hiermit lassen sich einfach mit der Maus Pinselstriche animieren, um z.B. Landkarten oder ähnliches mit Routen zu versehen. Die Bedienung ist dabei kinderleicht, allerdings erreicht der Funktionsumfang nicht den Umfang des früheren Videopaint Pakets aus Media Studio 7. Einzelbild Retouchen aus einer Videoaufnahme sind beispielsweise nicht möglich.

Extras
Durchaus praxistauglich sind auf jeden Fall die mitgelieferten Softwarepakete der Ultimate Edition (129 Euro statt 89 Euro): Steinbergs WaveLab LE 6 ist dabei ein potenter und bewährter Audio Editor, dem allerdings gerade zur Restaurierung keine besonderen Plugins für Entrauschen, Zischlaute oder andere Problemfälle mitgegeben wurden. Solche Filter lassen sich jedoch als VST-Plugins nachträglich einbinden. Corels WinDVD 9 Plus Blu-ray ist ein guter DVD- und Blu-Ray-Player und mittels DVD Copy 6 Plus lassen sich (nicht kopiergeschützte) DVDs schnell für mobile Geräte oder das Internet wandeln.
Beim Bluray-Export schlug sich Videostudio erstaunlich gut. Die Gestaltungsmöglichkeiten sind dabei zwar nicht sonderlich groß, da man sich in erster Linie auf die Vorlagen verlassen muss. Und auch die Erstellung dauerte deutlich länger als bei vielen Konkurrenten. Dafür brannte es eine komplette Disk mit Menü ohne Probleme oder vertauschte Halbbilder, die ohne Probleme in guter Qualität abspielbar war. Das ist heute noch keine Selbstverständlichkeit.
Fazit
Corel liefert mit Video Pro X2 kaum exklusive Gründe für den Kauf. Die Oberfläche mag für den blutigen Einsteiger noch am verständlichsten sein, sobald man jedoch hochauflösende Videoaufnahmen bearbeiten will, wird die Bedienung zum Geduldspiel. Aktuelle Konkurrenten liefern in dieser Preislage nicht nur mehr Performance sondern auch sondern meist auch mehr Funktionalität. Einzig die Videopaint-Funktionen kann kein anderes Programm in dieser Liga bieten.