Bei der EOS R8 spricht Canon selbst explizit davon, dass diese Kamera auf der Canon EOS R6 II basiert. Doch wie viel hat sie von deren heimlicher Cine-DNA geerbt?

Allzu viel "Cine" darf es bei Canon in der Hybridklasse selten sein. Und so kann die EOS R8 Mark II auch nicht in C4K sondern "nur" in 4K UHD mit 3840 Horizontalpixeln aufzeichnen. Doch dies immerhin mit bis zu 10 Bit in 4:2:2 Chroma Auflösung bei Bildraten bis zu 60p auf der SD-Speicherkarte - sofern man in C-Log 3 filmt. In allen 4K-Frameraten von 24-60p kann die volle 6K-Fullframe-Sensorbreite mit Oversampling genutzt werden. Alternativ kann man einen Crop-Modus und/oder auch Teile des Sensorands für eine zusätzliche digitale Stabilisierung nutzen.
Eine interne 1:1 6K-Aufzeichnung bietet die EOS R8 nicht. Auch ist (noch?) kein externes 6K RAW über HDMI spezifiziert worden. Die maximale Ausgabequalität über HDMI erzielt man über CLog3/HDR PQ bei YCbCr 4:2:2, 10-bit in einem 4K-Downscaling.
Rolling Shutter
Die neue Canon EOS R8 erzielte in unseren Messungen exakt die gleichen Werte wie die EOS R6 Mark II: Mit 24-30p haben wir in 4K UHD 17,1 Millisekunden gemessen. Mit 50p und 60p waren es sogar 15,6 Millisekunden, die Canon jedoch bei hohen Außentemperaturen mit einer Hitzewarnung abbrechen kann.
Weitere Unterschiede zwischen den Frameraten zeigen sich auch im gecroppten Modus und bei der Stabilisation. Wer den digitalen Stabilisator in seiner stärksten Form zuschaltet, erhält Auslesezeiten von 12 Millisekunden (24-30p) bzw. 10,8 Millisekunden (50-60p).
Das verkleinerte 3,7K Sensel Fenster des S35-Crops kann sogar in 10,7 ms (24-30p) bzw. 9,6 ms (50-60p) ausgelesen werden.
Das Debayering in 4K
Auch für das 4K-Debayering gilt prinzipiell das gleiche wie für die EOS R6 II: Der verbaute 6K-Sensor bietet auch in der Canon EOS R8 genügend Oversampling-Potential um ein einwandfreies Debayering zu liefern:

Ein nahezu perfektes 4K-Debayering und ohne relevante Artefakte sprechen für einen szenischen Einsatz der Kamera. Das Debayering bleibt dabei in allen 4K-Frameraten von 24-60fps gleich gut.
Die R8 bietet zwar keinen beweglichen Sensor, jedoch lässt sich im Videomodus ein zusätzlicher digitaler Video Stabilisator einschalten, der Randpixel zum Verwackelungsausgleich nutzen kann. Dem 4K-Debayering schadet dieser Crop selbst in der stärksten Einstellung ("Erweitert") relativ wenig:

Den 4K-Crop-Modus würden wir dagegen ohne triftigen Grund immer meiden, denn hier werden ca. 3,7K Sensel für eine 4K Aufzeichnung hochskaliert, was das 4K Debayering in der folge nicht sonderlich ansehnlich macht:

Digital "erweitert" stabilisiert, bleiben im Crop Modus dann praktisch gar keine Details mehr übrig:

Dynamik
Um einen vergleichbaren Eindruck von der Dynamik zu bekommen, richten wir unsere Testkasten-Szene mit festem Weißabgleich auf 3200K ein. Dann tasten wir uns mit Blende und Belichtungszeit an eine Einstellung heran, in der die Haut unseres Puppenkopfes nicht mehr clippt und definieren diese Einstellung als ETTR-0. Von dieser Einstellung aus blenden wir sukzessive in Schritten von ganzen Blendenstufen ab (primär über die Belichtungszeit und dann - falls anschließend noch weiter notwendig - über ND-Filter oder Blendenring.)
Die hierbei entstehenden Aufnahmen bilden eine Blendenreihe mit jeweils einer zusätzlichen Blendenstufe "Unterbelichtung". Diese Aufnahmen korrigieren wir in Blackmagic DaVinci Resolve wieder zurück auf die Helligkeitsverteilung der ETTR-0 Referenz und vergleichen diese Aufnahmen mit anderen Kameras.
In diesem Vergleich haben wir neben der Canon EOS R8 noch die EOS R6 Mark II und die "explizit cinematische" Schwester EOS C70 nebeneinander gestellt. Außerdem haben wir die Panasonic S5 II ins Feld aufgenommen, da diese gerade in diesem Preissegment den besten Mix aus Autofokus, Stabilisierung und Fullframe-Dynamik bietet. Allerdings beherrscht das Panasonic Modell bei voller Sensorauflösung keine Frameraten über 30p.
Erkenntnisse
* Trotz des kleineren S35-Sensors führt die Canon C70 weiterhin dieses Dynamiktestfeld an. Bei ETTR-8 zeigt die C70 noch das "brauchbarste" Auge, während die übrigen Vollformat-Modelle stärker abfallen. Die spezielle DGO-Technologie des C70 Sensors zeigt hier ein weiteres mal das hohe Dynamikpotential dieser speziellen Sensortechnik.
* Die Canon R8 besitzt trotzdem eine überraschend gute Dynamik, die sich bei interner 4:2:2 Aufzeichnung kaum von der R6 II oder der Panasonic S5 II unterscheidet.
* Gerade bei starkem Rauschen fällt auf, dass der Canon-Codec hier etwas weniger zur Blockbildung neigt als der Codec der Panasonic S5 II.
Fazit
Aus messtechnischer Sicht kann man Canon EOS R8 ein sehr gutes Sensor-Verhalten attestieren, sofern man bei der Aufzeichnung die Finger vom Crop-Modus lässt. Erfreulich ist zudem, dass die digitale Stabilisierung bei vollem Sensor Readout das 4K-Debayering kaum verschlechtert und somit eine bewegliche Lagerung des Sensors zumindest teilweise kompensieren kann. Da dies den Rolling Shutter zusätzlich auf 10,8-12 Millisekunden verkürzt, lässt sich dieser Modus nicht nur für das Filmen aus der Hand empfehlen.
Zusammen mit dem bewährten Dual Pixel Autofokus und der guten Dynamik stellt die R8 ein für Canon überraschend günstiges und zugleich wenig eingeschränktes Produkt für Filmer dar. Womit Canon preislich nun auch Kameras wie die die Blackmagic 6K Pocket Cinema Camera oder die Panasonic S5 II unter Druck setzt. Allerdings sollte man bei Canon auch die Preise für die zugehörigen RF-Optiken nicht aus dem Auge verlieren, die teilweise deutlich teurer als Konkurrenzprodukte angeboten werden.

Wir haben für diesen Test eine Kioxia Exceria Pro 256 GB SD-Speicherkarte verwendet, die im Zusammenspiel mit der Canon EOS R8 absolut unauffällig und problemlos funktionierte.