Beim Auspacken der WX7100 staunt man erst einmal wieder, wie schlank Grafikkarten auch heutzutage ausfallen können, wenn der Hersteller nur will. Die Radeon Pro WX7100 besetzt in der Breite nur einen Slot und besitzt dafür auch nur einen Lüfter. Das blaue Gehäuse verbreitet eine ziemlich edle Anmutung, wobei wir persönlich das Aussehen einer Grafikkarte für absolut irrelevant halten. Wer dagegen auf Computergehäuse mit Glas-Einsicht und Innenbeleuchtung steht sieht dies vielleicht anders und erfreut sich am kühl-eleganten Erscheinungsbild der Karte.

Wohl auch aufgrund der schmalen Bauweise gibt es einzig 4 Display-Port Anschlüsse an der Karte. HDMI- oder DVI-Anschlussmöglichkeiten sind nicht vorhanden und SDI - wie früher bei vereinzelten FirePro Sondermodellen zu finden - wurde auch nicht mehr implementiert (ist aber noch in der Treibern zu finden).
Dünn = laut
Der wahre Preis für das schlanke Gehäuse ist jedoch die Geräuschkulisse. Das Einlüfter-Design wird deutlich hörbar, wenn man die Karte in Resolve über 30 Sekunden an ihrem Rechenlimit betreibt. Der ansonsten kaum wahrnehmbare Lüfter röhrt dann merklich auf. Immerhin wurden wir vom Spulenrasseln verschont.
Unter Dauerlast taktete die WX7100 nach einer halben Stunde statt mit typischen 1200 MHz nur noch mit durchschnittlich 1.120 MHz, was einen leichten Rückgang der Render-Wiedergabe auf 14 statt 15 fps bedeutete. Nach so einer extremen Dauerbelastung dauert es dann auch rund 3 Minuten bis wieder angenehme Ruhe einkehrt. Instabil wurde die Karte jedoch zu keiner Zeit.
Dies führt uns zu einer grundsätzlichen Frage, was sich die Hersteller eigentlich unter einer Workstation GPU genau vorstellen. Nach unserem Verständnis steht - im Gegensatz zu einem Server-Einsatz - eine Workstation in der Regel in der Nähe des Arbeitsplatzes und wird dort meistens oft für längere Zeit am Limit genutzt. (Weshalb sollte man sonst in eine spezielle und teure GPU investieren?). Dass die meisten Workstation-GPUs nun unter Dauerlast deutlich lauter werden, als die meisten Gamer-Karten mit vergleichbarer Leistung will uns nicht einleuchten. Es sei denn, man assoziert mit "lauter" auch professioneller, quasi wie beim Rennsport.
Der Platz-Vorteil gegenüber besser gekühlten Karten, die hierfür fast immer zwei PCI-Steckplätze beanspruchen ist gerade in Workstations in der Regel auch nicht relevant. Denn dort steht meistens sowie genügend Platz für breite Doppelslot-Karten zur Verfügung. Nur wenn man in seinem Rechner tatsächlich jeden Slot nutzen will, macht eine Ein-Slot-Lösung Sinn, jedoch scheitert eine sinnvolle Bestückung mit sehr vielen GPUs dann meist eher am Flaschenhals der verfügbaren PCI-Lanes.
Weitere Pro-Vorteile?
Auch die weiteren Vorteile gegenüber den sehr bauähnlichen Consumer-Modellen mit Polaris Chipsatz halten sich für Videobearbeiter in starken Grenzen. Hauptvorteil von Worktstation GPUs sind in der Regel die zertifizierten und teilweise auch für Spezialsoftware optimierten Treiber. Doch weder für Resolve noch für andere Schnittprogramme bietet AMD entsprechende Spezial-Treiber an. Es gibt daher in dieser Hinsicht schlichtweg keinen Vorteil gegenüber einer Consumer Karte wie der RX480/580. Der Treiber selbst bot in unserem Fall einzig Profile für Fusion und Assimilate Scratch an, was sich jedoch nur auf die OpenGL-Unterstützung bei der Darstellung auswirkt. Auch die beworbene 10 Bit Ausgabe funktioniert unter Resolve nicht, da hierfür eine separate Vorschau-Karte von Blackmagic erforderlich ist.
Üblicherweise besitzen Workstation GPUs auch deutlich mehr RAM als ihre Consumer-Ableger, doch nicht einmal das ist bei der WX7100 der Fall. Wie auch die RX480/580 stehen hier maximal 8 GB zur Verfügung. Erst bei der gerade angekündigten zweiten Version der Radeon Pro Duo steht mit 2 x 16 GB RAM für 1.000 Euro ein waschechter Vorteil im Raum. Diese Karte dürfte auch aufgrund der Doppel GPU (die man im Consumer-Segment aktuell gar nicht kaufen kann) für Resolve Anwender deutlich spannender sein. Aber bislang gibt es die Karte noch nicht einmal als Presse-Sample.
Gerade im professionellen Umfeld sieht man auch gerne längere Garantiezeiten. Über eine kostenlose Registrierung lässt sich die Garantie der WX7100 auf bis zu 10 Jahre verlängern. Bei einem Preis von fast 700 Euro und den gerade rasanten GPU-Entwicklungen dürfte der schnelle Wertverfall von GPUs jedoch auch diesen Vorteil in den meisten Fällen stark relativieren.
In der Praxis
Noch gibt es keine finale Resolve 14 Version, jedoch konnten wir die Karte schon einmal nutzen, um erste Vergleichswerte unter der neuen Beta-Version zu sammeln. Wir haben unsere Benchmark-Zeiten unter den beiden ersten Beta-Versionen gemessen und können an dieser Stelle gleich anmerken, dass sich diese in der Geschwindigkeit bei uns nicht unterscheiden.
Was man jedoch recht deutlich sieht ist der Performance-Sprung zwischen der letzten Version 12.5 und der aktuellen Beta:
GPU | TFlops ca. | Preis ca. (April 2017) | Max Num Curved Nodes Full 24p Playback | Motion Blur Better, Large, 30.0 | Spatial NR, small, 50, 50 | Spatial NR, small, 100, 100 | Temp NR 1 Faster Small 50 50 50 | Temp NR 2 better large 50 50 50 |
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AMD RX480 8GB Resolve 12.5 | 5,7 | 230 Euro | 17 | 7,5 | 22 | 7,75 | 11,75 | 6 |
GTX1070 8GB Resolve 12.5 | 6,5 | 390 Euro | 18 | 10,25 | 21 | 7,5 | 16,75 | 8 |
AMD WX7100 Resolve 14 Beta | 5,7 | 690 Euro | 40 | 18 | 24 | 10 | 24 | 14,5 |
GTX1070 8GB Resolve 14 Beta | 6,5 | 390 Euro | 49 | 22 | 24 | 8,5 | 24 | 16,75 |
Alle Benchmarks mit Version 12.5 oder Version 14 Beta1 von DaVinci Resolve Studio
Alle Werte stellen die Wiedergabe in fps dar, bis auf "Max Num Curved Nodes" (=Anzahl der maximalen Nodes bei ruckelfreier 24p-Wiedergabe).
Da die WX7100 in der Rechenleistung kaum von einer AMD RX480/580 zu unterscheiden ist, deutet sich auch hier schön an, wie stark die Leistung der Polaris-GPU unter der neuen Version 14 von Resolve ansteigt. Die durchschnittliche Leistung der WX7100/RX480 liegt nach wie vor knapp unter einer GTX 1070, egal welche Resolve-Version man zur Betrachtung heranzieht. Im Umkehrschluss zeigt sich damit auch, dass die RX480/580 mit 8GB wohl nach wie vor eine gute Wahl bezüglich Preis/Leistung unter Resolve 14 darstellen dürfte.
Stabilität
Die Angst vor schlechten AMD Treibern können wir nicht anfeuern. So lief die Karte bei uns absolut rund ohne Abstürze und stand unseren typischen Nvidia-Erfahrungen in keinster Weise nach. Außer beim Zusammenspiel mit Adobe, wo jedoch schon seit geraumer Zeit der Wurm drin zu sein scheint.
Denn hier hat sich in den letzten Versionen ein Bug eingeschlichen, der die OpenCL-Beschleunigung in den Adobe Videoprodukten nicht mehr aktivierbar macht. Wer sich dazu informieren will, findet hier im Google Cache eine Beschreibung des Problems, ohne sich im Adobe Forum anmelden zu müssen. Der schwarze Peter dürfte hier ziemlich sicher bei Adobe zu suchen sein, denn egal mit welcher Treiber-Version spielt die Karte mit früheren Versionen von Premiere oder After Effects problemlos zusammen. Der GPU Snifffer von Adobe erkennt keine Fehler, allerdings taucht die Karte noch nicht in der Liste der von Adobe zertifizierten GPUs auf. Diese Liste hat allerdings trotz Stand vom 27.April 2017 fast keine zeitgemäßen GPUs für PCs gelistet.
Leider musste uns die WX7100 auch schnell schon wieder verlassen, ohne dass wir für dieses Problem eine Lösung finden konnten. Die AMD-Karte wurde uns jedoch noch einmal für ein größeres Testfeld zugesagt, in dem wir mehrere Karten unter der finalen Version von Resolve 14 betrachten wollen. Dann werden wir auch nochmal einen Blick auf die Adobe Problematik werfen können.
Fazit
Die WX7100 zeigt vor allem eines: Man kann auch ein stabiles Resolve-System mit einer AMD-Grafikkarte zusammenstellen. Im Vergleich mit anderen typischen Workstation GPUs mag die Radeon Pro WX7100 auch relativ gut da stehen, doch der Aufpreis der Karte gegenüber der Consumer-Version RX480/580 ist für DaVinci Resolve oder andere Videoapplikationen dagegen kaum zu rechtfertigen. Denn es gibt schlichtweg keine zertifizierten Radeon Pro Treiber für Videoschnitt-Programme. Das Ein-Slot-Design der WX7100 könnte vielleicht in recht engen Gehäusen von Nutzen sein und im individuellen Fall dann tatsächlich den Aufpreis rechtfertigen. Ansonsten belegt der Blick auf die Rechenleistung vor allem, dass die Consumer-Geschwister RX480/580 aktuell als günstige Resolve GPUs ein tolles Preis-Leistungs-Verhältnis bieten.