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Hochauflösend in die Zukunft: HDV

Mit der IBC kam die Katze aus dem Sack gesprungen: Sony hat letztes Jahr den ersten Consumer-HDV-Camcorder auf den europäischen Markt gebracht. Wir zeigen, wohin die HD-Reise geht und was die wirklichen Stärken und Schwächen des neuen Formats sind.

// 18:46 Mo, 17. Jan 2005von

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Mit der IBC kam die Katze aus dem Sack gesprungen: Sony hat letztes Jahr den ersten Consumer-HDV-Camcorder auf den europäischen Markt gebracht. Wir zeigen, wohin die HD-Reise geht und was die wirklichen Stärken und Schwächen des neuen Formats sind.



Außerhalb Europas ist die Umstellung auf hochauflösende Fernsehformate (HDTV) bereits voll im Gange. In Japan gibt es bereits acht Sender, die rund um die Uhr HD-Material ausstrahlen. Und auch in Amerika senden bereits viele Stationen zumindest zeitweise mit erhöhter Auflösung. In Europa gibt es dagegen erst einen HD-Satelliten-Sparten-Kanal (Euro1080).



Immerhin findet in Deutschland praktisch überall momentan eine Umstellung auf digitales Fernsehen (kurz DTV) statt. Dadurch ist es möglich, auf einem analogen Kanal bis zu fünf digitale Programme zu übertragen. Der Schritt zu HD-TV ist dann nicht mehr weit: Denn wenn einmal digital gesendet wird, können über diesen Distributionskanal auch hochauflösende Filme übertragen werden.






Neue Geräte

Neben einem digitalen Empfangsgerät (eine so genannte Set-Top-Box) benötigt man dafür allerdings auch einen neuen Fernseher. Denn die hierzulande üblichen PAL-Geräte können nur maximal 768 x 576 Bildpunkte darstellen. HDTV unterstützt dagegen Bildauflösungen von bis zu 1920 x 1080 Punkten. Dies äußerst sich in einer deutlich höheren Schärfe der Bilder. Selbst bei Projektionsgrößen von 5m oder mehr ist HD kaum noch von einer Kinoprojektion zu unterscheiden.







HDV-Fernseher?

Falls Sie gerade sowieso mit dem Gedanken spielen, sich einen neuen Großbild-Fernseher zuzulegen, sollten Sie bei Ihrer Auswahl besonders genau hinsehen. Denn obwohl alle neuen HD-Formate auf ein Bildverhältnis von 16:9 ausgelegt sind, gilt noch nicht der Umkehrschluss: Fast kein aktueller 16:9-Fernseher ist voll HD tauglich, wie leider immer noch viele Konsumenten glauben (und was entsprechend oft von der Werbung suggeriert wird). So bieten nach wie vor die wenigsten Plasma-Displays eine echte physikalische Auflösung von 1920 x 1080 Punkten. Die meisten Modelle schaffen gerade einmal eine optische Auflösung von horizontal 1300 Pixel. Ältere Auslaufmodelle, die momentan in bezahlbare Regionen kommen, liegen mit knapp 800 Bildunkten sogar noch deutlich darunter. Die Schärfe eines zukünftigen HD-Films mit 1920 horizontalen Bildpunkten wird ein solches Modell niemals darstellen können.




Bei uns kommt HDTV bisher noch nicht in die Gänge, weil es praktisch keine HD-fähigen Endgeräte gibt, um solche Programme überhaupt empfangen zu können. Der momentan einzig bezahlbare Weg geht dabei über einen leistungsfähigen PC mit einer entsprechenden DVB-Tuner-Karte und einem HD-Software-Codec. Auf diese Weise lässt sich dann immerhin das HD-Bild auf einem Computermonitor in voller Auflösung anzeigen.



Mit einer HDTV-fähigen Tuner-Karte wie der Technisat Skystar 2 (für ca. 60 Euro) lässt sich kostengünstig am PC hochauflösend fernsehen
Mit einer HDTV-fähigen Tuner-Karte wie der Technisat Skystar 2 (für ca. 60 Euro) lässt sich kostengünstig am PC hochauflösend fernsehen




Doch auf der Produktionsseite verursacht die Umstellung auf HD enorme Kosten. Professionelle HD-Camcorder kosten deutlich mehr als die bisher üblichen SD-Modelle. Und die Umrüstung professioneller Schnittsysteme war bisher ebenfalls eine kostspielige Angelegenheit. Dies liegt unter anderem daran, dass viele Produktionssysteme auf spezieller Hardware basieren, die komplett ausgetauscht werden muss. Da ein HD-Videobild vier bis fünf Mal mehr Information in sich trägt, muss man auch mit weitaus größeren Datenmengen hantieren, was in vielen Sendern eine komplett neue Infrastruktur erfordert.



Doch mit dem neuen HDV-Format könnte sich eine neue Revolution anbahnen, die -ähnlich wie seinerzeit DV- plötzlich deutlich günstigere Produktionformen ermöglicht. Denn HDV basiert einerseits auf der bereits eingeführten DV-Kasetten-Technologie. Diese hat sich bereits seit 8 Jahren bewährt und ist mittlerweile günstig zu fertigen. Dank großen Fortschritten in der Kompressionstechnologie werden diese Kasetten bei HDV jedoch nun im MPEG-2-Format beschrieben. Dadurch können bei der selben Datenrate von 25 Mbit/s nun auch hochauflösende Videobilder mit bis zu 1440 x 1080 Pixel aufgezeichnet werden (sog. MP@H-14-Format).



Natürlich wirft dies zuallererst Fragen über die erzielte Qualität auf. Reichen 25 Mbit/s wirklich aus, um auch komplexe Bewegungen und detailreiche Bilder ohne sichtbare Artefakte aufzuzeichnen? Wagen wir zuerst einen Rückblick, bevor wir auf diese Frage näher eingehen.






DV Historie

Bei der Einführung des DV-Formates im Jahre 1995 stellten sich die Hersteller selber ein Bein. Gegenüber professionellen Video-Systemen wie DigiBeta reduzierten Sie die Farbauflösung und dachten, dass bei einer Kompression von 5:1 das Format für professionelle Anwendungsfälle nicht mehr sonderlich interessant sein würde. Doch die Qualität erwies sich nach wie vor für viele Sender als ansprechend genug, weshalb MiniDV schon kurze Zeit später auch im profesionellen Fernseh-Umfeld eingesetzt wurde.


Es ist jedoch nicht anzunehmen, dass die Hersteller diese Tatsache im Nachhinein allzu sehr bereuen. Denn durch professionelle Ausführungen ihrer MiniDV-Modelle (i.e. DVCam und DVCPro) ließ sich in den letzten Jahren sicherlich auch gutes Geld verdienen. Auf der anderen Seite soll HDV natürlich nicht die Verkäufe der HD-Profisysteme wie DVCPro100 oder Sony HDCam zu stark kannibalisieren. Deshalb wurde auch das HDV-Format wieder an vielen Stellen „zurechtgestutzt“, um es für professionelle Anwendungen nicht zu interessant werden zu lassen.






HDV contra HD(TV)

Die wichtigsten Unterschiede wollen daher einmal näher analysieren:



1.HDV zeichnet im höchsten Qualitätsmodus nur 1440 x 1080 Pixel auf. Gegenüber den „echten“ 1920 x 1080 Pixel von HDTV, gibt es also einen horizontalen Auflösungsverlust von ca. 25 Prozent. Wie schon bei der echten 16:9-Aufnhame im DV-Format werden die Pixel nichtquadratisch (non-square) aufgezeichnet und später entzerrt, damit das Seitenverhältnis von 16:9 korrekt erhalten bleibt. In der Praxis dürfte dieser Schärfeverlust jedoch nicht sonderlich ins Gewicht fallen. Nur auf entsprechenden Profigeräten dürften geschulte Augen einen Unterschied erkennen können. Viel deutlicher werden dagegen die Optiken der günstigeren HDV-Modelle die Bildqualität limitieren.


2.Im höchsten Qualitätsmodus (1440 x 1080 Pixel) gibt es in der HDV-Spezifikation keinen Progressive-Modus. Es kann also nur interlaced aufgezeichnet werden. Da gerade diese Auflösung jedoch für viele Independent-Filmer am interessantesten sein dürfte, verhindert dies auf den ersten Blick den Einsatz bei Low-Budget-Film-Produktionen. Schließlich will man auf der Leinwand ja keine Interlaced-Kämme sehen. Doch auch dieses Problem lässt sich umgehen: Zum einen werden in Zukunft viele Kinos auch digital projizieren können. Es ist zu erwarten, dass entsprechende Beamer auch HD-Interlaced-Video unterstützen werden. Zum anderen gibt es mittlerweile eine Reihe guter Software-Filter, die Interlaced-Video in Vollbilder umwandeln, ohne allzu viel Schärfe aus dem Bild zu nehmen.


3.Das größte Problem dürfte dagegen die starke Kompression des HDV-Formates sein. Denn gegenüber MiniDV werden aufgenommene Bilder nicht mehr einzeln aufgezeichnet. Stattdessen werden mehrere Bilder zusammengefasst und nur die Unterschiede zwischen den Bildern gespeichert (sog. IBP-GOP-Struktur). Gerade wenn man in der Nachbearbeitung eine Farbkorrektur durchführen will, können hier schnell Kompressionsartefakte zum Vorschein kommen, da bei dieser Form der MPEG-2 Aufzeichnung viel Information wegrationalisiert wird, die bei der Aufnahme für das Auge überflüssig erscheint.


4.Unterstützt wird diese Problem durch die schon bedenklich niedrige Datenrate von maximal 25 Mbit. Diese HDV-Datenrate entspricht genau der Datenrate von MiniDV, jedoch müssen darin vier mal mehr Bildinformation übertragen werden. Wie stark sich dies in der Praxis auswirken wird, bleibt abzuwarten. Betrachtet man die Profisysteme HDCAM oder DVCPro HD, so bieten diese bei Datenraten zwischen 100 und 140 Mbit/s und einer echten Einzelbildaufzeichnung (I-Frame-Only) deutlich mehr Qualitätsspielraum.



Jedoch sollte man die Qualität von HDV nicht von vorneherein als grundsätzlich schlecht abschreiben. Eine Daumenregel aus dem Broadcast Bereich besagt, dass eine effektive IBP-Kompression mit 25 Mbit/s ungefähr einer IFrame-Only Datenrate von 60 Mbit/s entspricht. Eine ähnliche Problematik findet sich ja bereits bei dem Vergleich mit DVD-Camcordern. Diese zeichnen im höchsten Qualitätsmodus ebenfalls nur mit ca. 8 Mbit ein PAL-Signal als IBP-MPEG2-Strom auf. Dies entspricht ungefähr einem drittel der DV-Datenrate und lässt bei guten Aufnahmen kaum einen einen Unterschied zu gleichwertig ausgestatteten DV-Camcordern sichtbar werden. Bei sorgfältig ausgeleuchteten Bildern besteht also die Chance, dass sich die HDV-MPEG2-Artefakte auch bei schnellen Bewegungen in Grenzen halten werden. Jedoch lässt sich über all dies momentan nur spekulieren, da wir noch keine Serienmodelle zum Test in der Redaktion hatten und die bisher veröffentlichten Erfahrungen im Netz sehr unterschiedlich ausfallen (Von euphorisch bis vernichtend).








Leichter Schnitt

Und auch beim Schnitt bringt das neue HDV-Format einige Vorteile mit sich. Als Übertragungsweg wurde das bereits weit verbreitete Firewire-Interface gewählt. Zwar sind die zu übertragenden Datenströme nicht zu DV kompatibel, dafür benötigt man für ein Schnittsystem keine besondere Hardware. Im besten Fall genügt ein einfaches Software-Update, um HDV schneiden zu können. Und trotz der vierfachen Bildgröße müssen auch keine größeren Festplatten angeschafft werden, da eine Stunde HDV-Video (wie auch DV) nur ca. 13 GB Festplattenplatz verbraucht. In der Praxis dürfte jedoch ein leistungsstarker Rechner eine große Hilfe darstellen. Denn für die Erzeugung von HD-Effekten benötigt man die vierfache Rechenleistung gegenüber normaler PAL-Auflösung.






Ausblick

Sollte die Bildqualität trotz der genannten Einschränkungen stimmen, wird mit Sonys neuem HDV-Modell sicherlich ein neues Zeitalter eingeläutet. Auch ohne einen eigenen HDTV-Fernseher im Wohnzimmer sprechen bereits viele Gründe für das neue Format. Wer beispielsweise plant, mit Video für die große Leinwand zu produzieren, der bekommt mit dem ersten HDV-Camcorder durchaus ein Instrument in die Hand, um gegenüber DV (oder sogar DigiBeta) mit deutlich höherer Schärfe zu produzieren. Solche Anwender dürfte ein Einstiegspreis um die 3000 Euro auch nicht abschrecken, denn 35mm-Material ist noch um einiges teurer.


Dazu sollte man nicht vergessen, dass man mit einer HDV-Kamera auch einen guten DV-Camcorder mitgeliefert bekommt. So lässt sich beispielsweise schon heute auf HDV aquirieren, und dennoch das Material vorerst als DV bearbeiten. Auch unter dem Aspekt der Zukunftssicherheit ist HDV daher sicherlich eine Überlegung wert.


Wie sich das Format tatsächlich in der Nachbearbeitung verhält (Stichwort Farbkorrektur, Effekte und Kompatibilität) wird sich sicherlich in der nächsten Zeit zeigen.


Sollte es hier zu gravierenden Einschränkungen durch die starke Kompression kommen, kann man immer noch auf die Konkurrenz hoffen. Denn es ist durchaus möglich, dass Panasonic die Gunst der Stunde nutzt, um mit einem weniger „limitierten“ HD-Consumer-Format dagegen zu halten. Die Revolution ist zwar da, aber noch lange nicht entschieden...




In der Vergrößerung ist klar der Unterschied zwischen DV (links) und HDV (rechts) zu erkennen
In der Vergrößerung ist klar der Unterschied zwischen DV (links) und HDV (rechts) zu erkennen





HDV – Hintergrund

Im Oktober 2003 einigten sich JVC, Canon, Sharp und Sony auf das HDV-Videoformat, welches als gemeinsamer Standard für digitale Consumer-Camcorder mit HDTV-Auflösung verwendet werden soll. Die Aufzeichnung erfolgt dabei auf normalen MiniDV-Tapes mit MPEG2-Kompression und einer Bitrate von 19 oder 25 Mbps (720i/p bzw 1080i). Es sieht nur Aufnahmen im 16:9-Format möglich. Eigene 4:3-Formate gibt es nicht. HDV ist dabei nur als HDTV-Camcorder-Standard gedacht und soll nicht in digitalen Heimvideorekordern oder ähnlichem zum Einsatz kommen. Besonders bemerkenswert ist dabei, dass sich die Bildformate zwischen den ehemaligen PAL- und NTSC-Ländern in der Auflösung nicht mehr unterscheiden. Wohl aber in der Bildwiederholrate: HDV sieht sowohl die progressive Aufzeichnung mit 30 und 60 Hz als auch mit 25 und 50 Hz vor. Bei 1080 Zeilen sind mit 50 und 60 Hz ausschließlich Interlaced-Aufnahmen spezifiziert. Es ist davon auszugehen, dass jedes Wiedergabegerät in jedem Land sowohl 25/50Hz als auch 50/60Hz unterstützen wird. Für die Camcorder scheint dies jedoch nicht der Fall zu sein. Da bei weniger Bildern pro Sekunde bei gleicher Datenrate mehr Speicherplatz für ein einzelnes Bild zur Verfügung steht, dürfte die Bildqualität bei europäischen 25/50Hz-Modellen subjektiv (und natürlich erst einmal theoretisch) etwas besser ausfallen. Zumal Aufnahmen mit 50 Halbbildern näher am beliebten 24p-Look liegen, der für HDV-Camcordern nicht vorgesehen ist. Es kann daher durchaus sein, dass viele amerikanischen Independent-Filmer sich eher für unsere europäischen Modelle begeistern werden.






Technische Daten HDV

Videoformat720/60p, 720/30p720/50p, 720/25p1080/60i, 1080/50i
Auflösung1280 X 7201280 X 7201440 X 1080
Bitrate19Mbps19Mbps25Mbps
Kontrastauflösung8 Bit
Chroma-Auflösung4:2:0
Bild-Seitenverhältnis16:9
KompressionMPEG2 Video (MP@H-14)
AudioMPEG1 Audio Layer II mit 48 kHz und 16 Bit
VideoübertragungIEEE1394/Firewire nach dem MPEG2-TS -Protokoll




HDV – Wer macht mit?

Neben den großen Camcorder-Herstellern Canon, JVC, Sharp und Sony benötigt ein neues Format natürlich auch jede Menge Unterstützung aus der Software-Branche, um sich auf dem Markt durchzusetzen. Folgene Hersteller haben bereits Ihre Unterstützung für HDV angekündigt:



Adobe


Ahead


Apple


Avid


Canopus


CineForm


CyberLink


MAGIX


MainConcept


Matrox


PEGASYS


Pinnacle Systems


Sigma Designs, Inc.


Sony / Vegas


Ulead Systems, Inc.



Interessant ist übrigens, dass sich bisher weder Panasonic noch Samsung zu HDV „bekannt“ haben. Es gilt als gesichert, dass Panasonic auch im Consumer-Bereich ein eigenes HD-Format auf Basis von Flash-Speicherkarten einführen will. Nähere Details über Datenraten etc. sind jedoch noch nicht bekannt. Samsung scheint dagegen erst einmal abwarten zu wollen, bis sich ein lukrativer Massenmarkt entwickelt hat.





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