Die gute Projektion

// Du hattest ja gesagt, eine gute Projektion sei eine Sache der Ehre. Was macht denn eine gute Projektion aus?



Kino muß einfach schön sein, das Bild muß scharf sein, gut kaschiert, von der Helligkeit stimmen. Das ist mit Beamern kaum zu machen, auch wenn es da verschiedene gibt. LCD-Beamer können zum Beispiel gar kein schwarz, sondern nur Grautöne wiedergeben. DLP-Beamer sind da schon besser, da sie mit einem RGB-Rad arbeiten. Hier kann es bei manchen Menschen wiederum passieren, daß sie Farbblitze sehen. Das darf natürlich nicht sein. Nur bei teuren Geräten, die ein 5-fach Rad haben, kann man davor sicher sein.


Und schönes Kino auf Air-Screens beispielsweise geht auch kaum. Ich hatte das ein Jahr zum Test.



Der Air-Screen, die Hüpfburg des Kinos
Der Air-Screen, die Hüpfburg des Kinos


// Was sind Air-Screens?



Das ist im Gegensatz zu einer richtigen, gespannten Leinwand, die an einem Rahmen hängt, eine ausblasbare Leinwand. Ungefähr wie ein Ballon, wo Kompressoren Luft reinblasen, die hört man übrigens. Eine Hüpfburg als Leinwand also, und riesengroß. Die wird natürlich durch Wind bewegt. Aus Sicherheitsgründen muß die ab einer bestimmten Windstärke auch einknicken können. Insgesamt merkt man immer eine leichte Bewegung und es ist schwierig, das Bild mittig zu halten. Keine schöne Projektion also, aber immerhin noch Kino. Wenn das dann auch noch mit einem Beamer gemacht wird...



// Was kann man noch beim Filmvorführen falsch machen?



Der Aktwechsel muß funktionieren. Filme werden ja in der Regel in 5 Akten gezeigt, das sind verschiedene Rollen, die aneinander gekoppelt, sprich geklebt werden. Das macht der Vorführer. Oder du hast zwei Projektoren, so daß du immer zwischen den Akten überblenden kannst. Letzteres ist natürlich filmschonender, denn der Film muß an den Koppelstellen ja nachher immer wieder auseinander geschnitten werden. Und das Kleben muß immer ganz exakt gemacht werden -- wenn man das ein bißchen schief macht, oder vom einen zuviel abgeschnitten wurde, das sieht man dann.



// Und beim Projektorenwechsel, das sieht man nicht?



Nur, wenn was schief geht.



Eine andere Sache ist Unschärfe oder Schatten in den Bildecken, wenn die Lampe im Projektor zu alt ist. Eigentlich muß man die nach 1000 Stunden austauschen, sonst kann sie explodieren, aber die Lampe kostet für einen 35mm Projektor ca. 600 Euro...


Wenn man du die Lampe austauscht trägst Du eine Gesichtsmaske, Lederschürze und Hals- und Armschutz, denn die Lampe kann beim Ausbauen immer noch explodieren. Das sind Unterdrucklampen, das gibt Millionen von kleinen Glassplittern. Das Lampenhaus ist meist der größte Teil vom Projektor, und muß immer geschlossen sein, wegen der Betriebssicherheit.


Bei uns ist einmal die Lampe explodiert, aber zum Glück ist der Vorführerin nichts passiert, weil sie etwas weiter weg war. Ich mußte allerdings 280 Leute nach hause schicken...



// All diese technischen Sachen sind aber eher Aufgaben der Vorführer, oder?



Ja. Viele Vorführer interessieren sich eigentlich gar nicht so für Film. Das ist ein Phänomen. Viele, die ich kenne, gehen auch nicht ins Kino. Die interessieren sich für die Technik. Ich habe festgestellt, daß die wenigsten wirklich wissen, was es so für Filme gibt. Die haben meist Sparteninteressen -- einige stehen beispielsweise voll auf Trash, basteln Splatter-Loops aus einzelnen Szenen und so. Und dann gibt es die, die das Material schätzen und die Idee von Kino als Kino, mit bewegten Bildern. Da fällt mir ein, eigentlich hätte ich mein Malteserkreuz mitbringen sollen...



Bedrohte Spezies: der analoge Filmprojektor
Bedrohte Spezies: der analoge Filmprojektor




// Erklär mal kurz was das ist.



Das Malteserkreuz sieht in der Form dem Ordenszeichen der Malteserritter ähnlich und ist das Herzstück des Kinos. Ohne Malteserkreuz kein Film. Wenn der Film mit seinen 24 Bildern pro Sekunde durch den Projektor rattert muß man das in eine ruckartige Bewegung umsetzen, sodaß jedes Bild einen Bruchteil einer Sekunde stehenbleibt. Das Malteserkreuz als Spezialgetriebe gibt sozusagen den Takt vor.



// Und sowas hat jede Kinobetreiberin zuhause hängen?



Naja. Ich habe mal von meiner Filmvorführerin, die 30 Jahre lang im Babylon-Kino Filme vorgeführt hat, ein selbstgebasteltes als Geschenk bekommen. Das kann man zwar nicht verwenden, aber so als Symbol..



// Ein typisch analoges Ding..



Ja, das ist alles analog, das ist auch die Liebe dazu. Diese Filmvorführerin hat zum Beispiel auch einen Film mit einem Kinoprojektor gedreht.



// Das geht?



Klar. Einfach unbelichtetes Filmmaterial nehmen und – wie in diesem Fall zum Beispiel – die Einfahrt eines Zuges nachstellen, so vor dem Objektiv, Lochkamera-Technik sozusagen. Sowas machen Filmvorführer...



// Aber das stirbt dann doch auch aus, oder -- ich meine, wo ist der Spaß bei digitaler Projektion?



Ja, das ist eher öde und glanzlos... Die Filmvorführer haben es sowieso nicht so leicht. Erstens ist der Job schlecht bezahlt. Zweitens hast du praktisch überhaupt keine Aufstiegsmöglichkeiten, es sei denn du hast irgendwann mal dein eigenes Kino. Und wenn jetzt noch alles digital wird braucht man für den Spielbetrieb auch wesentlich weniger Vorführer bzw. gar keine mehr. Heute in den Multiplexen mußt du ja schon eher Systemtechniker sein und mit Computern gut umgehen können. Das findet kein Vorführer toll.



// Wenn die zum Spaß Maltheserkreuze selber basteln, kein Wunder...



Das ist ja auch sonst was vollkommen anders. Bei einem analogem Projektor hast du bestimmte Dinge, die du selber warten kannst, du hast bestimmte Probleme, die auftauchen können, die du dann mechanisch beheben kannst. Wenn du gut bist, dann kannst du das ganz schnell. Wenn der Film ein bißchen aus der Spur geht und der Ton anfängt zu knattern beispielsweise. Wenn beim digitalen ein Problem ist mit dem Ton, dann ist der einfach weg, da kannst du dann gar nichts machen. Digitale Sachen sind störanfällig, und “digitale Filmrisse” sind alles andere als schön, wenn der Server aussteigt zB. Da laufen bei größeren Kinos in der Regel sogar zwei Projektoren nebeneinander, als Backup..



// Wenn man an den analogen Systemen so viel schrauben kann, dann kommt es doch aber auch viel mehr darauf an, wie gut man ist.



Klar. Es ist zum Beispiel normal, daß eine Maschine etwas Öl verliert, aber ein Projektor sollte nie an der Stelle lecken, wo der Film langläuft, sonst wird jeder Film verölt. Das muß man als Vorführer dann merken. Und wenn die Maschine gereinigt wird, muß man das auch so machen, daß keine Rückstände bleiben.


Schlecht gespulte Filme sind ein häufiges Problem, wo dann die Perforation geknickt ist, oder reißt oder so. Wenn die Perforation auf anderthalb Meter geknickt ist oder zerfetzt, dann läuft der Film nicht mehr über die Spulen, sondern entgleist sozusagen.


Aber Filmrisse gibt es heute ja eigentlich gar nicht mehr, weil das Material ein ganz anderes ist als früher. Bevor du heute einen waschechten Filmriß hinbekommst, hebt es eher die Maschine aus den Angeln, wenn der Film sich falsch aufwickelt. Das passiert aber natürlich nur äußerst selten.


Dann sind die ganzen sehr alten Projektoren ein Problem. Es gibt ja viele kleinere Programmkinos, die haben noch Projektoren aus den 30er Jahren, wo manche Sachen nicht mehr so funktionieren. Und wenn zB. die Blende nicht ganz richtig funktioniert, sodaß zu lange Licht auf den Film kommt, dann brennt der durch. Das kann richtig gefährlich werden. Die ersten Ladenkinos mußten deshalb immer ein Fenster zur Straße haben im Vorführraum.



// Damit die Vorführer da rausspringen können?



Nein, um die Filmrollen rauszuschmeißen. Weil löschen kannst du das nicht, wenn das Plastik brennt. Daher liefen bei den alten Projektoren die Filme auch in Metallkassetten, weil wenn es anfing zu brennen, dann brannte es erstmal nur dadrin, und dir fackelte nicht gleich das ganze Kino ab. Das ist heutzutage aber nicht mehr so.


Und der gesündeste Job war das auch nicht immer. Zum beispiel wegen dem Ozon in den Lampen, oder wenn eine Lampe explodiert. Und die Lärmbelästigung - es ist laut, eng, stickig.. kein guter Job eigentlich.







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