Als wäre es nicht schwer genug, rein künstlerisch/handwerklich einen Film zu machen, kommen als Kür rechtliche Aspekte hinzu. Um diese hat sich zwar in erster Linie der Produzent zu kümmern, aber wer als Einzelkämpfer unterwegs ist, hat ja oft keinen. Und dann heißt es Obacht, vermintes Gelände. Stehen doch plötzlich allerlei Personen als Hindernisse zwischen einem selbst und dem geplanten Film. Leute, die nicht abgebildet werden wollen. Die meinen, sie könnten einen daran hindern, an einem gewissen Ort zu drehen. Oder bereits bestehende Aufnahmen zu verwenden. Hinzu kommen allerlei Ansprüche, von denen im Medienrecht Unbewanderte noch nie gehört haben dürften.
Genau hier setzt das Buch der Filmrecht-Anwältin Heidrun Huber an, indem es eine Zusammenfassung aller rechtlich relevanten Fragen im dokumentarischen Bereich bietet, und dazu erläutert, wer tatsächlich in welcher Situation Forderungen stellen kann. Meistens gibt es dabei ein Aber, oder auch mehrere: es ist unzulässig, es sei denn, oder: man darf, außer wenn. Um eines der einfacheren Beispiele zu nennen: Daß man Musik nicht einfach so in seinem Film verwenden darf, hat sich wohl mittlerweile herumgesprochen -- sowohl Urheber- als auch Leistungsschutz will berücksichtigt werden. Außer sie läuft nur zufällig mal im Hintergrund: dann könnte man sie als "unwesentliches Beiwerk" sehen. Ein solches ist für den Film nicht wichtig, könnte also auch fehlen oder ausgetauscht werden, ohne daß es auffiele. Doch nicht nur bei Musik, auch bei Bildern besteht eine solche Regelung: auch die Urheber von abgefilmten Fotos oder Gemälden müssen um Erlaubnis gefragt werden, wenn diese in irgendeiner weise relevant, sei es auch kurz, auftauchen. Sogar mit Personen, die darauf erkennbar abgebildet sind, muß geklärt werden, ob es ihnen Recht ist, sich im Filmbild wiederzufinden. Ohne Ausnahme? Nein, natürlich wieder mit: sind sie bereits seit 10 Jahren tot, muß man ihre Hinterbliebenen nicht mehr kontaktieren...
Durch die ganze Thematik -- und somit auch durch dies Buch -- zieht sich als wiederkehrende Frage das Verhältnis zwischen Persönlichkeitsrecht auf der einen Seite, und dem Kunst-, Meinungs- und Presserecht auf der anderen: es ist immer eine Abwägung (der Rechtsgüter, wie es so schön heißt), welches in einem konkreten Fall schwerer wiegt. Zwischen den Zeilen liest man heraus, daß es natürlich nicht immer und automatisch Ärger gibt; nur wenn jemand einer vermeintlichen Verletzung seiner Rechte auch tatsächlich gewahr wird, und Schritte unternimmt, um Unterlassung oder Schadensersatz zu fordern. Woraufhin es mitunter aber sehr unangenehme Folgen haben kann, wenn ein Fehlverhalten nachgewiesen werden kann. Da es wie bereits angedeutet dermaßen viele Gelegenheiten gibt, bei seinem Film die Rechte anderer (wissentlich oder unwissentlich) zu verletzen, ist es eigentlich ein Wunder, daß man überhaupt noch Filme zu sehen bekommt. Selbst bei Zitaten, von denen es scheinbar eindeutig heißt, sie seien kostenlos und erlaubnisfrei, gibt es Einschränkungen, denn leider ist vor dem Gesetz nicht alles ein Zitat, was eines sein möchte. U.a. eine Belegfunktion muß vorhanden sein und eine innere Verbindung mit eigenen Gedanken, dh. das Zitierte muß Teil einer Art Beweisführung sein, es muß darauf Bezug genommen werden. Für ein nur zum Spaß reingeschnittenes, kleines Sample kann man sich also nicht auf das Zitatrecht berufen.
Aber natürlich haben auch die Filmemacher Rechte, nämlich an ihren eigenen Werken, und die müssen wiederum bei den Autoren-, Produktions- oder Auswertungsverträgen gewahrt werden. Darum geht es im zweiten Teil des Buches: welche Nutzungsrechte gibt es, welche Arten von Verträgen, welche Klauseln können bzw. sollen darin auftauchen etc. Wo die üblichen Fallstricke lauern wird dazu jeweils kurz angerissen.
Zwar ist das Buch klar gegliedert und das Inhaltsverzeichnis so gehalten, daß man die diversen Problematiken zielgenau ansteuern kann, das Stichwortverzeichnis ist jedoch nicht sehr ausführlich. Begriffe wie Schadensersatz, Gruppen oder Kinder hätten wir hier erwartet, und nicht zuletzt auch "Fair use", ein Konzept, das es in unserer Rechtsprechung ja leider nicht gibt, worauf man in einem solchen Buch aber eigentlich doch hinweisen könnte. Erhellend sind wie so oft die konkreten Fallbeispiele, insbesondere da es sich ja bei der Rechtsprechnung um die praktische Seite dreht, um die Auslegung und die Abgrenzung der verschiedenen Gesetze.
Fazit: Gute, stellenweise vielleicht etwas knappe Einführung in ein leider nicht zu vernachlässigendes Thema.
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