Nachdem die gesamte Branche (ausgenommen ARRI mit der ALEXA 35) seit Jahren Kameras mit sehr ähnlicher Dynamik ausliefert, könnte in naher Zukunft ein größerer technologischer Sprung bei den Sensoren bevorstehen. Grund sind dafür neue Technologien, welche es ermöglichen, Sensor-Chips mit mehr als zwei Layern zu stapeln (sogenanntes "Stacking").
Stand der Technik - 2 Lagen
Bisheriger Stand der Technik ist, dass ein Stacked Sensor aus zwei Layern besteht. Der Vorteil gegenüber einem einlagigen Sensor liegt darin, dass bei zwei Layern die obere Layer Schicht einen Großteil der Fläche zum Einfall von Photonen nutzen kann, während viel zugehörige "Elektronik" wie Pixel-Transistoren und Signalleitungen in die Schicht darunter wandern kann - ohne hierfür wertvollen Platz im oberen, Licht absorbierenden Layer zu beanspruchen.
Jetzt scheint die kommerziell nutzbare Stacking-Fertigungstechnik offenbar wieder einen Schritt weiter und soll in sehr naher Zukunft Sensoren mit drei Layern ermöglichen - und damit weitere Türen zur Signaloptimierung im Sensor aufstoßen.

Drei Layer - x Möglichkeiten
Sony hat bereits im Jahre 2021 von den erweiterten Möglichkeiten mehrlagiger Sensoren gesprochen und ein Sensor-Patent von Nikon aus dem Jahre 2022, welches im November 2024 erteilt wurde, deutet ebenfalls deutlich an, was mit drei Layern alles möglich werden könnte.
Unter dem eher trivialen Titel “Imaging Element And Imaging Device” beschreibt Nikon hier unter anderem ein fünffaches (!!) Sampling an verschiedenen Positionen im Sensorpixel (Sensel) - mit fünf verschiedenen Belichtungszeiten.

Rolling Shutter - bald überflüssig?
Durch den zusätzlichen Platz in den zwei Layern unter der Photonenschicht sollen Sensel mit komplexer Signalverarbeitung auf Pixelebene möglich werden. Hier können nicht nur Photonen-Messungen mit verschiedenen Belichtungszeiten zusammengeführt werden. Auch könnte laut Patent der Platz für individuelle Pixel-Speicher genutzt werden.
Dies hätte wiederum signifikante Auswirkungen auf die Auslesezeit. Denn wenn jedes Pixel seine gesammelten Werte lokal speichern kann, können alle Sensel zur selben Zeit belichtet werden. Damit gäbe es keinen Rolling Shutter mehr, sondern ein solcher Sensor könnte fast wie ein Global Shutter Modell funktionieren. "Fast", weil die Sensel dennoch seriell übertragen werden müssen, jedoch muss die Übertragung nicht mit dem Takt der Belichtungsreihenfolge abgeglichen werden.
In einer im Netz kursierenden Präsentation für Investoren kündigt Sony ebenfalls sehr deutlich an, dass sich die eigenen Sensoren in naher Zukunft durch die erweiterten Stacking-Möglichkeiten in mehreren Dimensionen erheblich verbessern werden. Diese Vektoren sind (nicht überraschend): Auflösung, Dynamic Range, Empfindlichkeit/Noise, Stromverbrauch und Readout-Speed.

Dass Stacking auch für Nikon eine entscheidende Rolle in künftigen Sensoren spielt, belegt zudem ein weiteres Patent zur korrekten Ausrichtung der Layer in der Fertigung.
Zahlreiche weitere Innovationen
Kurz gesagt: Der zusätzlich gewonnene Platz unter den einzelnen Senseln kann und wird für signifikante Fortschritte in der Bildqualität genutzt werden. Eine Dynamikerhöhung durch Mehrfachauslesung mit unterschiedlichen Belichtungszeiten pro Sensel darf dabei als gesetzt gelten. Nikon stellt in seinem Patent beispielsweise konkret im zweiten Layer neben den A/D-Wandlern auch noch eine Belichtungskontrolle für kleine Senselgruppen vor. Oder auch partielle Belichtungen über die Belichtungszeit eines einzelnen Frames hinweg, indem der Sensel-Reset ausgelassen wird - möglicherweise, um mehr Informationen für eine lokale Noise Reduction nutzen zu können. Zugleich darf man annehmen, dass Sony als größter Sensorhersteller hier nicht weniger Ideen in der Hinterhand hat.
Vor dem Marktstart?
Die zahlreichen Patente und Ankündigungen deuten stark darauf hin, dass die ersten Triple-Layer-Sensoren kurz vor der Auslieferung stehen. Billig werden die ersten Modelle sicherlich nicht werden, weil das Stacking in der Fertigung nicht unerhebliche Zusatzkosten verursacht. Zudem benötigt man gegenüber einem einlagigen Sensor auch den dreifachen Waver-Output für die gleiche Stückzahl an fertigen Sensoren. Doch der hohe Aufpreis wird wahrscheinlich auch durch große Sprünge in der Dynamik und den Readout-Zeiten gerechtfertigt werden. Auf jeden Fall dürfte ARRI seine zwei Blenden Dynamik-Vorsprung der ALEXA35 nicht ein weiteres Jahrzehnt aufrechterhalten können. Wir persönlich wetten, dass wir spätestens in einem Jahr Kameras mit Triple-Layer-Sensor von Sony, Nikon (RED!) und anderen Branchengrößen sehen werden, die in der Dynamik mit der ALEXA 35 mithalten können.
Und natürlich sind diese Stacked-Layer-Möglichkeiten nicht auf Großsensor-Kameras beschränkt, sondern können (und werden) natürlich ebenso in Smartphone-Sensoren zum Einsatz kommen und dort die Bildqualität weiter verbessern.
Allerdings gibt es in anderen IT-Bereichen wie x86-Caches oder HBM-Speicher, wo man ebenfalls schon länger mit Stacking arbeitet, immer wieder grundsätzliche Probleme mit der Kühlung. Denn dicht aufeinander liegende Dies mit großen Datenbewegungen erzeugen immer auch viel Hitze, was gerade bei Sensoren Probleme mit Rauschen und Farbstabilität begünstigen dürfte. Es ist jedoch stark anzunehmen, dass Sony und Co. diese Probleme nicht erst seit gestern im Auge haben und in den letzten Jahren hierfür unterschiedliche Lösungsansätze entwickelt haben. Fertige Triple-Layer-Sensoren stehen jedenfalls definitiv vor der Tür und wir können es kaum erwarten, sie bald in unsere Test-Finger zu bekommen. Und dann sollte sich schnell zeigen, ob der dritte Layer nur eine evolutionäre Weiterentwicklung oder einen revolutionären Einschlag bei der Sensor-Bildqualität darstellen wird.
Nachtrag
Kaum wollten wir diesen Artikel reservieren, meldete sich auch noch Apple in der Sache zu Wort: So haben die Kalifornier zusammen mit Samsung "eine innovative neue Technologie zur Herstellung von Chips" angekündigt, bei denen es sich laut Heise sehr wahrscheinlich um Bildsensoren mit drei Layern für das iPhone 18 handeln düfte.