Nachdem die wirklich großen Überraschungen auf der Messe ausblieben, hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Neuigkeiten der IBC.
Adobe
Adobe steckte auf dieser Messe deutlich in der Zwickmühle: Einerseits hat die Firma der gesamten Presse ein NDA auferlegt, dass niemand über die CS4-Neuerungen vor dem 23. September (Photokina-Start) berichten darf. Andererseits konnte man auch schlecht mit all den Videoneuigkeiten in der Tasche auf der IBC einfach die nur die CS3 zeigen. So zeigte man denn alle Video-Features der CS4 als „Sneak Preview“, während Photoshop und Co bis zur Photokina noch unter Verschluss bleiben. Und die Presse darf eben nur über die Dinge berichten die sie dort mit eigenen Augen gesehen hat.

Darum hier die neuen Features in aller Kürze als Stichwortbashing: AVCHD, zentrale Metadatenverwaltung (teilweise über Bridge), Batchverarbeitung von kompletten Projekten, direkter Import von diversen tapeless-Camcordern (XDCam EX bis FullHD, Panansonic P2), OnLocation für den Mac, bessere manuelle Ressourcen-Verteilung für Multicore-Maschinen unter AE. Das abgehobenste Feature war wohl die Spracherkennung in Premiere, mit der man im erkannten, geschriebenen Text eine Videostelle anscrubben kann, also Videostellen nach Worten wiederfindet. Dazu gibt es zahlreiche Workflowverbesserungen, über die man dann ab 23. September sicherlich genug zu hören bekommt.
Sony Professional
Sony Professional hat zur neuen HVR-Z5 eine Fernsteuerung vorgestellt, die wie ein PS-Controller aussieht, und erlaubt, so ziemlich alle Parameter wie Schärfe, Zoom, Blende etc. zu kontrollieren. Für ca. 1.000 Euro ist das Gerät leider nicht mal kabellos und soll auch nicht mit der EX-Serie funktionieren, da diese das neue LANC-Format mit den entsprechenden Steuerkommandos nicht unterstützt.

Sogar mit Camcordern anderer Marken funktioniert dagegen der externe HDV-CompactFlash-Recorder HVR-MRC1K. Dieser ist identisch mit dem bei der Z7 und S270 im Lieferumfang enthalten Recorder und soll nun auch einzeln für ca. 750-1.000 Euro erhältlich sein. Sozusagen ein direkter Angriff auf Firestore und Co.
Im Gegensatz zur neuen Z5 überraschte dann schließlich vor allem, dass JVC nun auch das XDCAM EX Format von Sony lizenziert hat. Somit hat Sony für viele Kunden dass Argument entschärft, hier mit einem geschlossen, proprietären Format zu arbeiten. Die Second Source JVC dürfte dabei vor allem Sony nutzen, da XDCAM EX nun im Gegensatz zu Panasonics P2 nun zwei Hersteller hinter sich hat.
Mainconcept
Mainconcept zeigte am Messestand eine Preview der neuen SVC-Technologie (Scalable Video Coding): Hierbei handelt es sich um eine Erweiterung des H.264-Standards, der jedoch voll rückwärtskompatibel ist.
Der Witz an SVC liegt darin, dass sich im Datenstrom zuerst eine Basis-Information befindet, die für mobile Geräte geeignet ist, dann folgen Zusatzinformatinen hinterher, die die Qualität des Streams sukzessive verbessern. Ein Videoserver kann so auch je nach Endgerät und Übertragungslei(s)tung die Qualität des Videos automatisch anpassen.
JVC
JVC stellte auf der IBC einen Mockup von einer Mini-ProHD-Kamera aus die frühesten Mitte 2009 das Licht der Welt erblicken könnte. Das 3-Chip-Modell (CCD kein CMOS!) wird vorrangig 720p25/50 beherrschen und zeichnet scheinbar auf bis zu zwei SDHC-Karten auf. Von der Größe noch deutlich unter Sonys neuer FX1000 angesiedelt, dürfte es hier wieder einen Camcorder vielen manuellen Einstellmöglichkeiten für die Umhängetasche geben. Ob der gemunkelte Preis zwischen 3000 und 4000 Euro allerdings Mitte 2009 noch konkurrenzfähig ist, bleibt abzuwarten. Allerdings könnte ein leicht modifiziertes Modell im semiprofessionellen Bereich die schon etwas betagte HD7 ablösen.
Canopus
Canopus verzichtet bei Edius in Zukunft auf die Unterscheidung zwischen Pro und Broadcast und verkauft nur noch eine Version mit allen Features zum dadurch indirekt gesenkten Preis von 799 Euro. DVCPro HD, P2, XDCam HD/EX, JPEG2000, und AVC Intra können somit mit EDIUS 5 direkt bearbeitet werden. Bis Ende des Jahres kann jeder Edius Kunde für 200 Euro Upgraden. Danach wird es nur noch teurere Upgrades geben. Neu ist nun unter anderem die komplette Unterstützung für 64 Bit und Vista (incl. Schnittkarten), die Einbindung von bis zu 10 Prozessor-Kernen, neue GPU-Effekte, erneute Beschleunigung von AVCHD und HDV/MPEG2, und ein verbesserter Batch-Export (statt ProCoder Express).
Dazu liegen folgende Produkte im mit im Paket: ProDAD Vitascene, ProDAD Mercalli, NewBlueFX Effekte, iZotope VST Audio Plug-in und Corel Ulead Filmbrennerei (mit Blu-ray Ausgabe).
Leider werden jetzt folgende Karten ab sofort nicht mehr unterstützt: DV Rex RT, DV Raptor RT2, DV Storm und EDIUS DVX.
Im Gegenzug stellte Canopus jetzt eine Menge neue Hardware-Schnittkarten vor, von denen vor allem die HD-Storm (HDMI-IN/OUT+ analog Audio-Out, 1299 Euro) und die HD Spark (HDMI-Out + analog Audio-Out für 749 Euro) für den breiten Markt interessant sein dürften. Der scheinbar etwas hohe Preis relativiert sich deutlich, wenn man bedenkt, dass bei beiden Karten die Vollversion von Edius 5 enthalten ist.

BBC/Dirac
Wirklich gefesselt hat uns die Dirac-Präsentation der BBC. Dieser Lizenz- und Patentfreie Open Source-Codec basiert auf Wavelets und kann es bei der (Distributions-)Kompression offenbar mit MPEG4/AVC aufnehmen. Was weniger bekannt ist: Es gibt auch noch eine ebenso offene Dirac-Pro-Version, die besonders fürs Editing optimiert wurde. Sozusagen eine komplett freier DNxHD oder ProRES Konkurrent für Windows, Mac und Linux. Die Specs dazu klingen sehr interessant: Intra-frame, 10 bit 4:2:2, kein Subsampling, Lossless oder Visually Lossless Kompression, kann in MPEG2-Containern aber auch über SDTI übertragen werden, geringe Dekodierungs-Komplexität fürs Editing, offene Spezifikation, Unterstützung von allen gängigen HD-Formaten und Frameraten. Klingt doch cool.