Es klingt fast zu schön, um wahr zu sein: Bei dem kostenlosen UT-Codec handelt es sich um einen Lossless Codec für Windows, der in diversen Farbräumen (YUV422, YUV420, RGB und RGBA!!) arbeitet, und dabei besonderen Wert auf die Decoding -Geschwindigkeit legt. Gegenüber HuffYUV ist er dank sehr guter Multiprozessor-Unterstützung bis zu 4 Mal schneller beim Entpacken von Videoclips, was ihn gerade als Intermediate-Codec zum HD-Schnitt interessant macht. Wir haben uns den UT-Codec einmal kurz näher angesehen und geprüft, ob und wie er seine theoretischen Vorteile gegenüber nativem AVCHD/MPEG4-Editing ausspielen kann...
Kompressionsverhältnisse
Zuallererst werfen wir kurz einen Blick auf den Platzverbrauch des UT-Codecs. Da dieser jedes Bild separat (= nur Intra-Frame) verlustfrei komprimiert, kommen natürlich mächtige Datenraten zustande, die weit über üblichen komprimierten Formaten liegen. Die Datenraten des für lossless 1920x1080i50-Videoclips lagen dabei in unseren in erstens Tests immerhin durchschnittlich mindestens bei 2:1 gegenüber einem echten uncompressed Strom:
RGB ca. 65 MB/s
YUV422 ca. 35MB/s
YUV420 ca. 28 MB/s
(alles inkl PCM Audio 16Bit 48 Khz Stereo)
Dies sind natürlich nur bildabhängige Näherungswerte. Je weniger das Bild verrauscht ist, desto geringer wird die Datenrate (was sich übrigens auch positiv auf die Prozessorauslastung beim Dekomprimieren auswirkt). Man sieht auf jeden Fall, das dies Datenraten sind, die moderne 3,5-Zoll Festplatten auch in der Praxis dauerhaft liefern können. Für ein sehr lineares Schnittprojekt mit einer Hauptspur kommt man auf jeden Fall auch mit einer Festplatte aus. Wer mehr Spuren braucht, kommt dann natürlich nicht um einen RAID-Verbund herum.
Encoding Auswahl
Der Codec selbst bietet nicht viele Einstell-Möglichkeiten. Auf jeden Fall klingt erst mal gewitzt und ungewohnt, dass man bereits beim Encodieren einstellen kann auf wie viele Prozessorkerne der Decoding-Prozess später verteilt sein soll. Dabei wird das Bild in entsprechend viele Teile zerlegt, die später dann zum decodieren auf die verschiedenen Prozessor-Kerne verteilt werden. Man muss sich also schon beim Encodieren entscheiden, wie viele Threads der Clip später benutzen soll:

In der Praxis hat sich die Prozessoranzahl in der Performance auf unserem Quadcore beim Schnitt jedoch kaum niedergeschlagen...
Praxis-Performance
Unter Premiere CS4 und Vegas 9c lieferte der Codec ein gemischtes Bild ab. Die Prozessorauslastung des UT-Codecs lag sogar höher (ca. 78%) als bei der AVCHD-Wiedergabe (ca. 70%) des selben Clips, egal ob wir davor für unser Quad-Core-System mit zwei oder vier Prozessoren encodiert hatten. Auch die Auslastungsunterschiede zwischen 420, 422 und RGB hielten sich beim Schnitt in geringen Grenzen.
Die Wiedergabe war sowohl unter Premiere als auch bei Vegas ruckeliger als mit AVCHD, das auf unserem Quad-Testsystem mittlerweile flüssig von der Timeline läuft. Auf der anderen Seite war das Scrubben mit den UT-Codec in beiden Programmen signifikant responsiver, was das subjektive Schnittgefühl spürbar erhöht. Dies ist darauf zurückzuführen, dass beim UT-Codec keine Interframe-Codierung stattfindet.
Bei der Anwendung von Echtzeit-Effekten zeigte der UT-Codec leider auch keinen echten Vorteil gegenüber AVCHD. Eine Dreiweg-Farbkorrektur wer hier mindestens genau so ruckelig wie mit dem hoch komprimierten AVCHD-Clips. Bei ähnlicher Prozessorauslastung wäre alles andere auch ein Wunder gewesen.
Ganz anders sieht das Bild allerdings aus, wenn man den UT-Codec mit Clips der neuen Canon EOS D7 vergleicht. Denn das Canon EOS-MP4-Format wird weder auf der Timeline von Premiere noch unter Vegas nativ ruckelfrei abgespielt. Hier wirken die UT-Clips deutlich smoother und sind definitiv besser zu handhaben...
Die Zukunft
Der Entwickler selbst legt offensichtlich ein ordentliches Update-Tempo hin, und es gibt sowohl Versionen für 32 als auch 64 Bit. Er läuft unter Windows XP , Vista und 7 und setzt einen Prozessor mit SSE2 voraus (also alles ab dem Pentuim 4, aber keine sehr alten Athlons). Da der Code Open Source ist, dürfte auch eine gewisse Zukunftssicherheit gewährleistet sein. Dies ist ja nicht gerade unwichtig, wenn man Clips und damit verbundene Projekte auch noch in ein paar Jahren unter Windows 10 öffnen will.
Unter diesem Doom9-Thread kann man den aktuellen Versions-Download finden, sowie sich über den aktuellen Entwicklungsstand auf dem laufenden halten. Dazu findet sich hier auch ein englischer Versions-Überblick.
Fazit
Obwohl der UT-Codec eine beeindruckende Decoding-Geschwindigkeit an den Tag legt, sind die aktuellen AVCHD-Engines von Premiere und Vegas mittlerweile mindestens ebenso leistungsfähig. Und nicht nur das: Da auch die Prozessorauslastung tendenziell beim UT-Codec sogar noch einen Tick höher liegt, gewinnt man auch nicht mehr Leistung für Echtzeit-Effekte, was ja eigentlich der Vorteil dieses Codecs sein sollte. Gegen den Codec sprechen außerdem die enormen Speicherplatzanforderungen der erzeugten Clips.
Was auf der Haben-Seite bleibt: Der Codec liefert ein besseres Scrubbing-Gefühl und stellt auf jeden Fall eine sinnvolle Erweiterung für alle Schnittsysteme dar, die keine optimierten HDV/AVCHD-Engines einsetzen. Als Intermediate-Codec für DSLR-Clips ist der UT-Codec dazu in fast jedem Schnittsystem interessant. Und nicht zuletzt bleibt natürlich die schöne Option aus anderen Applikationen verlustfrei mit Alpha-Kanal exportieren zu können, ohne dass die erzeugten Clips dann auf der Timeline sonderlich bremsen.