DSL-Look plus Superresolution Adobe bringt kostenlose Profi-Kamera App mit KI-Funktionen

Adobe Labs hat mit "Project Indigo" eine spannende, kostenlose Kamera-App veröffentlicht, die neben manuellen Einstellmöglichkeiten mächtige Computational Imaging-Funktionen (inkl. KI) durch die Kombination mehrerer Einzelbilder bietet und so die Lücke zwischen Smartphone-Kameras und professionellen Spiegelreflexkameras (SLRs) schließen will. Die Resultate sind bei schlechten Lichtverhältnissen oder extremem Zoom zum Teil deutlich besser als die der integrierten Kamera-App des iPhones. Eine Videounterstützung soll allerdings erst später hinzukommen.


Project Indigo App
Project Indigo App



Manuelle Einstellungen

Im Gegensatz zu integrierten Smartphone-Kamera-Apps bietet Indigo für Profis vollständige manuelle Kontrolle, ähnlich einer Spiegelreflexkamera, einschließlich detaillierter Einstellungen für Belichtung, ISO, Weißabgleich und Fokus. Die Fokuskontrolle umfasst eine optionale Lupe zur präzisen Fokussierung, und der Weißabgleich erlaubt das Tippen auf ein neutralgraues Objekt.



HDR Photo
HDR Foto



Kombination von Bildern per Computational Imaging

Ähnliches bieten andere spezialisierte Kamera-Apps wie etwa die kostenlose Blackmagic Camera App auch, aber die eigentliche Stärke von Indigo liegt in der erweiterten computergestützten Bildtechnologie: bis zu 32 schnell nacheinander geschossene Einzelbilder werden zu einem Foto kombiniert, was zu deutlich weniger Bildrauschen und mehr natürlichen Details führt - besonders bei dem Einsatz eines hohen Zooms oder Situationen mit wenig Licht.



Im Vergleich zu anderen Lösungen werden hier einen hohe Anzahl von Bildern kombiniert, auch gibt Project Indigo dem Anwender mehr Kontrolle über die Funktionen. Sie werden ferner erweitert durch innovative Features wie Zero-Shutter-Lag-Aufnahmen, Multi-Frame-Superauflösung für hochwertige Zoomfotos sowie Langzeitbelichtungen für kreative Effekte wie seidiges Wasser oder Lichtmalereien.



Long Exposure
Wasser-zu-Seide Effekt per Langzeitbelichtung





SLR-Look und Adobe DNG

Besonders interessant dürfte für echte Fotografen der Fokus Indigos auf eine natürliche Bildästhetik sein: während die integrierten Kamera-Apps der Smartphone Hersteller häufig übertriebene Schärfung, Farbsättigung und Glättung für "schöne" Bilder anwenden, die Fotos auf großen Bildschirmen oft unrealistisch aussehen lassen, will Indigo auf subtile Bearbeitungen und ein authentisches, SLR-ähnliches Erscheinungsbild setzen.



Das wird erreicht, indem nur eine leichte Tonwertkorrektur, Erhöhung der Farbsättigung und Schärfung angewendet wird. Dieser Look wird beim Generieren von JPEG-Bildern angewendet und als Rendering-Vorschlag in RAW-Dateien im Adobe DNG-Format eingebettet (sofern aktiviert). Alle Rohdaten bleiben unverändert - der Look verändert so keine Pixel.



Hier der veranschaulichte Workflow den Fotos in Indigo Bearbeitungspipeline durchlaufen, von der Kamera links bis zum JPEG rechts:



Indigo&s Image Processing Pipeline
Indigos Bildbearbeitungs-Pipeline



Foto- und Nacht-Modus

Anwender haben die Wahl zwischen einem normalen Fotomodus für den täglichen Einsatz bei guten Lichtverhältnissen, der ohne Auslöseverzögerung arbeitet und das Motiv so genau im Moment der Aufnahme festhält. Mehr Details zur genauen Arbeitsweise finden sich auf der Projektseite.



Comparison of a photo at 1/10 lux via iPhone and via Indigo
Vergleich eines Fotos bei 1/10 lux per iPhpone und per Indigo


Die Stärke von Indigos Bildkombinationsalgorithmus zeigt sich aber im Nachtmodus. Dieser ist speziell für Aufnahmen bei schlechten Lichtverhältnissen gedacht - in diesem Modus werden die mehreren Einzelbilder automatisch nach dem Drücken des Auslösers aufgenommen (mit entsprechender Verzögerung) und kombiniert, um so längere Belichtungszeiten zu erhalten, die das Bildrauschen minimieren.



Einzigartig im Nachtmodus von Indigo ist die manuelle Steuerung der Anzahl der kombinierten Frames für das Endbild. Mehr Frames bedeuten weniger Rauschen, aber eine längere Aufnahmezeit. Es gibt außerdem einen Langzeitbelichtungsmodus: Wenn das Smartphone auf einem Stativ steht, lassen sich so synthetische Langzeitbelichtungseffekte wie "Wasser-zu-Seide" erzeugen.




Zoom per Superresolution

Wird in einer Kamera-App der Bildausschnitt per Pinch-to-Zoom digital vergrößert, dann führt das oft zu einem Qualitätsverlust. Die Indigo App dagegen nutzt Super-Resolution durch die Kombination mehrerer Bilder, um eine bessere Qualität zu erreichen. Zu erkennen ist das bei der Nutzung durch die "SR"-Anzeige an den Zoom-Tasten.
iPhone 16 Pro Max 5x optical / 10x digital zoom vs Indigo
iPhone 16 Pro Max 5x optischer / 10x digitaler Zoom vs Indigo



Sucher

Der Sucher von Indigo zeigt neben den Aufnahmeeinstellungen auch ein Live-Histogramm der Szene, Zebra-Schraffierung für überbelichtete Bildbereiche und eine Wasserwaage, damit Bilder horizontal aufgenommen werden.




Integration mit Adobe Lightroom

Adobe bietet mit Lightroom einen funktionsstarken Fotoeditor für Mobilgeräte an. Per Indigo-Filmstreifen kann ein Bild direkt an die Lightroom-Mobile-App zum Bearbeiten gesendet werden. Darüber hinaus bietet das (optionale) RAW-DNG-Dateiformat maximale Kompatibilität mit Adobe Lightroom und Photoshop.



Remove reflections via AI
Reflektionen entfernen per KI





Tech-Previews auf KI-Funktionen

In den sogenannten Tech-Previews (aka Indigo Labs) bietet Indigo einen frühen Blick auf Technologien, die möglicherweise in Adobes Flaggschiff-Produkten eingesetzt werden oder bereits dort in leicht abgewandelter Form zu finden sind. Momentan sind hier zwei Funktionen zu finden:


- die KI-Rauschreduktion ist eine Variante der KI-basierten Rauschreduzierung aus Camera Raw und den Lightroom-Desktop-Clients (sie benötigt RAW-DNG als Eingabe und speichert eine neue DNG-Datei in der Kamerarolle)


- Reflektionen entfernen ist eine Version der KI-basierten gleichnamigen Technologie aus Camera Raw und den Lightroom-Desktop-Clients. Sie benötigt eine DNG als Eingabe und speichert ein JPEG in mittlerer Auflösung in der Kamerarolle. Die Funktion ist darauf ausgelegt, nur eine Art von Reflexion zu behandeln wie etwa Aufnahmen durch Glasscheiben, die den größten Teil des Bildfelds abdecken.



Adobe bringt kostenlose Profi-Kamera App mit KI-Funktionen



Für wen ist Project Indigo gedacht?

Project Indigo ist erst der experimentelle Anfang; geplant ist den Entwicklern zufolge ein integrierter mobiler Adobe Kamera- und Bearbeitungsworkflow, der die neuesten Fortschritte in der computergestützten Fotografie und KI nutzt. Angesprochen werden sollen mit Project Indigo sowohl Gelegenheitsfotografen, die einen natürlichen, SLR-ähnlichen Look für ihre Fotos suchen, als auch fortgeschrittene Fotografen, die manuelle Kontrolle und die höchstmögliche Bildqualität wünschen, sowie alle diejenigen User, die gerne mit neuen fotografischen Funktionen und Looks experimentieren.



Alle User der App sind eingeladen, sie zu testen und im offenen Forum Feedback für künftige Entwicklungen zu geben. Entwickelt wurde die App von Adobes Nextcam Team, dem interessanterweise unter anderem auch Marc Levoy angehört, der führend an der Entwicklung des innovativen Google Pixel Kamerasystems beteiligt war.




Zukunftspläne: Looks, Video und Mehrbildmodi

Für die Zukunft geplant sind weitere interessante Funktionen wie spezielle (eventuell auch individuelle) Looks, ein erweiterter hochqualitativer Porträtmodus und Panoramaaufnahmen. Auch ein Videomodus soll folgen. Angedacht sind auch spezielle Mehrbildmodi in Form von Belichtungsreihen, Fokusreihen und anderen, bei denen ein oder mehrere Kameraparameter zwischen den Bildern variiert werden. Besonders nützlich wäre eine Belichtungsreihenfunktion insbesondere für die Astrofotografie. Diese Belichtungsreihen können in der Kamera kombiniert werden, um Fotos mit extremem Dynamikbereich oder Tiefenschärfe (manchmal auch All-in-Fokus genannt) zu erzeugen.



Adobe bringt kostenlose Profi-Kamera App mit KI-Funktionen



Vorerst nur ab iPhone 12 Pro

Aktuell ist die Project Indigo Kamera App kostenlos im Apple App Store für alle Pro- und Pro-Max-iPhones ab Serie 12 sowie Nicht-Pro-Modelle ab Serie 14 erhältlich. Eine Android-Version wird es auch bald geben. Für die Nutzung ist keine Anmeldung mit einem Adobe-Konto erforderlich.



Aber Achtung: die für die Berechnung der Bilder notwendige Rechenleistung kann das Smartphone - je nach verwendeter Funktion - recht heiß werden lassen, und auf nicht so starken Smartphones kann die App etwas langsam sein. Deswegen empfiehlt das Team von Project Indigo auch mindestens ein iPhone 15 zu nutzen, wenngleich es auf Vorversionen auch läuft.


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