Die große Frage, die sich momentan viel Filmer stellen lautet: Lohnt sich der jetzt schon der Einstieg in die HDV-Welt mit der HC1, oder soll man noch warten. Wir wollen mit diesem Artikel eine kurze Entscheidungshilfe geben...
Testbilder der Sony HDR HC 1 und technischen Daten
Die Sony HDR HC 1 im Vergleich mit anderen HDV Camcordern
Der Markt
Die Sony HDR-HC1 ist momentan bereits für 1.500 Euro bei vielen Internet-Versendern erhältlich, weshalb sie momentan die günstigste Möglichkeit darstellt, hochauflösend zu filmen. Das nächst-günstigste Modell ist die Sony FX1, die mit ca. 3.000 Euro schon rund doppelt so teuer ist.

Bildqualität
Die brennende Frage klären wir zuerst: Wie gut hält die HC1 bei der Bildqualität gegenüber der Konkurrenz mit? Was die Schärfe angeht, braucht sich die HC1 (bei guter Ausleuchtung) nicht hinter der FX1 zu verstecken. Im Gegenteil: Die Luminanz-Auflösung (aka s/w-Auflösung) liegt sogar etwas über Sonys Top-Modell. Die Chroma-Auflösung (aka Farbauflösung) ist dagegen etwas niedriger, was jedoch bei normalen Filmaufnahmen kaum auffällt.
Schließlich ist die Schärfe von HDV erst einmal insgesamt so überwältigend, dass man die Tester-Augen erst einmal an die neuen Nuancen-Unterschiede gewöhnen muss. Auffallend werden die Unterschiede zur FX1 erst bei sehr kritischen Farben wie subtile Rotabstufungen. Hier ist die 3-Chip-CCD-Technik dem einen CMOS-Chip der HC1 doch noch etwas überlegen. Die Zeichnung des Bildes ist in solch kritischen Bereichen bei der FX1 tatsächlich spürbar besser.
Die (auch in Fachzeitschriften) viel gelesene Kritik, dass die HC1 einen kleineren Farbkreis besitzt als viele DV-Camcorder ist übrigens kaum von Relevanz. Dieses Signal lässt sich prinzipiell so einfach verstärken wie die Lautstärke einer WAV-Datei. Entscheidend ist viel mehr die harmonische Verteilung der Farben im Farbkreis, jedoch nicht deren Stärke. Und bei der Verteilung gibt es ebenfalls nichts zu meckern, alle Farben sind liegen ungefähr dort, wo sie sein sollen. Dadurch können wir der Sony HC1 grundsätzlich ein sehr ausgewogenes Bild bescheinigen.
Allerdings nur solange man genügend Licht hat. Im Low Light Bereich ist die FX1 doch spürbar besser, allerdings schlägt sich die HC1 nicht unterdurchschnittlich. Es gibt momentan kaum eine DV-Kamera in der selben Preisklasse, die eine signifikant bessere Lichtempfindlichkeit besitzt. Besonders, weil die HC1 erstaunlich wenig rauscht. Das heißt bei Dunkelheit gehen zwar Schärfe und Farben in die Knie, aber das Bild wird nicht automatisch durch das typische Rauschen unbrauchbar.
MPEG-Kompression
Der Hauptkritikpunkt an HDV bleibt ein Problem: Wie stark kommt die Kompression zum Vorschein? Auf jeden Fall anders als man denkt. Echte Artefakte sind nur schwer zu erzeugen. Dafür muss schon das gesamte Bild mit bewegten Details übersäht sein und noch andere ungünstige Faktoren hinzukommen. Allerdings gibt es immer wieder Unschärfen. Diese sind je nach Sehgewohnheit nervig bis unauffällig. So „verbreien“ schon mal schnell die Blätter eines Baumes im Wind. Dies ist sicher auf die grobe Quantisierung zurückzuführen, die bei 25 MBit nunmal keine große Sprünge zulässt. Andererseits muss man schon wirklich auf solch patologische Flächen achten, um sich daran zu stören.
Ein weiteres Problem liegt in dem beschränkten Suchraum der HC1 bei der MPEG-Kompression. Starke Bewegungen, die sich auf große Teile des Bildes auswirken, kann prinzipbedingt kein Hardware-Codec in 25 Mbit gut darstellen. Unter solche Bewegung fällt eigentlich alles, was man unter chaotischer Kameraführung zusammenfassen kann. Also schnelle Schwenks oder rapide wechselnde Bildinhalte die nicht durch eine sanfte Bewegung überführt werden. Allerdings bestraft die HC1 solches Verhalten eben nur mit Unschärfen und nicht mit Artefakten.
Uns fiel im Test jedoch noch ein anderes Phänomen auf, das bisher scheinbar noch niemand außer uns nachvollziehen konnte. Wenn man mit der Kamera sanft hin- und herschwenkt, sieht man, dass der untere Bildteil schneller mitzieht, als der obere. Dadurch entsteht, wenn man genau hinsieht eine etwas comic-artige Bewegung (z.B.bei Gebäuden oder Bäumen), so als ob das Bild aus Gummi wäre und mit der Trägheit mitzieht. Wir haben hier einen kleinen Mpeg-Film, den wir aus einer Testaufnahme mit der HC1 herauscodiert haben:
Shake It, Baby: Gummibilder bei leichten Schwenks (200KB)
Im kleinen MPEG-File fällt der Effekt nicht so drastisch auf, jedoch sieht man das Problem deutlich, wenn man beispielsweise auf die Häuserkanten achtet.
Unsere Vermutung fiel zuerst auf den CMOS-Sensor, jedoch muss dies eigentlich ein Schwäche bei der Signalverbeitung zu sein. Schließlich lassen sich bei CMOS ja alle Speicherzellen gleichzeitig auslesen. Ob dieses Verhalten als störend empfunden wird, muss jeder selbst entscheiden. Nachdem man starke Schwenks bei HDV jedoch sowieso vermeiden sollte, dürfte dieses Verhalten kein wirklich neues Problem dar. Nur etwas komisch ist es allemal, zumal die FX1 dieses Verhalten scheinbar nicht an den Tag legt.
DV-Modus?
Im echten DV-Modus setzt sich die Kamera dagegen nicht an die Spitze aller Einchipper, aber was solls? Es macht ja praktisch keinen Sinn mehr, diesen Modus überhaupt zu benutzen. Wenn man in HDV filmt, kann die Kamera das Signal dennoch on-The-Fly herunterkonvertieren. Falls man also noch in DV schneiden will, ist das weiterhin möglich und für das Schnittprogramm wirken die Aufnahmen so, als kämen sie von einem DV-Zuspieler. Und das herunterkonvertierte Signal sieht dabei wirklich erste Sahne aus. Natürlich kann man auch den Computer selbst zum herunterskalieren verwenden, jedoch gibt es dabei ein Problem: Gegenüber einer analogen Ausgabe an der Kamera wird das Signal dabei nicht gefiltert. In hohen Frequenzen neigt das Signal daher leicht so Moriés. Das ist auch der Grund, warum viele Tester meinen, die analoge Signalwandlung über die Kamera sehe besser aus, als eine Skalierung am Rechner. Mit der richtigen Software sollte eine digitale Wandlung jedoch in jedem Fall besser sein. Allerdings werden wir uns ein anderes mal mit diesem Problem näher befassen...
Bedienung
Naja, wie bei fast allen Kameras unter 3.000 Euro darf man wohl nicht viele externe Bedienelemente erwarten. Die HC1 bietet zwar für einen Einchipper viele beeindruckende Einstellmöglichkeiten, jedoch lassen sich die meisten nur über das Menü erreichen. Dieses bedient man vornehmlich über das berührungsempfindliche Display. Dabei lassen sich die wichtigsten Befehle in einem Startmenü zusammenstellen, so dass man sich wenigstens nicht dauernd durch diverse Untermenüs hangeln muss.
Dafür findet man auch viele neue Funktionen, die man nach einer kurzen Eingewöhnungsphase kaum noch missen möchte. So gibt es neben den schon bekannten Zebra-Modi (70% und 100%) zum Beispiel den neuen „Punkt-Fokus“: Einfach die Stelle im Display antippen, die scharf sein soll. Mit der von der FX1 bekannten Shot-Transition kann vollautomatisch zwischen zwei vorher gespeicherten Zoom-Einstellungen hin- und her gefahren werden. Auch Schärfeverlagerungen sind damit damit prima möglich. Und nicht zuletzt gibt es ein echtes Histogramm als Belichtungskontrolle beim filmen. Für diese Funktionen kann man Sony wirklich Innovation attestieren. Wer sich einmal an die Bedienung über das Display gewöhnt hat, findet hier üppige Einstellungsmöglichkeiten, die auch für professionelle Bildkreationen Spielraum bieten. Natürlich gibt es keine absoluten Profi-Funktionen wie Knee oder Black-Strech, jedoch bekommt man in dieser Preislage bei kaum einem anderen Camcorder so viele manuelle Bildeingriffsoptionen (Ed: tolles Wort!).
Von außen bietet die HC1 immerhin den Zugriff auf den manuellen Zoom und Fokus, die sich beide auch über den Drehring am Objektiv einstellen lassen. Die Blende ist dagegen über eine kleine Wippe zu bedienen. Wirklich schlecht gelöst ist eigentlich nur das Kasettenfach, welches sich nach unten öffnet. Dadurch muss man die Kamera beim Stativ-Einsatz vor einem Kasettenwechsel immer abschrauben.
Ausstattung

Das Display selbst ist mit 123.000 Pixeln und 2,7 Zoll Bilddiagonale für HDV auf jeden Fall unterdimensioniert. Dafür bleibt es auch bei starkem Sonnenlicht gut ablesbar. Der Sucher liegt mit rund 200.000 Pixeln etwas über dem Display, doch auch dies reicht natürlich nicht, um die Schärfe eines Bildes mit rund 1 Mio Pixel richtig einzuschätzen. Hierbei hilft die Expanded Fokus-Funktion, bei sich die Bildmitte vergrößert darstellen lässt. Zusätzlich lässt sich noch eine optische Kantenerkennung (Peak-Funktion) einschalten, bei der scharf gestellte Objekte einen roten Rand bekommen.
An Anschlüssen sind neben Firewire und USB, auch YUV- und FBAS-Out vorhanden. Das höherwertige Y/C-Signal (auch fälschlicherweise auch als SVHS-Ausgang bezeichnet) wird nicht zur Verfügung gestellt. Analoge Eingänge gibt es ebenfalls nicht. Und selbst die Ausgänge lassen sich nicht als Wandler missbrauchen. Denn über Sie wird nur das Kamera-Signal ausgegeben, nicht jedoch, wenn ein Signal am Firewire-Port anliegt. Als günstiger HDV-Recorder ist die HC1 daher nur äußerst bedingt zu empfehlen.
Fazit
Wer sich einen guten Film-Stil angewöhnt, kann mit HDV allgemein und der HC1 im speziellen schon heute durchaus glücklich werden. Das bedeutet beim Filmen vor allem detailreiche Bewegbilder zu vermeiden. Da dies jedoch ein HDV-inhärentes Problem ist, können zukünftige HDV-Kameras der Konkurrenz in dieser Preisklasse eigentlich kaum besser ausfallen, es sei denn ihnen gelingt bei der Codec-Entwicklung noch ein entscheidender Durchbruch. Nur beim Low-Light-Verhalten gibt es bei der HC1 für einen Einchipper noch echtes Verbesserungspotential. So gesehen können wir dieses Modell eigentlich guten Gewissens empfehlen. Besonders wenn man sieht, was man im DV-Lager für diesen Gegenwert geboten bekommt.
Die Sony HC 1 im Vergleich mit anderen HDV Camcordern
Vergleich der Sony HDR-HC1 mit der Sony HDR-HC3