Test Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E

Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E

Nur ein einziges neues HDV-Modell hat Sony in der Frühjahrskollektion vorgestellt. Gegenüber dem AVCHD-Reigen schon ein Zeichen für den Abgesang auf das hochauflösende Bandformat?

// 16:57 Di, 19. Feb 2008von

Auf den Ersten Blick scheint es, als ob sich die Camcorder-Industrie hinter den Vorhängen doch einfach abspricht. Wie sollte man sonst erklären, dass sich die Sony HC9 als HC7-Nachfolger sich praktisch genau so wenig weiterentwickelt hat, wie die Canon HV30 gegenüber der HV20. Zwei direkte Konkurrenten und beide verpassen gleichzeitig die Chance, ihre Nachfolgemodelle gegenüber der Konkurrenz aufzubohren. Nun könnte man sagen, dass sowohl die HC7 als auch die HV20 sehr ausgereifte und erfolgreiche HDV-Modelle waren, jedoch bieten beide Kameras auch noch jede Menge Spielraum für Verbesserungen. Doch eine andere Erklärung ist nahe liegender: Beide Hersteller haben HDV im Comsumer-Markt einfach schon abgeschrieben und versuchen nun noch einmal alten Wein in neuen Schläuchen unter die Leute zu bringen. Zumindest verpasst Sony seinem Top-Modell einen neuen Anstrich: Während man bei Canon als Hauptunterschied die neue schwarze Gehäusefarbe nennt, kommt die Sony HC9 nun auch - was für eine Überraschung - in schwarz daher.



Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E : cam1



Was ist wirklich neu?

In der Firmware haben wir gerade einmal drei Änderungen gefunden, wobei wir nicht einmal sicher sind, ob wir dabei vielleicht die eine oder andere Funktion in der HC7 nicht einfach übersehen haben. Neu kommt uns wenigstens vor, dass man nun Schärfe und Belichtung gleichzeitig per Druck auf dem Touchscreen zuordnen kann, dass eine farbige Kantenaufteilung als Scharfstell-Hilfe möglich ist und dass die manuelle Fokus nun auch die Einstellung „Unendlich“ kennt. Wow. Eigentlich könnte man solche Funktionen wohl auch als kostenloses Firmware-Update für HC7-Kunden anbieten. Ansonsten hält man wirklich nur eine schwarze HC7 in der Hand. Wer die schon kennt, braucht eigentlich nicht weiterzulesen. Für alle anderen hier noch mal in Kürze:



Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E : cam2


Die HC9 ist etwas massiver aufgebaut als die HV20. Sie liegt grundsätzlich gut in der Hand, wobei der Kamera-Kontroll-Ring für manuelle Parameter-Einstellungen zu dicht hinter dem Display platziert wurde. Leicht gedreht verdeckt das Display sogar den manuellen Auslöseknopf für das Drehrad. Zwar lässt sich das Drehrad nicht nur zur Schärfe-Regulierung, sondern alternativ auch für die Belichtung, Verschlusszeit oder zum Weißabgleich nutzen, doch zur Umschaltung zwischen den Funktionen muss man wieder ins Touchscreen-Menü. Hier hätten man doch beim HC9-Update zumindest optional die Auslösetaste mehrfach belegen können. Verschenkte Bedienungsfreundlichkeit.







Menülastig

Ansonsten gibt es praktisch keine sinnvollen externen Bedienelemente zur Filmgestaltung. An die meisten wichtigen Parameter kommt man nur über das interne Menü. Unnötigerweise spart sich Sony bei der Belichtung aussagekräftige Zahlenwerte und regelt Gain und Blende zusammen, weshalb man als Anwender leider keinen Einfluss auf die Zuschaltung der digitalen Verstärkung (Gain) hat. Die Spot-Fokus-Funktion akzeptieren wir mittlerweile als zweitbeste Alternative zu einem echten Fokus-Ring. Einfach am Touchscreen auf das gewünschte Objekt zeigen und schon ist es scharf. Wie bereits erwähnt lässt sich dabei nun auch die Belichtung gleich automatisch mit einstellen. Die Kamera dabei ruhig in der Hand zu halten ist jedoch praktisch unmöglich. Eine Shoot-Transition-Funktion, mit der sich Schärfeverlagerungen vorprogrammieren lassen, gibt es bei der HC9 leider wieder nicht. Schade, denn diese Funktion existiert im Sony Firmware-Baukasten und damit hätte man leicht gegenüber der HV20/HV30 punkten können.



Es gibt zwar in den Digitaleffekten sogar eine Cinegamma-Funktion (als Kinomodus getarnt), die allerdings auch die Belichtungszeit auf 1/25s festschraubt und nur sehr moderat in die Farbgebung eingreift. Eine Attacke auf den 25P-Modus der Canon HV20/HV30 stellt dies daher nur bedingt dar.


Ausgesprochen gut gefällt uns weiterhin die Belichtungskontrolle per Histogramm. Canon bietet diese Funktion nur für Fotoaufnahmen, jedoch macht Sie auch bei Videofilmen durchaus Sinn. Zumal sie bei Sony mit dem zuschaltbaren Zebra kombinierbar ist.





Unter der Hand

Das interne Mikrofon nimmt „nur“ Stereo auf und ist unter dem Objektiv angebracht, wo es gerne von der stützenden linken Hand überdeckt wird. Dennoch eine bessere Postion, als die vielen nach oben gerichteten Konkurrenten. Für wirklich brauchbaren Ton lässt sich ein externes Mikro (sogar powered) über Miniklinke anschließen. Dieses kann manuell ausgesteuert und über einen ebenfalls anschließbaren Kopfhörer kontrolliert werden. Schön, aber weniger sollte man heute von einer HDV-Kamera über 1000 Euro auch nicht erwarten. Ein zuschaltbares Dämpfungsglied um Ton wie bei der Canon direkt einspielen zu können fehlt weiterhin.






Bildausstattung

Zwar kann die HC9 beim Weitwinkel gegenüber der HV20/30 ein paar Pünktchen gut machen, doch auch die gebotenen 40 mm (kb) sind für vielen Motive einfach zu wenig. Das ist bestenfalls noch als ausreichend einzustufen und macht einen Weitwinkelkonverter beinahe schon zum Pflichtkauf. Immerhin lassen sich Schärfe und Farbsättigung in der Kamera frei einstellen.





Aus dem Messlabor

Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E : hluma

Die horizontale Schärfe der HC9 ist mit ca. 65 Prozent gerade noch gut und muss sich dem Klassenbesten Canon geschlagen geben. Auch in der vertikalen Auflösung gibt es mit ca. 52 Prozent keine großen Überraschungen.



Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E : ISO340 215

Im ISO-Testbild sieht man dann auch deutlich, dass fast alle Linien links vom Kreis unterscheidbar sind, dafür jedoch deutliche, bunte Moiré-Wolken sichtbar werden. Hier entstehen also Farben, wo gar keine sein sollten.



Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E : hchroma



Bei der Farbauflösung patzten bisher fast alle Sony-CMOS-Einchipper und die HC9 ist hier auch keine rühmliche Ausnahme. Die Kamera liegt ca. 50 Prozent unter der Farbauflösung einer üblichen HDV-Kamera.



Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E : verzeichnung

Die HC9 hat zwar keinen großen Weitwinkelbereich, leistet sich dafür im Gegenzug auch keine Patzer bei der Verzeichnung. Kaum Verbiegungen sorgen für eine sehr gute Motivdarstellung. Hier leistet die Carl-Zeiss-Optik offensichtlich gute Dienste.



Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E : audio hc9

Das interne Mikrofon würde eigentlich relativ rauschfrei mit ca. -60dB Rauschspannungsabstand arbeiten, jedoch stört ein leises Sirren bei ca. 600 Hz die störungsfreie Aufnahme. Typisch für Camcorder mit Bandlaufwerk und praktisch nicht herauszufiltern, aber dennnoch besser als viele Konkurrenten.



Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E : 1200 Lux

Bei guter Beleuchtung liefert die HC9 ein extrem neutrales Bild mit sauberer Farbwiedergabe. Keine ausfransenden oder übersteuernden Farben trüben den Bildeindruck.



Frisch gestrichen - Sony HDR-HC9E : 12Lux



Im Lowlight wird das Bild unscharf, jedoch lässt sich immerhin etwas erkennen und etwas Farbe ist auch noch vorhanden. Keine überragende Vorstellung, aber für die Preisklasse OK. Signifikant bessere Low-Light-Eigenschaften bekommt man erst in der 3.000 Euro-Klasse zu Gesicht.





Fazit

In der Verarbeitung, beim Weitwinkel, und eventuell bei der Bedienung kann die Sony HDR-HC9 tatsächlich einen leichten Vorteil gegenüber den vergleichbaren Canon-Modellen für sich beanspruchen. Dagegen stehen jedoch die etwas bessere Bildqualität der Canons sowie kleine Zusatzdetails wie 25p-Modus oder Dämpfungsglied auf Canons Habenseite. Die kaum wahrnehmbaren Unterschiede zum Vorgängermodell lassen den Verdacht aufkommen, dass bei Sony (und auch Canon) keine neuen HDV-Modelle mehr entwickelt werden und wir es hier mit den „letzten Ihrer Art“ zu tun haben.







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