Kurz vor Weihnachten konnten wir endlich auch einmal die Canon EOS R3 durch unser Testlabor schicken, weil wir kurzfristig eine finale Version der Kamera in die Hände bekamen. Grundsätzlich kamen wir dabei noch einmal ins staunen, was man bei Canon mittlerweile im Preisbereich um die 6.000 Euro für Filmer geboten bekommt. Die R3 besitzt einen 6K-Fullframe Sensor, der in 6K (17:9) sogar mit bis zu 60 fps internes RAW aufzeichnen kann. Bei so vielen 6ern in der Spezifikation, sollte man jedoch nun keine Verschwörungstheorie anzetteln..
Bemerkenswert gegenüber 6K-Cine-RAW-Kameras ist vor allem, dass die Kamera für ihre Gehäusegröße inklusive des mitgelieferten Akkus sehr leicht ausfällt. Weil sie als ASIC-Design grundsätzlich relativ stromsparend ist, kann man mit relativ wenig Gewicht ziemlich lange ohne Stromzugang unterwegs sein. In unserem Fall wog die R3 drehfertig mit dem kompakten Canon 35mm F1,8 gerade mal 1,33 kg.

Uns gefiel während unserer Tests explizit, dass die Displayvergrößerung auch im Videomodus wirklich exakt funktioniert und selbst 6K-Details noch entsprechend groß und exakt darstellen kann. Das ist bis heute bei vielen Herstellern noch keine Selbstverständlichkeit - und half uns bei unseren folgenden Testbildcharts enorm...
Debayering in 4K - Vollbild
Die Canon EOS R3 kann bei Frameraten von 24-60fps die 6K-Vollformat-Sensorfläche bis zu einem Seitenverhältnis von 17:9 auslesen, was eine interne 4K DCI-Aufzeichnung mit 10 Bit in 4:2:2 ermöglicht. Die Kamera nutzt hierbei jedes verfügbare Sensel zum 4K-Downsampling, was zu folgendem Ergebnis führt:

Das 4K-Debayering gelingt entsprechend tadellos. Es sind an den Grenzfrequenzen zur 4K Auflösung keine Falschmuster, Falschfarben, Zipper oder sonstige Aliasartefakte zu sehen. Eine alternative RAW-Aufzeichnung in 6K und anschließende 4K-Downskalierung in der Post fällt kaum besser aus.
Die R3 beherrscht zudem einen optionalen 100/120fps Modus ohne Tonaufzeichnung, der ebenfalls die gesamte Chip-Breite für eine 4K-Aufzeichnung nutzen nutzen kann:

In diesem Modus werden jedoch ganz klar Sensel für die Berechnung ausgelassen, was zu deutlichen Aliasing-Effekten in vielen Mustern führt.
Debayering in 4K - S35/APS-C
Geht man in den optionalen S35-Cropmodus, so darf man sich etwas wundern. Denn während viele Vollbild-Kameras hier glänzen, gelingt Canon in diesem Modus allenfalls ein durchschnittliches Debayering. Hier mit 25-60fps:

Immerhin bleibt beim Sprung auf die 100/120fps das Debayering auf einem ähnlichen Niveau:

Dieses Verhalten spiegelt sich auch in den Rolling Shutter Werten...
Rolling Shutter
...die ebenfalls für eine 6K-DSLM sehr bemerkenswert sind. So landete der Rolling Shutter in allen Messungen niemals über 10ms. Im Detail lag der Rolling Shutter für alle Zeilen des 17.9-Vollbilds mit 24-60fp bei 9,9ms und fiel bei 100-120p auf 7,7ms zurück.
Im S35-Crop Modus lag der Rolling Shutter mit 24-60p bei 6,6ms und fiel bei 100-120p auf 4,8ms zurück. Gerade die Zahlen im Vollbildmodus sind in Anbetracht der gebotenen Debayering-Qualität erstaunlich gut und liegen definitiv auf dem Niveau gehobener Cine-Kameras.
Dynamik
Die Dynamik des Sensors ist grundsätzlich schwer einzuschätzen, weil sie von vielen Komponenten abhängt, die sich in der R3 optional beeinflussen lassen. So rauscht eine RAW-Aufzeichnung mehr (und anders) als eine interne HEVC-Aufzeichnung. Auch ist entscheidend, ob man die Kamera grundsätzlich unter 4K oder 6K Auflösung bewerten will. Auf jeden Fall reiht sich die Kamera mit ihrer Dynamik in den Reigen aktueller 6K-Vollbild DSLMs ein und spielt dort mit Clog 3 im Feld der EOS R5 und EOS R6 mit.
Fazit Sensorverhalten Canon EOS R3
Die Signalelektronik bietet im Zusammenspiel mit dem Sensor feinste Cinekamera-Eigenschaften: Das sind vor allem sehr gute Rolling Shutter Werte sowie die Aufzeichnung in 6K-Vollbild-RAW mit Clog 3 bis 60fps sowie tadelloses 4K-Debayering bis zu 60p mit 4:2:2 in 10 Bit.
Oben drauf kommen noch wichtige Eigenschaften, die man bei echten Cinekameras so nicht findet: Ein stromsparendes und leichtes ASIC-Kamera Design mit einem bewegten Sensor sowie der bewährte DualPixel Autofokus. Außerdem bekommt man ein Display und einen guten Sucher "mitgeliefert". Da fängt man sich schon an zu fragen, was man (außer der speziellen Bedienung) noch von einer echten Cine-Kamera an zusätzlichem Nutzen erwartet. Die Filmqualität der Canon R3 ist jedenfalls für eine 6K-Vollbildkamera außerordentlich gut.
Unser Praxistest der Canon EOS R3 findet sich übrigens hier.