Test Apple Shake 4.0

Apple Shake 4.0

Apples Shake genießt gerade unter Profis einen ausgezeichneten Ruf. Wir haben einen Blick auf die Version 4.0 geworfen.

Na das kann man nur schlechtes Timing nennen. Da haben wir uns mal intensiv in Shake eingearbeitet und wollten euch mit einer Review überraschen, und da stiehlt Apple uns die Show, mit neuer Version und satter Preissenkung. Da Shake dadurch gerade in aller Munde ist, wollen wir euch den Artikel zur 4.0 Version jedoch nicht vorenthalten. Sobald die Version 4.1 bei uns eingetroffen ist, liefern wir noch einen Nachschlag zu diesem Test.



Wenn das Wort Shake fällt geht es meistens um absolute Profi-Produktionen. Es gibt kaum einen Hollywood-Spielfilm, in dem Apples Compositing-Programm nicht zum Einsatz kam. Keine Frage: Wer Shake-Operator ist, spielt in der Oberliga.



Wir haben einen Blick auf die aktuelle Version geworfen und wollen gleichzeitig prüfen, wo das Programm im Vergleich zu After Effects angesiedelt ist.






Das Paket

Beim Auspacken fallen vor allem die mitgelieferten Handbücher auf: Über drei Werke verteilt werden wirklich alle Funktionen des Programms ausführlich dargestellt. Dank des mitgelieferten Tutorial-Bandes sollte sogar Anfängern der Einstieg in das Programm ziemlich schnell gelingen. Denn es ist extrem locker geschrieben und behandelt dennoch wirklich wichtige Themen lehrbuchhaft und korrekt. Allerdings ist das komplette Paket (Software und Handbücher) nur in Englisch erhältlich, auf eine Eindeutschung wurde komplett verzichtet. Gegenüber der Konkurrenz, deren deutsche Handbücher meistens nicht sonderlich gut gelingen, nicht unbedingt eine schlechte Entscheidung.


Etwas lieblos wirkt allerdings der ausnahmslose Schwarz-Weiss-Druck, bei dem viele Abbildungen zu dunkel oder kaum aussagekräftig sind. Die Anleitung selbst verweist hier oft auf das mitgelieferte, identische PDF, allerdings könnte eine teilweise farbig gedruckte Dokumentation auch beim stark gesenkten Preis von 480 Euro eigentlich drin sein. Zumal man die Anleitung wirklich gerne als Lektüre zur Hand nimmt und Sekundärliteratur dadurch praktisch überflüssig ist.






Eine andere Welt

Vor der Installation merkt man schon, dass dieses Programm nicht ganz in das Raster der Apple-Bedienungs-Philosophie passen will. Denn bereits in den Systemanforderungen wird eine Drei-Tasten-Maus vorausgesetzt. Dieses aus der UNIX-Welt stammende Werkzeug ist in der Apple Welt eher ein Kuriosum. Man kann auch ohne eine solche Maus mit Shake arbeiten, jedoch ist die Anschaffung für die tägliche Arbeit mit Shake sicherlich nicht unpraktisch. Ansonsten muss man für die dritte Taste immer zusätzlich die Tastatur bemühen.


Der Grund für die Bedienung mit der Drei-Tasten-Maus liegt in der Vergangenheit: Ursprünglich wurde Shake von der Firma Nothing Real für UNIX-Systeme entwickelt und erst später nach Windows und Mac OSX portiert. Nach dem Kauf der Firma durch Apple wurde der Windows-Port fallengelassen. Eine Linux Portierung ist nach wie vor erhältlich, jedoch kostet diese Version spürbar mehr.






Die Oberfläche

Der Grund für diese kurze, geschichtliche Exkursion erklärt sich nach der problemlosen Installation des Programms: Gegenüber den restlichen Apple-Programmen wurde Shake nicht sonderlich in die Aqua-Oberfläche integriert. Stattdessen lässt sich das Programm nach wie vor wie viele Programme unter Linux/X-Windows bedienen. Besonders merkt man dies z.B. beim integrierten Filebrowser zur Medien-Auswahl. Dennoch ist dies kein Grund, vor Shake zurückzuschrecken. Denn grundsätzlich lässt sich Shake mit der Maus ebenso leicht bedienen, wie jedes andere Windows oder Mac-Programm.




Die Oberfläche ist, wie man hier beim File-Auswahlwahldialog gut sieht, praktisch nicht an Aqua angepasst.
Die Oberfläche ist, wie man hier beim File-Auswahlwahldialog gut sieht, praktisch nicht an Aqua angepasst.




Sobald man sich näher mit der Oberfläche von Shake beschäftigt, erahnt man den Grund, warum dieses Programm noch nicht an Aqua angepasst wurde. Denn Shake ist eigentlich ein komplett Script-basiertes Programm, das seine Befehle geschickt unter einer Oberfläche versteckt. Dies offenbart sich, wenn man sich ein Projektfile des Programms ansieht. Gegenüber anderen Applikationen, besteht dieses aus Compositing-Befehlen in lesbarer Reinform. Und dies bedeutet wiederum eine der größten Stärken von Shake. Mit einem einfachen Texteditor kann man die Projektfiles jederzeit umschreiben und kleine Details an jeder Stelle des Projektes ändern. Eine bessere Undo-Liste kann es wohl kaum geben.






Alles ist Script

Doch mit dem Scripting von Projekten ist es noch nicht getan. Über Scripts lassen sich auch neue Befehle in das Programm einbinden, inklusive eigener Bedienelemente. Bei Shake ist eben alles und jedes über die integrierte Sciptsprache programmierbar. Und da diese Scripte auch kräftig unter Profis getauscht werden, kursieren auch viele Modifikationen für jeden erdenklichen Einsatzzweck, sei es ein DV-Key-Blur oder eine Nachbildung von Trapcodes Shine-Plugin. Apropos Nachbildung: Wir fanden im Netz sogar ein Script, das sämtliche Effekte von After Effects unter Shake nachbaut. Die Funktionen stehen dann im Programm wie ein eigener Filter zur Verfügung.




Die Oberfläche von Shake ist ziemlich funktionell gehalten und lässt sich mit Skripten beliebig erweitern.
Die Oberfläche von Shake ist ziemlich funktionell gehalten und lässt sich mit Skripten beliebig erweitern.


Für Anwender mit etwas Programmiererfahrung ist Shake daher ein Eldorado der unbegrenzten Möglichkeiten. Adobes AFX-Expressions sind bei weitem nicht so flexibel. Allerdings tauchte kurz vor Abgabe dieses Artikels in unserem Forum ein Link auf eine umfassendere Scripting-Möglichkeit von After Effects auf.


Nichts desto trotz dürfte Shake wegen der klaren, von Anfang an auf Scripting ausgelegten Syntax weiterhin deutlich einfacher programmierbar bleiben.



Apropos Syntax: Shake und seine Scriptsprache sind praktisch wie ein Compositing-Lehrbuch aufgebaut. Wer einmal den Klassiker von Ron Brinkman (Art and Science of Compositing) gelesen hat, kann hier die mathematischen Formalismen praktisch 1:1 in Mausbefehle auf der Oberfläche umsetzen.




Compositing-Projekt in Schriftform: Bei Shake lassen sich Projekte auch mit einem Texteditor leicht verändern.
Compositing-Projekt in Schriftform: Bei Shake lassen sich Projekte auch mit einem Texteditor leicht verändern.



Und das führt uns zur zweiten Stärke von Shake, die manchen Anwender jedoch auch überfordern dürfte:








Der Workflow

Bei Shake finden sich praktisch keine fertigen Effekte von der Stange: Es gibt fast ausschließlich elementare Compositingfunktionen (sog. Node-Operatoren) im Lieferumfang, aus denen man sich dann durch Verknüpfung die einzelnen Effekte zusammenbaut. Selbst ein einfacher Glow muss so aus einzelnen Blurs etc. zusammengeschraubt werden. Dies setzt schon ein gehöriges (Brinkmann-)Verständnis von Compositing vorraus, auf der anderen Seite lässt sich hiermit auch jeder noch zu kleine Parameter als Node manipulieren.



Um Bildteile übereinander zu legen gibt es z.B. diverse Over-Nodes. Verbunden werden diese Nodes durch Noodles (Ja, richtig gehört, durch Nudeln). Das sind Bindedrähte, die den Fluss der Bilddaten beschreiben. Bilder und Videos wandern über Input-Nodes ins Projekt, Renderausgaben fallen an den Output-Nodes an. Gegenüber After Effects, das eher Timeline-basiert arbeitet, spricht man bei Shake daher auch von Node-basierter Bearbeitung.


 Nodes werden über Noodles zu einem Compositing zusammengefügt.
Nodes werden über Noodles zu einem Compositing zusammengefügt.


Doch ehrlich gesagt sind die Unterschiede in der Bearbeitung kleiner, als viele Anwender behaupten. After Effects kann auch in einer Node-Ansicht bedient werden und Shake bietet auch eine Timeline. Letztendlich gibt es wohl kaum ein Compositing-Problem, welches nicht mit beiden Programmen gelöst werden kann. Allerdings merkt man Shake an, dass es eher aus der Film-Gestaltungsecke abstammt, da es schon immer mit höheren Farbtiefen als 8Bit-Video umgehen konnte. Bei After Effects wirken dagegen die höheren Farbtiefen irgendwie nicht vollständig integriert. So sind sie beispielsweise immer noch nicht in allen Filtern anwendbar.






Ausgereifte Qualität

Dies äußert sich auch in der Effektqualität: Egal ob Keyer (Primatte und Keylight werden mitgeliefert), Motion-Tracking, Slow-Motion oder Farbkorrektur: Sind die Nodes einmal beherrscht gibt es hier nur feinste Ergebnisse. Um keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: Auch After Effects liefert erstklassige Ergebnisse und die Ausgabe-Unterschiede hängen mittlerweile viel mehr von den Qualitäten des Anwenders ab, denn von den verwendeten Algorithmen. Eine subjektive Wertung in der Redaktion ergab einen leichten Qualitäts-Vorsprung von Shake beim Tracking und bei der Slow-Motion. Je nach Ausgangsmaterial und Einsatz kann dies jedoch stark schwanken.



Während der Arbeit wartet das Programm auch mit vielen durchdachten Details auf: Durch den Infinite Workspace kann jeder Layer/Node seine eigene Größe, Framerate und Farbtiefe haben. Auch die Auflösung des Projektes kann während des Arbeitens dynamisch verändert werden. Einzigartig ist wohl die Möglichkeit das Caching des Programms im Workflow selber zu bestimmen. Wird ein Zweig im Projekt auf absehbare Zeit nicht verändert, so kann dieser manuell gecached werden. Dieser Zweig wird dann gerendert und im Speicher fix abgelegt. So müssen komplexe Teile eines Compositings in der Preview nicht unnötigerweise immer wieder berechnet werden. Musiker kennen diese Funktionen vielleicht aus Audiobearbeitungsprogrammen, wenn einzelne Spuren gefreezed werden, um Prozessorleitung freizuschaufeln.





Schattenseiten?

Bei so viel Lob stellt sich natürlich die Frage was Shake eigentlich nicht beherrscht. Auf der einen Seite ist die 3D-Integration sogar ziemlich gelungen, da Z-Masken mit Tiefenschärfe-Informationen verarbeitet werden, sowie Maya-Kameradaten und 3D-Informationen importiert werden können. Auf der anderen Seite lassen sich im 3D-Raum keine eigenen Lichter setzen, weshalb Ebenen auch keine Schatten werfen. Zusätzlich können sich in Version 4.0 Ebenen auch nicht schneiden. Gerade im synthetischen Motion Design ist After Effects hier noch deutlich im Vorsprung. Außerdem besitzt Shake kein eigenes Partikel-System.



Doch gerade Motion Design und Partikel-Systeme sind ja bekanntlich eine Stärke von Apples Motion, das sich als Partner für Shake geradezu in diesen Situationen anbietet. Angeblich geht die Integration in der kommenden Version 4.1 sogar soweit, dass Motion und Shake über das OpenEXR-Format unkomprimierte Projekte austauschen können. Damit ließe sich das Partikelsystem von Motion auch relativ bequem in Shake einsetzen. Einzig Schatten, Lichter und geschnittene Ebenen im eigenen 3D-Raum beherrscht Motion ebenfalls nicht.



Und noch ein Punkt sei angesprochen, den wir jedoch erst im nächsten Test näher untersuchen können. Subjektiv fühlte sich die Geschwindigkeit des Programms auf einem PowerMac G5 Dual 1,8GHz mit 2,5 GB RAM eher langsamer als After Effects auf dem selben System an. Dabei lastete Shake beide Prozessoren dauernd gleichmäßig aus. Eigentlich ein Zeichen für sehr gute Optimierung. Hier sind wir gespannt, ob die neuen (bzw. ursprünglichen) Intel-Optimierungen Shake noch einmal deutlich beschleunigen werden.






Fazit

Wollte man eine Abgrenzung der Programme wagen, so kann man sagen, dass sich Shake eher für komplexe, realistische Compositings mit vielen Bildlayern eignet während After Effects eher stärken im Motion Design/synthetische Effekte mit (relativ) wenigen Klicks hat.


Viel entscheidender (und auch viel teuerer als das Programm selbst) ist jedoch die Erfahrung des Anwenders mit dem Programm. Denn wie bereits erwähnt, lässt sich beinahe jedes Compositing-Problem mit beiden Programmen bewältigen. In der Praxis zählt dann nur, wie gut man sein Programm kennt um ans Ziel zu gelangen. Auf jeden Fall ist Shake durch die drastische Preisreduzierung zu einer echten After Effects-Alternative geworden. Preislich bietet es für unter 500 Euro viele Funktionen, die sich bei Adobe erst im Professionell Bundle für 1500 Euro finden. Wer neu einsteigt ist mit Shake daher auf jeden Fall gut beraten, solange ihm der Workflow liegt. Auseinandersetzen muss man sich mit beiden Programmen, wobei After Effects sicherlich schneller zu komplexen Ergebnissen führt, da die Lernkurve bei weitem nicht so steil ist.


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