Nachdem wir uns bereits mit den grundsätzlichen Systemzusammenhängen bei Komponenten für einen Videoschnitt-PC auseinandergesetzt haben, wollen wir uns nun einmal praktisch ansehen, welche Optionen aktuell (Sommer 2024) beim Kauf eines Rechners für die Videobearbeitung in unseren Augen besonders vorteilhaft erscheinen.
Desktop PC
Ist man mit seiner Entscheidung bei einem Desktop-PC gelandet, genießt man einige Vorzüge: Beliebig tauschbare und somit aufrüstbare Komponenten und damit auch eine grundsätzlich große und preisgünstige Auswahl an Optionen.
Doch die vermeintlich immer günstigste Wahl der letzten Jahre hat tatsächlich deutlich an Attraktivität eingebüßt: Denn die flexible Hauptspeicheranbindung eines Desktop-PCs kann sich mittlerweile als gehöriger Flaschenhals entpuppen. Denn selbst die modernsten Mainboards für Desktop Rechner können nur mit zwei RAM-Bänken (Dual Channel RAM) bestückt werden, was bei günstigen DDR4-Modellen gerade mal Datenraten im Bereich von ungefähr 30 GB/s ermöglicht. Und sogar die teuersten Desktop-Boards mit zwei DDR5 Kanälen schaffen in Kombination mit dem teuersten RAM nur knapp 80 GB/s, was zwar für viele Fälle ausreichend scheint, jedoch nicht besonders zeitgemäß ist. Eine schnelle Hauptspeicheranbindung ermöglicht nicht nur besonders viele Farbkorrektur-Masken in Resolve, sondern erhöht auch allgemein den flüssigen/reibungslosen Ablauf vieler Funktionen der Bedienoberfläche.
Wirklich schlecht sind die typischen 70 GB/s natürlich auch nicht, aber wenn man auf Macs schielt, die aktuell bis zu 800 GB/s hinbekommen, sehen Desktop-PCs in dieser Disziplin einfach alt aus - auch wenn man sie an anderen Stellen noch so gut erweitern kann.
Bei der Auswahl des Prozessors (und damit natürlich auch der Plattform) ist Intel in unseren Augen aktuell im Vorteil, weil es mittels Quick Sync die bessere Hardware-Codec Unterstützung bietet (i.e: 4:2:2 10 Bit Decoding). Allerdings haben die aktuellen Prozessorserien ein Zuverlässigkeitsproblem und können über die Zeit schleichend kaputt gehen. Intel hat für die Probleme bislang noch keine hundertprozentig zufriedenstellenden Lösungsvorschläge geliefert, jedoch immerhin die Garantie für einige Prozessoren verlängert (Stand Mitte August 2024).
Beispielkonfigurationen
Wer sich einen Desktop-PC zusammenstellen will, muss grundsätzlich mindestens 100 Euro zusätzlich für Gehäuse, Netzteil und System-SSD ansetzen und das Mainboard- und Prozessor-Gespann sollte unbedingt DDR5 unterstützen. PCIe-5.0 Slots stellen dagegen mangels verfügbarer GPUs bis auf weiteres keine sinnvolle Investition dar. Der konkrete Prozessortyp ist dagegen aktuell in unseren Augen mittlerweile fast nebensächlich.
Für zwei Beispielkonfigurationen ohne GPU kommt man aktuell auf folgende, minimalen Plattform-Kosten (Sommer 2024):
Intel (ca. 410 Euro):
Intel Core i5-12400F (100 Euro), z.B.
1700er Mainboard mit PCIe4 (90 Euro), z.B.
32 GB DDR5 RAM (120 Euro), z.B.
Desktop: Gehäuse, Netzteil, kleine SSD (100 Euro), z.B.
AMD (ca. 500 Euro):
AMD Ryzen 5 8400F (ca. 150 Euro), AM5 Mainboard PCIe4 (100 Euro), 32 GB DDR5 RAM (120 Euro)
Desktop: Gehäuse, Netzteil, kleine SSD (ca. 100 Euro)
Wer sich beim Budget am kleinsten Mac Mini orientiert (ca. 600 Euro), hat nun gerade noch maximal 200 Euro für eine Grafikkarte im Budget, was kaum eine sinnvolle Kombination für die Videobearbeitung ermöglicht. Wählt man dagegen eine Grafikkarte im 500 Euro Bereich (wie z.B. eine Nvidia RTX 4060 Ti mit 16 GB), so landet man unter Resolve bei Compute Bound-Effekten bereits auf Augenhöhe mit einem Apple M3 Max. Und das bei einem Gesamtbudget von ca. 1.000 Euro. Noch besser steht diesem Basis-System für knapp 350 Euro Aufpreis jedoch sicherlich eine RTX 4070 Ti SUPER (für ca. 820 Euro), die GPU-Effekte noch einmal doppelt so schnell berechnet und in unseren Augen aktuell das interessanteste Preis-Leistungs Verhältnis aller Nvidia GPUs aufweist. Will man dazu auch noch etwas die CPU peppeln, landet man bei ca. 1500 Euro für ein äußerst solides PC-Desktop System, das nur noch wenig Wünsche offen lässt.
Wer bei der GPU auf AMD oder Intel setzen will, kann gegenüber Nvidia eventuell noch 100-200 Euro auf dem Papier bei ähnlicher Leistung sparen, hatte jedoch in der Vergangenheit dann gelegentlich unter Resolve mit kleinen Hängern zu leben und bekommt zudem keine CUDA-Beschleunigung für KI-Effekte. Die aktuell mächtigste GPU (RTX 4090) kostet dagegen mit 1.800 Euro unverhältnismäßig viel und kann im besten Fall nur maximal 50 Prozent schneller rechnen als eine RTX 4070 Ti Super, welche jedoch nicht einmal die Hälfte kostet.
Workstation / HEDT
Wünscht man sich bei einem Windows-Rechner noch mehr Speicherdurchsatz, so muss man in eine Workstation-Umgebung investieren, die von Intel auch lange Zeit aktiv unter dem Begriff HEDT (High End Desktop) vermarktet wurde. Intel hat diesen HEDT-Markt jedoch in den letzten Jahren weitgehend AMDs Threadripper überlassen, der wiederum als DDR5-Plattform mit vier oder acht Speicherkanälen aufgrund seiner Dominanz mittlerweile unverhältnismäßig teuer ist. Dabei ist Intels HEDT übrigens niemals offiziell gestorben, sondern nur ebenfalls relativ teuer und selten geworden.
Wer zum maximal Möglichen greifen will - eine Workstation-Plattform mit 8 DDR5-Speicherkanälen - kann damit momentan maximal 332.8GB/s Speicherdurchsatz erzielen - weil 8 steckbare DDR5-Speichermodule im Verbund aktuell nicht schneller als DDR5-5200 betrieben werden können.
Die günstigste Kombination aus 8 Kanal DDR5-Mainboard und Prozessor sind zudem ein teures Vergnügen - aktuell werden ca. 2.500 Euro exklusive RAM und allem anderen Drumherum fällig. Deshalb lohnt sich der Aufbau eines solchen Systems eigentlich nur im Zusammenspiel mit mehreren besonders leistungsfähigen GPUs. Dennoch ist eine signifikante Mehrleistung dann keinesfalls garantiert, denn längst nicht alle GPU-Effekte skalieren auch gut unter mehreren GPUs. Auch nicht unwichtig: Das Hardware-Decoding Quicksync ist bei Intels Xeon Plattform nicht integriert und auch AMD und Nvidia unterstützen bis heute keine 10 Bit 4:2:2 Decodierung in Hardware.
Es gibt auch noch etwas günstige Workstation-Plattformen mit Quad-Channel Anbindung, jedoch sind auch hier die Preise durchaus gesalzen. Bei Intel bekommt man Quad-Channel mit ungefähr 140 GB Speicherdurchsatz ab ca. 1000 Euro (z.B. Intel Xeon w3-2423 (400 Euro) , Mainboard ASRock W790 WS (600 Euro). Bei AMD bekommt man Quad-Channel DDR5 mit 166 GB/s ab ca. 2.250 Euro (z.B.: Mainboard ASRock TRX50 WS (750 Euro), AMD Ryzen Threadripper 7960X (1.500 Euro)).
Bei Intel fängt Acht-Kanal DDR5 (mit ca. 300 GB/s Speicherduchsatz) bei ca. 2.500 Euro an (z.B. Mainboard ASUS Pro WS W790E (1100 Euro) und Intel Xeon w5-3425 (1.300 Euro)). Und bei AMD muss man für Octa Channel mit max 330 GB/s aktuell sogar mindestens 3.700 Euro nur für Mainboard und kleinsten Prozessor hinlegen (z.B. Mainboard ASRock WRX90 WS EVO (ca. 1.200 Euro ) und AMD Ryzen Threadripper PRO 7975WX (ca. 2500 Euro)).
Wer dennoch in diese Richtung plant, sollte sich vorher eingehend beraten lassen, darum noch einmal unser deutlicher Hinweis: Mit Multi-GPU Workstations lässt sich viel Geld ohne relevante Performance-Gegenleistung versenken, da längst nicht alle GPU-Effekte von einem Multi-GPU Setup profitieren.
Apple Mac
Man möchte es nach den letzten Jahrzehnten kaum für möglich halten, jedoch gibt es dank Apple Silicon heutzutage zahlreiche Apple Macs, die für die Videobearbeitung günstiger sind als vergleichbare PCs. Dies gilt vor allem, wenn man am PC eine vergleichbare Abstimmung von Speicherdurchsatz, GPU-Leistung und Hardware-Codecs sucht.
Die Mac Minis und die Studio Macs bieten dabei grundsätzlich eine runde Gesamtleitung, allerdings lässt sich keines der Systeme auf die GPU-Höchstleistung einer Workstation trimmen. Denn hier lauert Apples größter Nachteil: Obwohl es sogar noch sündteure Mac Pros mit PCIe-Slots gibt, existiert keine Möglichkeit, hiermit AMD-, Intel- oder Nvidia-GPUs anzusprechen. Denn es gibt schlichtweg keine GPU-Treiber für Apples Silicon Platform.
Wer viel nackte GPU Rechenleistung für seine Effekte sucht, bekommt am Mac "nur" maximal 27.2 TFLOPS FP32-Rechenleistung (M2 Ultra, ab ca. 6000 Euro) während man bei Nvidia aktuell unter 1.800 Euro rund die dreifache GPU-Rechenleistung erhält (85.03 TFLOPS (FP32), RTX 4090). "On top" bekommt man mit einer Nvidia Karte auch noch eine sehr gute Unterstützung für KI-beschleunigte Effekte.
Am interessantesten sieht es dagegen bei Apple im Mittelfeld aus. Aktuell würden wir persönlich in einen Mac M2 Max investieren. Denn dieser bietet mit 400 GB/s mehr Speicherdurchsatz als die teuersten PC-Workstations und ist mit einem Preis von ca. 2.400 Euro auch schon in der Basiskonfiguration mit 32 GB RAM und 512 GB SSD ausgestattet, was für die meisten Fälle auch die nächsten Jahre ausreichen dürfte.
In der GPU-Leistung würden wir seinen M2 Max unter Resolve ungefähr mit einer RTX 4060 Ti vergleichen, allerdings performt ein Mac "M MAX"-Prozessor dank Unified Memory in der Regel noch einmal deutlich "snappier" als viele Desktop PCs. Dies dürfte manchen Anwendern bereits alleine einen Aufpreis wert sein. Dazu gibt es bei Apple natürlich alles auch noch schön kompakt und leise verpackt.
Und wer bei Apple genau aufs Geld schauen will, dem würden wir im konkreten Fall aktuell zu einem refurbished Studio M1 Mac raten. Den gibt es mit voller Garantie (und in der Regel wie ein Neugerät geliefert) immer wieder mal um die 1.500 Euro zu erstehen. Und ebenso gelegentlich finden sich mittlerweile auch schon refurbished M2 Max Studio Geräte für 2.000 Euro im Markt.
Ausblick
Dies sind also unsere aktuellen Ratschläge im Sommer 2024 für alle Anwender, die viel Leistung bei der Videobearbeitung fordern, jedoch auch auch nicht unnötig viel Geld versenken wollen. Kurz zusammengefasst: Wir würden aktuell zu einem Desktop-PC mit Nvidia RTX 4070 Ti Super für ca. 1.500 Euro oder zu einem Refurbished Studio Mac M1 Max für einen ähnlichen Preis greifen. Beim Desktop-PC bedeutet eine schwächere GPU gleich deutlich weniger Leistung bei relativ wenig Gesamtbudget-Einsparung und beim Mac bedeutet jede Investition unter einer "Max-" CPU die halbierte (Pro) oder sogar geviertelte Rechenleistung (Standard M-Prozessor).
Wem dies alles immer noch zu vage für seine persönliche Entscheidung klingt, für den werden wir in naher Zukunft noch detailliertere Performance-Informationen zur Verfügung stellen. Hierfür wollen wir jedoch noch die nächste finale Version von Resolve abwarten...