Wer von einem Camcorder auf eine Kamera mit Wechseloptik umsteigt, ist in der Regel erst einmal von der Objektivauswahl erschlagen. Neben Zoom-Objektiven gibt es auch sogenannte Festbrennweiten. Doch warum sollte man auf Zoom verzichten? Zumal Zoom-Objektive wie die beigelegten Kit-Optiken meistens sogar deutlich günstiger sind?
Festbrennweiten bieten nur einen festen Bildauschnitt. Bei Zoom-Objektiven kann man dagegen den Bildauschnitt in einem definierten Bereich verändern. Dafür sind Zoom-Objektive deutlich komplizierter in der Konstruktion, weshalb sie nicht so lichtstark sein können, wie die deutlich einfacher konstruierten Festbrennweiten (in der Filmersprache sog. Primes).
Die Wikipedia definiert die Lichtstärke eines Objektivs als Quotient aus maximal möglichem Durchmesser der Eintrittspupille und der Brennweite. Man gibt diesen Quotienten meist als Kehrwert der Blendenzahl an, etwa als 1/2,8 oder f/2,8 (2,8 ist die Blendenzahl, und f steht für die Brennweite).
Ohne das im Detail verstehen zu müssen, beschreibt die Lichtstärke somit, wie viel Licht im Verhältnis zur Brennweite durch das Objektiv gelangen kann. Die Blendenzahl beschreibt dabei die Größe der Blendenfläche durch die das Licht gelangt. Zum Merken:
Je größer die Fläche, desto mehr Licht kann durch und desto KLEINER die Blendenzahl.
Immer noch unklar. Dann so:
Je KLEINER die Blendenzahl (der auf dem Objektiv angegebene F-Wert), desto MEHR Licht kann durch das Objektiv kommen.
Teure Zoom-Objektive kommen dabei fast nie unter eine Blendezahl von 2.8, gute Festbrennweiten besitzen dagegen Blendenzahlen von bis zu 1,4, sehr spezielle Objektive liegen sogar noch darunter.
Der Unterschied zwischen 2.8 und 1.4 klingt nicht viel, ist aber größer als auf den ersten Blick anzunehmen. Denn die Reihe der Blendenzahlen beschreibt jeweils eine Halbierung der Eintrittsfläche. Eine Blende 1.0 lässt also doppelt so viel Licht durch, wie eine Blende 1.4. Diese lässt wiederum noch doppelt so viel Licht durch wie eine Blende von 2. und diese lässt wiederum noch doppelt so viel Licht durch wie eine Blende 2.8. Eine Blendenzahl von 1.4 lässt also viermal so viel Licht durch, wie eine Blendenzahl 2.8.
Analoge Fotografen gleich(t)en diese Helligkeitsunterscheide ausschließlich durch die Belichtungszeit aus, denn hier existiert ein umgekehrter Zusammenhang: Wenn man die Belichtungszeit verdoppelt gelangt ebenfalls doppelt so viel Licht auf den Sensor. Vervierfacht man die Belichtungszeit so kommt vier mal so viel durch. Jeder Sprung in der Blendenzahl kann also durch eine Verdoppelung oder Halbierung der Belichtungszeit kompensiert werden.
Wer sich hierunter jetzt noch nichts vorstellen kann, dem könnte der folgende Zusammenhang die Augen öffnen:
Wer ein Motiv bei einer Blende von 1.4 mit 1/50s Belichtungszeit filmt, müsste bei einer Blende von 2.8 schon mit einer Belichtungszeit von 1/12s filmen um eine identische Bildhelligkeit zu erzielen (Gain/ISO einmal außen vorgelassen). Das ist schon ein gewaltiger Unterschied. Und ein Problem, denn beim Filmen sollte die Belichtungszeit in der Regel ja nicht unter 1/50s fallen.
Wer es selber ausprobieren will, kann auch mal an seiner Kamera eine Blende 4 mit 1/50s Belichtungszeit einstellen. Stellt anschließend bei gleicher Blende (und ISO!) auf 1/6s. So hell wäre das gleiche Motiv mit einer Blende 1.4 bei einer fiktiven Belichtungszeit von 1/50s.
Wer diesen Zusammenhang zwischen Blende und Belichtungszeit verstanden hat, kann natürlich das Experiment auch an seine eigene Kamera anpassen. Besitzt diese eine maximale Offenblende von 2.8, so könnt ihr diese erst einmal mit 1/50s einstellen. Zum Vergleich stellt man anschließend die Belichtungszeit auf 1/12s. So hell wäre dann das Bild mit einer F1.4-Optik bei 1/50 Sekunde.
Doch kleine Blendenzahlen haben noch eine andere wichtige Auswirkung auf die Bildästetik. Je kleiner die Blendenzahl, desto geringer wird auch die Schärfentiefe. Wer also Objekte gerne optisch durch einen unscharfen Hintergrund (so. Bokeh) freistellen will, braucht ebenfalls sehr kleine Blendenzahlen für diesen Effekt. Doch das ist ein anderes Thema.
Erwähnenswert an dieser Stelle ist vielleicht noch, dass Filmer lichtstarke Optiken bei kleinen Blendenzahlen gerne als schnelles Glas bezeichnen. Daher kommt der Bergriff für diese Objektivgattung: Fast Primes.
Danke für den Artikel.
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