Film und Video – der Kontrast...
// Apropos Film und Kontrast – man hört ja ab und zu von Kameraleuten, daß es ja viel schwieriger sei, für Video zu leuchten, aufgrund des geringeren Kontrastumfangs. Wie siehst Du das?
Korn hat natürlich einen größeren Dynamikumfang. Wenn du bei Video eine weiße Fläche hast, mußt du aufpassen, daß du die nicht überlechtest, denn dann verliert sie jede Bildinformation. Im Korn hast du dann eher noch eine Information drin. Bei Video hast du natürlich den Vorteil, wenn du einen guten, kalibrierten Monitor am Set hast, daß du das eins zu eins überprüfen kannst. Die Schwierigkeiten die auftreten, kannst du auch besser kontrollieren. Bei Film hast du heutzutage an der Kamera zwar auch eine Videoausspielung, aber die sagt nichts über die technische Qualität des Bildes aus, das ist mehr für den Regisseur um die darstellerischen Leistungen zu prüfen, oder die Kameraführung.
Bei Video ist das schon anders, und über ein Histogramm kannst du schnell erfassen, ob es Bereiche gibt, die total ins Weiße wegbrechen, sodaß man am Licht etwas zurücknehmen muß.
// Hier darf man sich also noch weniger auf das Auge verlassen.
Das kommt auch ein bißchen auf die Erfahrung des Kameramanns oder des Beleuchters an.
Von meiner Erfahrung mit Video her ist die Lichttechnik im groben die gleiche, wie bei einem Filmdreh, also dieselben Lampen, dieselbe Art der Lichtformung mit Reflektoren, Abdeckfahnen und so, höchstens vom Lichtgleichgewicht ist das anders, das man in der Relation anders arbeitet.
// Ein anderes Merkmal von Video ist die sehr große und meist unerwünschte Schärfentiefe. Wie läßt sich Licht unter diesem Gesichtspunkt als gestalterisches Hilfsmittel einsetzen?
Da muß man versuchen, das über das Licht-Gleichgewicht zu regeln, bei einem Interview zum Beispiel die Person gut ausleuchten, und den Hintergrund dunkler machen, damit die Person sich davon abhebt, sodaß man da eine Stufung erreicht. Aber das ist natürlich immer ein großes Problem mit der Schärfentiefe, die fehlende Gestaltungmöglichkeit der Unschärfe bei Video. Daher versuchen ja Kameramänner möglichst immer mit diesem 35mm-Vorsatz zu drehen.
// Wäre das nicht mal eine schöne Herausforderung, zu sagen: wir drehen jetzt Video, ohne Adapter, aber machen so eine ausgefuchste Lichtsetzung, und modulieren unsere Schatten so, daß wir so eine gewisse Bildtiefe herstellen oder simulieren können?
Das ist doch aber eigentlich ein grundsätzliches, filmisches Prinzip, daß man schon immer bestrebt ist, gewisse hervorzuhebende Dinge im Bild zu unterstützen durch ein Freistellen, entweder über die Schärfentiefe, Vordergrund scharf / Hintergrund unscharf oder umgekehrt, oder ein Lichtungleichgewicht. Das kann ja beides gut aussehen, und ist Teil des visuellen Konzepts. Da geht es darüberhinaus auch darum, welche Farbe haben Wände am Set zum Beispiel, oder wie sehen die Kostüme aus und so.
Manchmal sind einem da auch die Hände gebunden, wenn es Figuren gibt, die aus irgendeinem Grund immer schwarz tragen müssen, weil sie in Trauer sind, oder -- um ein extremes Beispiel zu nennen -- bei Gothics, die sich dann auch noch in einem schwarzen Motiv bewegen. Da mußt du dann über das Setzen von Konturen und Kanten versuchen, daß die Figuren sich vom Hintergrund trennen. Daß die schwarze Kleidung von schräg hinten so viel Licht bekommt, daß sie sich vom schwarzen Hintergrund trennt, oder daß der Hintergrund an der Stelle mit einem kleinen Licht-Kicker aufgehellt wird, damit sich das differenziert. Das kann natürlich auch über Requisiten passieren, etwa eine Prop-Lampe, die im Bild steht und ein bißchen Licht wirft.
Man muß sich ja auch darüber im Klaren sein, zumindest wenn man auf Film dreht: Ist das in der Einstellung eigentlich scharf im Hintergrund? Weil das, was für das Auge am Drehort zu viel aussieht, ist auf dem Film nachher oft etwas reduzierter, man muß also immer ein bißchen übertreiben.
