Frage von hannibalekta:Hallo Leute,
ich will gerne bessere Filme machen und die Filmsprache richtig verstehen. Ein Aspekt, der mich dabei interessiert ist Shot-Design. Ich will lernen, wie ich die meisten Informationen über eine Einstellung aus eben jener pressen kann, also
- Kameraposition/-winkel
- Brennweite
- Blende
- Objektivart
- Lichtsetzung
- Set-Design
Ich dachte, es wäre vielleicht auch für Leute hier in der Community interessant, das mal zu trainieren und gemeinsam über Einstellungen zu grübeln. Ich fände es für das Forum jedenfalls sehr bereichernd.
Wenn ihr interessiert seid: ich würde eine erste Einstellung vorschlagen und könnte mir vorstellen, dass wir eine Weile diskutieren (zu den o.g. Punkten), bis jemand anderes eine neue Einstellung vorschlägt. So kann das meinetwegen ewig laufen. Was denkt ihr?
Hier mal ein Shot aus "Barton Fink" von den Coen-Brüdern.
Antwort von hannibalekta:
Ich habe keine Ahnung von sowas, deshalb ja der Thread, ich schlage einfach mal was vor und weiß, dass ich mich blamiere :)
- Objektiv: 50mm
- Blende: 4
- Kameraposition: 60cm entfernt; auf Brusthöhe
- Licht (Seiten entsprechen der Bilddraufsicht)
# links und rechts neben Darsteller je 2 Kinoflos; links abgeflaggt, sodass nur Gesicht beleuchtet, rechts offen
# vor ihm auf Tischhöhe ein Kinoflo abgeflaggt bis Brustbeinhöhe
# Hintergrund-Wand? Keine Ahnung, was man da nehmen würde ...
# Hintergrund-Raum: der Durchgangsbogen links ist hell, in der Ecke ist ein weicher Schatten. Wo ist die Lichtquelle?
Antwort von Schleichmichel:
Wenn es Dir um Filmsprache geht, wieso konzentrierst Du Dich nur auf technisch-formalen Eckpunkte, und überhaupt nicht auf den Kontext, die Bedeutung, den Inhalt des Bildes?!? So ist es lediglich erraten von Kameraeinstellungen.
Das ist nutzlose Analyse. Wenn, dann musst Du alles einbeziehen! Schnitt, Ton...usw
Antwort von hannibalekta:
Das ist mir klar. Allerdings ist es mir zu umständlich, sowas online zu machen. In einem Forum wie diesem würde das vielleicht ausufern. Ich empfand das nicht als passend für Slashcam. Mir geht es hier wirklich nur um die Einstellungen/das Licht (technisch-formal? Licht ist Poesie!) als Teilaspekt.
Also quasi als Training: wie kann ich ein Bild analysieren. Ohne zu raten - welche Informationen hat das Bild, mit denen ich auf dessen Erstellung schließen kann. Ich kann das nicht, deshalb das Forum.
Das kann man dann nehmen um die Frage zu beantworten: wie kann ich alle 20 Shots einer Szene analysieren. Und dann: wie kann ich den Zusammenhang aller 20 Shots einer Szene mit dem Buch/Ton/Set-Design/Schauspielführung usw.usf. analysieren.
Wenn du eine Idee hast, wie man komplexe Szenenanalyse in einem Online-Forum machen kann, können wir auch gerne das machen, ich dachte nur, es wäre besser, erstmal klein anzufangen (groß anzufangen hält einen - meiner Erfahrung nach - nämlich meistens vom Anfangen ab).
Antwort von CedricRotherwood:
Halt halt....das Thema hol ich mal schnell wieder aus der Versenkung. Sehr interessant, eine klasse Idee und ich wundere mich, dass das auf so wenig bzw gar keine Resonanz stösst.
Antwort von srone:
ich sehe ähnlich wie schleichmichel, keinen grossen sinn an diesem "reverse engineering", denn eine "universale" technische filmsprache gibt es nicht oder nur in einem begrenzten umfang.
als weit wichtiger erachte ich, das praktische probieren von brennweiten und beleuchtungssituationen, um daraus eine eigene bildsprache zu entwickeln, denn diese erfahrung bleibt und lässt sich immer wieder adaptieren.
lg
srone
Antwort von hannibalekta:
Hey,
danke für's Wieder-Auskramen, ich war schon traurig, dass es keinen interessiert.
Ich glaube, um eine eigene Bildsprache zu entwickeln, ist es sehr wichtig, die Bildsprache der großen Meister zu studieren und zu verstehen. Eine eigene Bildsprache entwickelt sich ja nicht einfach so aus dem nichts heraus, sondern basiert eigentlich doch auf dem Studium von dem was schon da war + eigenen Ideen. Wenn man mal schaut, wie viel und intensiv z.B. Tarantino die Bildsprache eines ganzen Genres studiert haben muss (
https://vimeo.com/19469447), wird das sicher deutlich.
P.T. Anderson: "MY FILMMAKING EDUCATION CONSISTED OF FINDING OUT WHAT FILMMAKERS I LIKED WERE WATCHING, THEN SEEING THOSE FILMS."
Warum hat er das wohl gemacht?
Soderbergh: "If you really analyze a great film, it can teach you how to make a film".
Klar ist da die Analyse eines Shots nur ein winziger Teil - aber eben ein Anfang. Christian Petzold hat neulich bei einem Talk bei der Berlinale gesagt, seine wichtigste Erfahrung in der Filmschule war es, aus Filmszenen die genaue Geometrie des Raumes, den Aufbau des Sets, die Positionen der Schauspieler und Kameras etc. zu extrahieren. So kann man was über Blocking lernen. Das wäre auch eine Idee für ein Forum. Und mit dem, was ich vorgeschlagen habe, kann man was über Einstellungen lernen, über Licht etc. - dachte ich jedenfalls.
Antwort von Schleichmichel:
Ja, aber Filmanalyse ist nicht das herausbaldowern von Brennweiten, Raumgrößen und Blickrichtungen.
Es ist eher die Frage, warum zB Kubrick Jack in der Szene bei SHINING beim Aufsteigen der Treppe immer mehr Kunstlicht von vorne draufgibt, wodurch er immer rötlicher wird. Es steigert die Intensität der teuflischen Bestie, die Jack abgibt, während er auf Wendy zuschreitet.
Ganz großes Kino die Szene...
http://youtu.be/LtI0uG6tjew