Unsere Anforderungen sind an einem kleinen All-Round-Schnittplatz orientiert: Zwei Mikrofoneingänge zur Aufnahme von Sprache oder Geräuschen, ein zusätzlicher Line-Eingang für ein kleines Keyboard. Ausgangsseitig soll die Karte Surroundsound gerüstet sein und dementsprechend über sechs Ausgänge (für 5.1) verfügen. Ein digitaler Ein&Ausgang z.B. für einen MD-Rekorder gehören natürlich auch noch dazu, ebenso zwei Midi-Anschlüsse: Einer für das erwähnte Keyboard und einer für einen Remote-Controller (z.B. Mackie Control Universal für Vegas/FinalCutPro5 oder JLCooper FaderMaster Pro für Liquid Edition). An Treiberstandards unterstützt gehobene Videosoftware meist das ASIO-Protokoll (AudioStreamingInputOutput), was zumindest theoretisch Qualitäten bis 24bit/192kHz sowie Mehrkanalaufnahmen mit geringer Latenz erlaubt. Diese Latenz ist nicht nur bei virtuellen Instrumenten aus dem Musikerlager, sondern auch am Videoplatz wichtig: Bei der Sprachaufnahme hört der Sprecher sich sonst leicht verzögert auf dem Kopfhörer, das bringt selbst Profis durcheinander.
Schaut man sich mit diesen Ansprüchen auf dem Markt um, gibt es gerade mal fünf Systeme unter 1000 Euro, die unseren Anforderungen genügen: Die ESP1010 und das Quatafire610 der Firma ESI, das 1602FW-Interface von Herkules, die 1820-Serie von EMU und die Terratec Phase88 Rack. Bei letzterer kann man sich sogar aussuchen, ob als PCI oder Firewire-Version. Ob intern oder extern ist übrigens nicht nur eine Geschmacksfrage: Eine PCI-Karte sitzt in einem Hochgeschwindigkeitsbus mit eigenem Speicherzugriff und jahrzehntelanger Erprobtheit. Externe Lösungen sind über Firewire oder USB angebunden, beide Systeme sind weniger Leistungsfähig als PCI und zudem deutlich jünger. Für die gleiche Latenz verlangen externe Lösungen daher in der Praxis 10 – 30 Prozent mehr Leistung. Für MAC-Andender stellt sich die Frage oft nicht, außer in PowerMacs gibt es erst gar keine PCI-Slots. Dafür ist die Betriebssystemunterstützung durch CoreAudio besser integriert, MAC-Treiber für externe Geräte sind daher einfacher zu programmieren. Apropos Betriebssysteme: Auf dem PC gibt es die Unterstützung für Firewire-Audio erst mit WindowsXP, das ältere Windows2000 bleibt außen vor.
Die beiden günstigsten Karten unserer Übersicht haben wir einmal in unsere Test-Rechner gebaut und auf Videoschnittsoftware losgelassen.
ESI ESP1010

Die ESP1010 ist ein Paket aus PCI-Karte und externem Anschlussfeld im 19“-Format. Bei genauerem Hinsehen fällt die Ähnlichkeit mit der älteren Hoontech AudioDSP2000 ins Auge, deren Nachfolger sie tatsächlich auch ist. Treiber und Hardware sollten daher schon recht ausgereift sein und zeigten sich im Test auch vielseitig und durchdacht. So verfügt die Karte über eine Routing-Möglichkeit zwischen den Eingängen und verschiedenen Treibermodellen, Musikern auch unter dem Begriff ReWire bekannt. Vegas kam problemlos mit dem ASIO-Treiber zurecht und erlaubte auch das gleichzeitige geöffnet halten des Control-Panels. Einzig der Aufruf des Panels durch den „Advanced“-Button funktionierte nicht. PremierePro ist da etwas zickiger, nach jeder Änderung im Control-Panel bleibt die Wiedergabe stehen, der Aufruf der Software innerhalb von Premiere funktionierte auch hier nicht. Die ASIO-Latenz ließ sich auf unserem Rechner bis auf den Wert 2 ms (Vegas-Anzeige) regeln, ohne das es zu Störungen kam. Damit war auch das Hinterband-Hören durch die Software möglich, was oftmals flexibler ist als das direkte Mithören durch den Treiber. Änderungen der Latenz erlaubt das deutschsprachige Control Panel leider nur bei geschlossener Applikation, also am besten vorher ausprobieren. Für die Kontrolle von fertigen AC-3-Dateien bietet die ESP1010 eine sehr schöne Funktion: Der S/PDif-Ausgang steht systemweit auch als „non-Audio“ zur Verfügung und kann daher von jedem Software-DVD-Player angewählt werden. Außerdem verarbeitet er Professional und Consumer-Formate bis 96kHz und 24bit.
Die Hardware dagegen beschränkt sich trotz der opulenten Größe auf das Nötigste. Neben den Anschlüssen und dem 48V-Schalter für die beiden Mikrofoneingänge gibt es keinerlei weitere Bedienelemente. Kopfhörer-Lautstärke, Mikrofoneingangspegel, alles muss im Panel des Treibers eingestellt werden. Die Funktion „Always on Top“ des Panels wird daher bei den meisten Anwendern wohl aktiviert bleiben. Bei Mono-Produktionen hilfreich: Der Output-Mixer kann ein Signal auf zwei Ausgänge verteilen, dann hört man den Ton nicht nur auf einem Ohr. Selektieren dagegen geht nicht, also z.B. von Stereokanal eins nur den linken Ton hören. Das Grundrauschen der Mikrofon-Eingänge liegt bei der Aussteuerung für ein dynamisches Mikrofon bei etwa -64dB, was gemessen am Preis in Ordnung geht.
ESI Quatafire 610

Als externe Firewire-Lösung verlangt das Quatafire610 MAC OSX 10.3 oder WindowsXP. Die Installation ist dafür denkbar einfach: Unter XP vor dem Anstecken die mitgelieferte Setup.exe ausführen, unter OSX muss nicht mal das sein. Die Core-Audio-Treiber sind schon im Betriebssystem enthalten, einzig das Control Panel muss entpackt werden. Es ist deutlich weniger umfangreich als das der ESP1010, dafür aber auch weniger kompliziert. Rewire o.ä. wird nicht mitgeliefert, die Bedienung beschränkt sich daher auf die Pegelung der Ein&-Ausgänge sowie die Panorama-Funktion der ersten beiden Kanäle (Zur Aufnahme mit nur einem Mikrofon). Außerdem können Latenz und Samplerate vorgegeben werden, was sogar zwingend notwendig ist: Eine Automatik-Funktion für die Samplerate gibt es nicht, wird innerhalb des Schnittprogramms 44.1khZ angewählt, obwohl der Treiber auf 48kHz steht, gibt es nur eine Fehlermeldung. Die Latenz ließ sich auf unserem Testrechner auf 6 ms herunterregeln, was für Software-seitiges mithören leider noch nicht reicht. Zum Glück liegt am Kopfhörerausgang immer das Signal der beiden Eingänge an, so dass für Sprachaufnahmen hierauf zurückgegriffen werden kann. Auch dieses Control Panel reagiert nicht auf den „Advanced“-Button von PremierePro&Vegas, eine „nur Mono“-Möglichkeit gibt es hier ebenfalls nicht. Der S/PDIF-Ausgang kann im Gegensatz zur ESP1010 AC-3-Ströme leider nicht darstellen, verarbeitet aber zumindest Professional und Consumer-Formate bis zu 96khz und 24 bit.
Die Hardware des Quatafire 610 gefällt dafür wesentlich besser als die der ESP1010: Für die beiden Mikrofon-Eingänge gibt es Gain-Regler, die zwar ein bisschen Kratzen, aber wesentlich ergonomischer sind als Software-Regler. Auch der Kopfhörer besitzt einen regelbaren Ausgang und die Anwahl von Line/Mic, 48V und Instrumenten Hochpegel (Hi-Z) ist als Taster ausgeführt. Dass auf der Rückseite nicht alle Ausgänge in gleicher Ausführung (viermal Cinch, zweimal Stereo-Klinke) vorliegen, dürfte im mobilen Alltag sogar von Vorteil sein. Zu Hause wird für die 5.1-Anlage aber mindestens ein Adapterpaar notwendig. Ein&Abgehende Midi-Signale kennzeichnen zur Fehlersuche vier Leuchtdioden und das Beste ist: Das Gerät kann in den meisten Situationen auch komplett Bus-powered betrieben werden. Nur wer unterwegs auch die 48V für Kondensatormikrofone benötigt, muss ein Netzteil mitnehmen. Ebenfalls sehr schön: Alle Anschlüsse sind auf der Oberseite noch einmal aufgedruckt und so schneller auffindbar. Qualitativ gibt sich das Quatafire dem Preis durchaus angemessen: Bei etwa -67db zappelte das Grundrauschen im Peakmeter.
Fazit
Eigentlich sind unsere beiden Kandidaten die perfekten Vertreter ihrer Zünfte: Die ESP1010 mit geringer Latenz, ausgereiften Treibern und günstigem Preis, das Quatafire 610 mit mehr Systembelastung, weniger Treiberfinesse und Mac-Unterstützung. Bei den Klangqualitäten sind beide vergleichbar, die Kaufentscheidung wird daher vorrangig vom Einsatzzweck und der Ergonomie abhängen. Bei beiden macht das Quatafire die flexiblere Figur, die ESP1010 punktet dafür mit Rewire und weniger Latenz.




















