Nach unserem letzten größeren Dynamikvergleich hat sich jetzt noch einmal eine Canon EOS R3 bei uns eingefunden, die wir seinerzeit noch nicht nach unseren neuen Dynamik-Maßstäben beurteilen konnten.
Tatsächlich bietet diese Kamera - obwohl von Canon explizit als Photo-Hybrid vermarktet - eine Menge Cinekamera-Eigenschaften: In unserem slashCAM-Sensortest beeindruckte die Canon EOS R3 mit sehr guten Rolling Shutter Werten (ca. 10 ms) sowie einer sauberen Aufzeichnung in 6K-Vollbild-RAW mit Clog 3 bis 60fps. Oben drauf kommen noch zusätzliche Eigenschaften, die man bei den größten Cinekameras so nicht findet: Ein stromsparendes und leichtes ASIC-Kamera Design mit einem bewegten Sensor sowie der bewährte DualPixel Autofokus.
Die Canon EOS R3 hat viel Cine-DNA
Da fragt man sich natürlich, ob die R3 für Filmer nicht sogar eine bessere C70 sein könnte, die in einem vergleichbaren Preisbereich gehandelt wird - jedoch nur mit einem unbewegten S-35 Sensor bei nativer 1:1 4K-RAW Auflösung. Bei so einer Abwägung dürfte letztlich die erzielbare Dynamik ein entscheidendes Wörtchen mitzureden haben...
Was testen wir?
Um einen vergleichbaren Eindruck von der Dynamik zu bekommen, richten wir unsere Testkasten-Szene mit festem Weißabgleich auf 3200K ein. Dann tasten wir uns mit Blende und Belichtungszeit an eine Einstellung heran, in der die Haut unseres Puppenkopfes nicht mehr clippt und definieren diese Einstellung als ETTR-0. Von dieser Einstellung aus blenden wir sukzessive in Schritten von ganzen Blendenstufen ab (primär über die Belichtungszeit und dann - falls anschließend noch weiter notwendig - über ND-Filter oder Blendenring.)
Die hierbei entstehenden Aufnahmen bilden eine Blendenreihe mit jeweils einer zusätzlichen Blendenstufe "Unterbelichtung". Diese Aufnahmen korrigieren wir in Blackmagic DaVinci Resolve wieder zurück auf die Helligkeitsverteilung der ETTR-0 Referenz.
Je besser die Darstellung des Auges in den "höheren" ETTR-Einstellungen, desto besser bewerten wir die Dynamik der getesteten Kamera. Dies macht natürlich vor allem im direkten Vergleich mit anderen Kameras Sinn. Da Standbildaufnahmen der Augen nur eine bedingte Einschätzung ermöglichen, sind wir mittlerweile auf eine Bewegtbild-Darstellung der Blendenstufen übergegangen.
Die Ausspielung der Augen erfolgt dabei um ein vielfaches vergrößert, damit die zusätzliche Youtube-Kompression nicht sonderlich stark in die Bewertung einfließt. Die beste Qualität bekommt man daher beim Betrachten des Videos als 4K Stream - auch auf Displays mit geringerer Auflösung. Wer wissen will, warum wir dies alles genau so machen und nicht anders, der sei noch auf folgenden Artikel verwiesen.
Dynamic Shootout
In diesen Vergleich haben wir neben der Canon EOS R3 und der EOS C70 auch noch die Nikon Z9 aufgenommen, weil diese in der gleichen Preisklasse wie die Canon EOS R3 logiert (ca. 6.000 Euro). Außerdem haben wir noch die Panasonic S1H mit in den Vergleich genommen, die übrigens eine vergleichbare Dynamik wie die noch günstigeren Modelle S1 und S5 besitzt.
Allerdings beherrschen die Panasonic Kameras weder Frameraten über 30 fps bei voller Sensorauflösung noch interne RAW Aufzeichnung - im Gegensatz zu den teureren Konkurrenten in diesem Testfeld. Bei Panasonic sieht man somit primär, was man auch ohne RAW für deutlich weniger Geld (meist unter 2,000 Euro) noch an Dynamik bis 30p erwarten kann und darf. Und damit Vorhang auf...
Erkenntnisse
* Trotz ihres kleineren Sensors führt die Canon C70 dieses Dynamiktestfeld an. Bei ETTR-8 zeigt die C70 noch das "brauchbarste" Auge, während die übrigen hybriden Vollformat-Modelle stärker abfallen. Die spezielle DGO-Technologie des C70 Sensors zeigt hier deutlich ihr Dynamikpotential.
* Die Canon R3 verliert schneller ihre Farben und liegt in der Dynamik noch hinter einer Nikon Z9 oder Panasonic S1H. Der Abstand zur C70 beträgt über zwei Blendenstufen.
* Das Bild der Nikon Z9 lässt im Rauschen die meisten Details entdecken, weshalb hier eine Noise Reduction in der Nachbearbeitung wahrscheinlich den größten Effekt haben dürfte. Ein interessanter Effekt, weil hier durch mehr Auflösung indirekt mehr Dynamik gewonnen werden könnte.
Fazit
Der Vergleich zeigt vor allem, was für eine außergewöhnliche Leistung Canon mit seinem DGO Sensor der C70 liefert. Denn trotz interessanter Specs auf dem Papier, zeigt die Canon EOS R3 deutlich, dass sie in der Dynamik gegenüber der C70 aus dem eigenen Hause sehr deutlich abfällt. Dass dies nicht notwendigerweise für alle hybriden Kameras gelten muss, belegt die Z9 von Nikon, die mit Tico RAW erstaunlich gut mithalten kann und die nach einer hochqualitativen Noise Reduction noch zusätzliche Reserven bieten dürfte. Dass man mit einer hybriden Vollformatkamera bei einer internen Aufzeichnung mit 10Bit HEVC nicht signifikant schlechter, aber noch viel günstiger wegkommen kann, demonstriert die Panasonic S1H. Allerdings bietet diese keine Vollformat-Frameraten über 30p.
Hi Slashcam,
den Vergleich hätte ich gerne mit Braw/Prores Raw aus der S1H gesehen, da die anderen alle raw ausgelesen wurden und der S1H dort eine noch höhere Dynamik...weiterlesen
CineFilm 15:57 am 14.12.2022
Die Z9 Killt derzeit mit dem TICO RAW - etwas schlechter wie die C70 aber
+ Bessere Fotokamera
+ 8K NRAW wow
Also die Leistung ist unglaublich gut und dazu passt der Rest auch...weiterlesen
nanook 11:30 am 14.12.2022
Besten Dank für die Mühe - eine interessante Fragestellung. Sehr spannend fände ich auch einen Vergleich der C70 mit der R5C und der FX6.
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