Dass Apple in den letzten zwei Jahren bei den Multimedia-Kreativen wieder viele Sympathiepunkte sammeln konnte, lag zu einem guten Teil an den eigenen ARM-basierten M-CPUs. Oder unfreundlicher formuliert: Am Rauswurf von Intel aus der Mac-Plattform. Tatsächlich brachte Apples Strategie eines eigenen System-on-a-chip (SoC) mit Unified Memory gerade für die Videobearbeitung effiziente und performante Geräte hervor, die zudem mit einem interessanten Preis-Leistungsverhältnis aufwarten.
AMD und Intel zahnlos?
Intel konnte diesen Vorteilen im PC-Windows-Umfeld erst einmal wenig entgegensetzen, vor allem auch, weil man mit der eigenen Chip-Fertigung deutlich mehr Probleme hatte, als man öffentlich zugeben wollte oder konnte. Dass Intel mittlerweile Teile seiner High-End Chips beim vormals größten Konkurrenten TSMC fertigen lässt, belegt das Problem recht deutlich.
Befremdlich ist zugleich, dass AMD mit seinen APUs bereits seit Jahren eigentlich eine vergleichbare Technologie in der Tasche hat, diese jedoch unter Windows bislang bei kreativen Medien Applikationen kaum zum Zuge kam. Der Unified Memory blieb hier gegenüber Apples M-Chips für lange Zeit deutlich langsamer angebunden und bei den renommierten Laptop-Herstellen scheint Intel immer noch die dickeren Steine im Brett zu haben.
Zudem schafft es AMD (wie auch Nvidia) seit Jahren nicht, das für (Semi-)Professionelle Anwender wichtige 10 Bit 4:2:2 Decoding in Hardware zu unterstützen. Dies lässt viele Timelines unter Windows unnötig ruckeln, die selbst auf den kleinsten Macs wunderbar flutschen. Für AMD-Chipentwickler ist dies vielleicht nicht so relevant, bei der täglichen Arbeit für viele Videobearbeiter jedoch durchaus ein entscheidendes Auswahlkriterium.
Windows + ARM = lahm?
Allerdings gibt es noch einen dritten Player im PC-Windows-Prozessor-Bund: Der amerikanische Konzern Qualcomm aus Kalifornien. Diese Firma hat seit Jahren einen exklusiven Deal mit Microsoft, laut dem nur von Qualcomm produzierte ARM-Prozessoren exklusiv von Windows unterstützt werden. Doch diese Lizenz führte in den letzten Jahren eher zu einem Imageverlust für ARM als zu mehr Konkurrenz unter Windows Laptops. Denn die Qualcomm-Modelle stachen weder durch gute Performance noch durch außergewöhnliche Effizienz gegenüber AMD/Intel-CPUs heraus. Sogar im Gegenteil: Qualcomm Windows Laptops waren durch die nötige X86-Emulation in den meisten Anwendungen deutlich langsamer und zugleich relativ teuer. Weshalb sie meist nur belächelt oder sogar komplett ignoriert wurden. In der Folge hat sich der Spruch "Windows + ARM = lahm!" in vielen Köpfen festgesetzt.
Qualcomm Snapdragon X Elite
Doch Qualcomm blieb weiter am Ball. Und obwohl der exklusive ARM Vertrag mit Microsoft angeblich in diesem Jahr ausläuft (und dann auch beliebige andere ARM-CPU-Hersteller Windows-Laptops bestücken dürfen) scheint plötzlich Bewegung in die Sache zu kommen. Denn der neue Snapdragon X Elite Prozessor liegt plötzlich (und wirklich überraschend) nicht nur in Windows-Benchmarks auf Augenhöhe mit dem aktuellen Apple M3. Auch Applikationen sollen endlich auf vergleichbarem Geschwindigkeitsniveau arbeiten.

Einer der Hauptgründe hierfür ist die Entwicklung von "nativen" Apps. Bislang mussten die meisten Windows-Programme "live" von AMDs und Intels X86-Code auf ARM Code übersetzt werden. Diese Emulation wurde zwar über die Jahre immer besser, aber es kostete natürlich trotzdem einiges an Performance.
Jetzt haben sich zahlreiche Entwickler darauf eingelassen, ihre Programme auch direkt für die Windows-ARM Plattform zu erstellen. Mit Chrome gibt es nun beispielsweise einen der wichtigsten Browser in einer nativen ARM-Version.
DaVinci Resolve mit nativer ARM-Version
Ein für slashCAM-Leser relevantes Beispiel dürfte die kürzlich bekannt gewordene Unterstützung von DaVinci Resolve sein: So will Blackmagic die neuen Qualcomm Prozessoren von Tag Eins an hundertprozentig mit einer nativen Windows-ARM-Version unterstützen. Scheinbar mit gutem Grund: Ein erster Tester ist jedenfalls bereits sehr angetan:
"Resolve läuft auf dem X Elite-Demosystem wunderbar flüssig, flüssiger als auf den meisten MacBook Airs und MacBook Pro M3s mit niedrigeren Spezifikationen, die ich bisher verwendet habe.
Das klingt doch schonmal nicht schlecht: Der neue Qualcomm SoC verspricht jetzt also tatsächlich als erster Windows-Prozessor eine vergleichbare Leistung und Effizienz. Geräte mit dem Snapdragon X Elite sollen zudem schon ab Mitte 2024 auf den PC-Markt kommen. Zahlreiche Windows-PC-Hersteller haben mittlerweile bestätigt, dass sie Geräte mit dem neuen Chip herausbringen wollen: Die aktuelle Liste umfasst unter anderem Acer, Asus, Dell, HP, Lenovo, Honor, Microsoft, Samsung und Xiaomi.
Quo vadis, Qualcomm?
Heißt dies nun, dass Intel und AMD "runter vom Bus" sind? Ganz so heiß dürfte die frische ARM-Suppe dann wahrscheinlich doch nicht gegessen werden. Denn laut Qualcomm soll Davinci Resolve zwar "1,7-mal schneller sein als herkömmliche 12-Kern-CPUs mit integrierter GPU und bis zu 3-mal schneller im Betrieb auf der NPU des X Elite."
Da die noch in diesem Jahr kommenden integrierten GPUs von AMD und Intel jedoch ebenfalls fast verdoppelte Leistung bringen sollen, sollte sich der Geschwindigkeitsvorteil unter Windows hier in Grenzen halten. Und auch der Performance Vorteil durch die integrierte KI-Beschleunigung (Neural Processing Unit - NPU) wird gegenüber den kommenden Intel- und AMD- CPUs mit NPU-Unterstützung sehr wahrscheinlich höchstens marginal ausfallen.
Kurz gesagt: Unter Windows werden grundsätzlich die NPUs das nächste große Ding sein und hier werden sich AMD, Intel und Qualcomm bei der Einführung des neuen "KI-Windows" wenig schenken.

Was uns als Ausblick interessanter erscheint, ist die Skalierung der CPUs. Während beispielsweise AMD mit Strix Halo für spätestens Anfang 2025 eine CPU-GPU-NPU Kombination plant, die größeren M3 Pro und Max Prozessoren das Wasser reichen sollte, ist bei Qualcomm auf der Leistungshöhe eines einfachen M3-Prozessors Schluss. Größere SoCs sind zumindest aktuell nicht auf der Roadmap auszumachen.
Doch gerade, wer regelmäßig Videobearbeitung betreibt, benötigt weitaus mehr Rechenleistung, als ein einfacher M3 oder ein Snapdragon X Elite liefern kann. Sollte bei Qualcomm hier wirklich das Ende der Fahnenstange erreicht sein, sind "Windows-Creators" wahrscheinlich weiterhin bei Intel oder AMD besser aufgehoben.
Was noch ein anderes Problem anreißt: Für richtig potente Schnittleistung ist am PC eine dedizierte GPU weiterhin Pflicht, egal ob im Desktop, der Workstation oder im Laptop. Inwieweit es jedoch für AMD- oder Nvidia-GPUs native ARM-Treiber geben wird, müssen die Hersteller erst noch verkünden. Apple hat ja mit dem Sprung auf ARM seine Treiberunterstützung für dedizierte GPUs seinerzeit komplett eingestellt.
Die große Enthüllung der neuen KI-PCs von Microsoft findet übrigens am 20. Mai statt, bevor am nächsten Tag die jährliche Build-Entwicklerkonferenz des Unternehmens startet. Microsoft will dort mit der nativen NPU-Unterstützung ein neues Windows-Zeitalter einläuten und Satya Nadella (der CEO von Microsoft) will in seiner Keynote über die „KI-Vision des Unternehmens für Hardware und Software“ sprechen. Das dürfte spannend werden...