Der andere Weg
In der Praxis hat sich allerdings noch ein zweiter Lösungsweg für die oben geschilderte Halbbild-Problematik entwickelt, den viele professionelle Filmemacher mitterweile beschreiten: In der Nachbearbeitung (Postproduction) werden am Computer die zwei Halbbilder nachträglich zu einem Vollbild „zusammengerechnet“ (sog. Deinterlacing). Hierfür existieren zahlreiche Verfahren, die sich sowohl Qualitativ als auch im nötigen Aufwand stark unterscheiden. Einfache Deinterlacer nehmen einfach nur eines von den zwei Halbbildern und ergänzen die fehlenden Zeilen zum Vollbild durch Interpolation. D.h. der Computer errechnet für jede zweite fehlende Zeile Mittelwerte aus den benachbarten Videozeilen. Dadurch verliert das Bild einerseits an Schärfe und wirkt auf den anderen Seite bei schnellen Bewegungen etwas ruckelig, weil das eine Halbbild ja nur mit einer 1/50s Belichtung aufgezeichnet wurde, jedoch 1/25s gezeigt wird. Es fehlt also immer die Bewegungsinformation von 1/25s. Auch semiprofessionelle Schnittprogramme wie Premiere oder Media Studio unterstützen leider nur diese einfache Art des Deinterlacings.
Daher gibt es mittlerweile zahlreiche Zusatzprogramme, die bessere Deinterlacing-Funktionen anbieten. Die professionellste Methode ist dabei das sogenannte „adaptive Deinterlacing“. Hierbei wird das Bild vorher auf Bewegungen analysiert. An unbewegten Stellen im Bild greift der Deinterlacer überhaupt nicht ein und zeigt beide Halbbilder wie im Original. An bewegten Stellen versucht der Computer das bewegte Objekt zu erkennen und interpoliert an diesen Stellen das Bild. Zusätzlich wird eine künstliche Bewegungsunschärfe auf diese Stelle im Bild gerechnet. In vielen Fällen kann sich das automatisierte Ergebnis wirklich sehen lassen, jedoch gibt es kritische Objekte, bei welchen manuelle Nachbearbeitung von einem erfahrenen Operator notwendig ist. Um mit dem adaptiven Deinterlacing perfekte Ergebnisse zu erzielen ist also auch eine gewisse „Human-Erfahrung“ vonnöten, die das Verfahren aufwendig und teuer macht. Uns ist keine Consumer Software für den Heim-PC bekannt, die dieses Verfahren unterstützt. Meistens bieten Kopierwerke, -die den späteren Transfer von DV auf Film übernehmen- das adaptive Deinterlacing als zusätzlichen Service an.