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Infoseite // Kino: Eine dunkle Begierde



Frage von Axel:


Anfang des 20. Jahrhunderts trifft die "hysterische" jüdische Russin Sabina Spielrein (Keira Knightley) beim jungen Schweizer Nervenarzt Carl Jung ein und wird mit einer Redekur, einer noch etwas experimentellen Psychoanalyse, behandelt. Die (vor allem für die Zeit) schonungslose Offenheit der Beichte, dass sie Masochistin sei und die körperlichen Züchtigungen des Vaters herbeigesehnt habe, wirft den biederen Familienvater Jung aus der Bahn. Es kommt zu der stereotypen Form der Übertragung zwischen Arzt und Patientin, und der Doktor verknallt sich in Sabina.

Verschiedene Male wird Sigmund Freud (Viggo Mortensen, der Aragon aus Herr der Ringe) zu Rate gezogen, und dessen eigene Position in diesem ganzen Decamerone ist eine zwischen den Stühlen - mehr soll hier nicht verraten werden.

Mich interessierte der Film persönlich aus zwei Gründen: Erstens las ich fast alles, was über und von Freud und Jung veröffentlicht wurde, diesen Entdeckern eines unbekannten Kontinents, unserer Psyche. Zweitens arbeitete eine gute Freundin von mir in Köln Ossendorf an den Kulissen als "draughtsperson" (Entwurfszeichner), und ich war neugierig, die Kulissen, die ich überwiegend im Abbau sah (ein Filmset ist keine öffentliche Show) im fertigen Film wiederzusehen.

David Cronenberg (Videodrome, eXistenZ, A History Of Violence, Tödliche Versprechen) hat mit Eine dunkle Begierde (etwas genauer der Originaltitel A Dangerous Method) ein gediegenes Kammerspiel abgeliefert, das an dem "Arier" Jung kein gutes Haar lässt.

Wie immer man über Freud und Jung und die Psychoanalyse denken mag: Der bloße Umstand, dass eine Übertragung von Arzt zu Patientin und umgekehrt eine normale Erscheinung ist, lässt einen die romantische Vorstellung des "unschuldigen" Verliebtseins überdenken und die extrem hohe Scheidungsrate unserer Tage (Freud sei Dank!) verstehen.

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Antwort von jogol:

David Cronenberg (Videodrome, eXistenZ, A History Of Violence, Tödliche Versprechen) hat mit Eine dunkle Begierde (etwas genauer der Originaltitel A Dangerous Method) ein gediegenes Kammerspiel abgeliefert... Stimmt! Aber warum besetzt er Freud mit einem so virlilen Zehnkämpfer wie Mortensen? Ich hab immer "Eastern promises" vor Augen.
Ein in diesem Zusammenhang sehr interessantes Buch: Der dunkle Kontinent: Freud und die Frauen.

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Antwort von Axel:

David Cronenberg (Videodrome, eXistenZ, A History Of Violence, Tödliche Versprechen) hat mit Eine dunkle Begierde (etwas genauer der Originaltitel A Dangerous Method) ein gediegenes Kammerspiel abgeliefert... Stimmt! Aber warum besetzt er Freud mit einem so virlilen Zehnkämpfer wie Mortensen? Ich hab immer "Eastern promises" vor Augen. Im Gegensatz zu Keira Knightley, die ich nicht sehr überzeugend fand, ist Mortensen als Freud phantastisch. Dabei arbeitete sie hart an der Rolle, während - laut Cronenberg in einem Interview - Mortensen lediglich fragte, welche Zigarrenmarke Freud geraucht habe. Dem Einwand, warum er denn immer eine Zigarre in der Schnüss habe, konnte er dann auf dem Set erwidern: Da Freud laut eigenen Angaben im Schnitt 22 Zigarren täglich geraucht habe, könne er deren Genuss höchstens mal zu den Mahlzeiten unterbrochen haben.

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Antwort von WoWu:

Scheint ja, dass er im Kopfrechnen nicht so toll war. :-)

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Antwort von Axel:

Wer? Mortensen oder Freud?

Genießer paffen 30-60 Minuten an einer solchen Zigarre (Freud: "Manchmal ist eine Zigarre nur eine Zigarre", wenn auch orale Befriedigung). 22 Zigarren sind extreme-smoking, der reinste Timelapse. Kein Wunder, dass er Gaumenkrebs bekam. Freud.

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Antwort von ksr:

Ein interessanter Film - und Keira Knightleys Leistung fand ich sehr eindrucksvoll.
Und Mortensen als Freud: sehr cool :)

Bemerkenswert im Hinblick auf Cronenberg: Hat er früher innere Konflikte drastisch bildlich manifestiert, in Form von Mutationen und körperlichen Entstellungen - so findet diese "Äußerung" nun fast ausschließlich in der Sprache statt!
Nochmal ein weiterer Wandel in seinem Gesamtwerk, das sich ja schon in den Filmen davor um einiges verändert hat.
Thematisch letzendlich aber doch gar nicht so anders!

Formal wirkte der Film auf mich sehr statisch - aber stimmig, wenn man es als Ausdruck der Steifheit und Konventionen jener Zeit interpretiert.

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