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Frage von Frank Glencairn:


Nachdem in letzter Zeit hier immer wieder Probleme aufgetaucht sind, die viel mit dem Workflow zu tun haben, dachte ich mir es wäre vielleicht hilfreich für manche, wenn ich mal meinen Workflow etwas aufdrösle.

Ich hab das vor Jahrzehnten hauptsächlich auf amerikanischen Workshops und in der Praxis so gelernt, deshalb unterscheidet sich das auch von dem was man Deutschen Editoren normal so beibringt.
Wird also nicht für jeden was sein, aber vielleicht kann ja der ein oder andere was für sich mitnehmen.

Aktuell arbeite ich an einer GEO Doku - die kann gut als Beispiel herhalten.
Ich bekomme täglich nach dem Dreh die neuen Proxies (kamerageneriert) (A-B-C-Cam + Drohne) auf den Tisch.

Wenn man - wie ich aktuell - mit Resolve/BM-Cloud/BM-Cloudstore remote arbeitet, ist es absolut entscheidend, daß alle Beteiligten die exakt selbe File/Ordnerstruktur auf ihren lokalen Rechnern haben, sonst sind Chaos, Wahnsinn und Tränen vorprogrammiert.

Das aller erste was ich bei jedem Projekt deshalb mache, ist eine standardisiere Ordnerstruktur anlege (die auch alle anderen übernehmen.

Ich mach das mit nem kleinen kostenlosen Tool namens "Post-Haste".
Da kann man sich sein Template nach eigenen Bedürfnissen zusammenstellen, was eine immer gleiche Struktur in allen Projekten sicher stellt - gut für die mentale Gesundheit.




Das Proxy Material wird dann einsortiert in die Ordner A-Cam, B-Cam, C-Cam und Drohne, auf meinem ArbeitsRAID.

Da ich Szenenbasiert arbeite lege ich in Resolve - nach Drehbuch - Ordner mit den Szenen an.
In die sortiere ich das entsprechende Material. Wenn es in einer Szene ein Interview gibt, kommt ein entsprechender Ordner in den Szeneordner.
So ist immer alles was ich für eine Szene brauche in einem Order übersichtlich zusammengefasst, und ich muß nie nach irgendwas suchen. Im aktuellen Projekt sind das 26 Szenen Ordner. In jedem Ordner liegen also immer nur ein paar Clips - sehr übersichtlich.

Wenn es nichtspezifische Clips/szenenunabhängige B-Roll gibt, dann kommen die in extra Ordner (Landscapes, People etc.). Außerdem gibt's natürlich noch Ordner für Musik, FX, Voice Over etc.

Warum mach ich das so, und nicht wie die meisten nach Drehtag?
Geschwindigkeit, Zeitersparnis und Effizienz.

Wenn ich nur Drehtag-Ordner hab, muß ich bei jeder Szene erst mal in der Shotlist suchen an welchen Tagen sie was gedreht haben, und mich dann für jeden einzelnen Shot den ich brauche durch die Ordner wühlen und den mühsam raus suchen - nein Danke.

Alternativ kann man natürlich auch die Clips verschlagworten, oder mit Smart Bins arbeiten, ich find's so aber übersichtlicher und ich bin schneller.

Als nächstes setze ich mir Szenemarker auf der Timeline (grob nach Drehbuch Zeitangaben) - so als ungefähre Richtschnur.
Da im Drehbuch ja schon der VO-Text steht, lege ich den auch schon mal grob drunter (Text to Speech).

Ich stelle Resolve auf Color Management, damit das Zeug nicht ganz so milchig aussieht, mehr mach ich am Bild aber in diesem Moment noch nicht.

Jetzt fange ich mit Szene 1 an.
Ich lass mir alle dazugehörigen Clips in einem Rutsch (Tape View) auf der Cut Seite anzeigen und schrubb mal schnell durchs Material, um überhaut erst mal nen Überblick zu haben.
In einem zweiten Durchgang, leg ich das was ich brauche schon mal auf die Timeline (immer noch auf der Cut Page - geht mit Tasten und dem Editing Keyboard ratz-fatz (I-O-F9).

Dann geh ich rüber auf die Edit Seite und bring das Ganze in Form, bis ich zufrieden bin.
So arbeite ich ich Szene für Szene durch.

Dann geht das ganze mit Timecode Burn in zur Abnahme.
Wenn alle Beteiligten/Verantwortlichen happy sind, ist offiziell Picture Lock.
Allen ist an dem Punkt klar, daß am Schnitt jetzt nix mehr geändert wird (oder es dann entsprechend kostet).

Nächste Stufe ist dann das Audio.
Musik, FX, VO, irgendwelche Schadensbegrenzungsmaßnahmen, und hauptsächlich der übliche Audio Voodoo halt (EQ/Kompressor, Limiter etc, und natürlich auf die entsprechenden LUFS abgemischt. Das echte VO ist zu dem Zeitpunkt normal auch schon da, und wird eingearbeitet.

Wenn alle grünes Licht geben, ist Audio Lock - auch da wir ab jetzt quasi nix mehr drin rum gepfuscht.

Je nachdem wie aufwändig das Audioprocessing ist, bounce ich mir manchmal zu dem Zeitpunkt einen Track mit allen Spuren raus, und leg den drunter.

Dann kommen Titel, Abspann, Untertitel etc.

Als nächstes das Grading. Das ist der Moment wo die Proxies gegen das original Material getauscht werden.

Hängt natürlich vom Projekt ab wie viel man da machen muß, und ob man irgendwelche Effekte braucht, oder was retuschieren/reparieren muß undwasnichtalles - das kennt ihr ja.

Auf den generellen Look haben wir uns schon vor dem Dreh geeinigt, eventuell hab ich schon ne Show-LUT für den Kameramann gemacht, mit der die dann auch gedreht haben.

Auch hier hab ich meine Standardisierten Node Trees als Powergrade, den ersten zieh ich aus der Galerie auf den ersten Clip, von da an wird der einfach nur mit Mittelmausklick auf den jeweils nächsten kopiert.

Und dann geht's zu Endabnahme, und danach halt für die gewünschten Plattformen raus rechnen.

In a nut shell: Möglichst strukturiertes Arbeiten, die richtige Reihenfolge der Dinge, und die einzelnen Phasen absegnen lassen und festklopfen ist das A&O.

:-)

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Antwort von AndySeeon:

Danke für den interessanten Einblick in Deinen Workflow. Aber mir stellt sich da eine Frage: "Frank Glencairn" hat geschrieben:
Jetzt fange ich mit Szene 1 an.
Ich lass mir alle dazugehörigen Clips in einem Rutsch (Tape View) auf der Cut Seite anzeigen und schrubb mal schnell durchs Material, um überhaut erst mal nen Überblick zu haben.
In einem zweiten Durchgang, leg ich das was ich brauche schon mal auf die Timeline (immer noch auf der Cut Page - geht mit Tasten und dem Editing Keyboard ratz-fatz).

Dann geh ich rüber auf die Edit Seite und bring das Ganze in Form, bis ich zufrieden bin.
So arbeite ich ich Szene für Szene durch.
Machst Du für jede Szene eine eigene Timeline?

Gruß, Andreas

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Antwort von Frank Glencairn:

Nein, mach ich nicht.
Nur Marker auf der Timeline die mir ungefähr anzeigen wie lange die einzelnen Szenen laut Drehbuch auf der Timeline sein sollen.

Einzelne Szene Timelines würde ich vielleicht höchstens bei extrem komplexen, Sachen machen, bei denen aus irgend nem Grund eben nicht strukturiert vorgegangen werden kann, und bis zum Schluss ständig alles mögliche geändert wird.

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Antwort von berlin123:

"Frank Glencairn" hat geschrieben:
Wenn man - wie ich aktuell - mit Resolve/BM-Cloud/BM-Cloudstore remote arbeitet, ist es absolut entscheidend, daß alle Beteiligten die exakt selbe File/Ordnerstruktur auf ihren lokalen Rechnern haben, sonst sind Chaos, Wahnsinn und Tränen vorprogrammiert.

habe neulich zum ersten Mal ein Projekt über die BM Cloud eingerichtet für einen Workflow mit 3 Beteiligten. 1x Editor, 1x Colorist, 1 x Sound (me). Die anderen sind sagen wir mal "künstlerisch veranlagte" Menschen, die keine Geduld für technische Frickeleien aufbringen und wild rumklicken wenns nicht "gleich funktioniert obwohl das doch bestimmt total einfach sein müsste?" :-)

Long Story short: der Workflow in BM Cloud an sich funktioniert ja gut. Aber das Teilen über Google Cloud geht lt. Handbuch nur, wenn man das Cloud Verzeichnis auf dem lokalen Rechner "mounted". Was für manche schon eine schwer überwindbare Hürde darstellt. So wird dann doch wieder eine Relinking-Orgie draus.

Was ist der einfachste Weg um Projektdateien so zu teilen, dass sie andere pflegeleicht auf ihrem Rechner mit dem Cloud Projekt verbinden können? Evtl ist Dropbox einfacher? Das wird im Netz öfter in dem Zusammenhang erwähnt.

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Antwort von Frank Glencairn:

Also wir hatte es zuerst auch mit Dropbox probiert, aber alle Beteiligten hielten das Dropbox-UI für den Vorhof zur Hölle und wir sind dann auf Google umgestiegen, was soweit einigermaßen klappt.

Um ehrlich zu sein, lern ich da auch noch jeden Tag was dazu, ist ja für mich auch das erste mal (von ein paar Tests und keinen Projekten abgesehen) daß ich das im größeren Maßstab mache.

Zumal es noch einen Unterschied gibt, ob man - wie ich jetzt - nur die kamerainternen Proxies bekomme, oder ob man mit raw Material anfängt, und dann über BM-Proxy Generator die Proxies für die anderen generiert und über den CloudStore automatisch hoch läd.

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Antwort von DKPost:

Super Erklärungen!
Nur ganz generell zum Thema: Dass der Kameramann auch schneidet und gradet dürfte die absolute Ausbahme bei solchen Projekten sein, oder? Ich persönlich habe ich das noch nie bei "größeren" Projekten erlebt.

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Antwort von Frank Glencairn:

Tut er ja nicht.

Die beiden Kameramänner drehen auf der anderen Seite des Globus, während ich hier gleichzeitig sitze und ihr Material schneide :-)

Was das Grading ganz generell betrifft, bin ich der Ansicht,
daß es Teil des photographischen Prozesses ist, und normal sitzt der DP deshalb ja auch neben dem Coloristen, und sagt ihm wie er es denn gerne hätte.

Im Idealfall kann der DP das aber auch selbst.
Ich persönlich bestehe - wann immer möglich - darauf mein Material auch selbst zu graden, weil es sonst meistens nicht so wird wie ich es beim Dreh geplant hatte.

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Antwort von Frank Glencairn:

berlin123 hat geschrieben:


Long Story short: der Workflow in BM Cloud an sich funktioniert ja gut. Aber das Teilen über Google Cloud geht lt. Handbuch nur, wenn man das Cloud Verzeichnis auf dem lokalen Rechner "mounted". Was für manche schon eine schwer überwindbare Hürde darstellt. So wird dann doch wieder eine Relinking-Orgie draus.
Das hab ich auch gelesen, kann aber nicht nachvollziehen wozu, und was das bringen soll.
Bei uns geht's jedenfalls ohne.

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Antwort von AndySeeon:

"Frank Glencairn" hat geschrieben:
Das ist der Moment wo die Proxies gegen das original Material getauscht werden.
Hallo Frank,
schon wieder eine Frage: wie machst Du das? Ich habe diesmal auch den Schnitt zuerst mit den Proxies (ohne die Originale) gemacht und möchte sie jetzt gegen die Originale tauschen, ohne den Schnitt zu verlieren. Da fehlt mir eben grad ein Stück Film :)
Wahrscheinlich reicht ein Stichwort (oder 2...3), um mich auf den richtigen Pfad zu bringen...
Wie es andersrum geht, weiß ich ja (wenn ich die Originale habe und die mit den Proxies verknüpft sind).

Gruß und Danke im Voraus
Andreas

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Antwort von Frank Glencairn:

Die Proxies schiebst du in einen Ordner der "Proxy" heißt, und der muß dann, zusammen mit den Originalen in einem Ordner liegen.
Für gewöhnlich schnallt Resolve das dann, wenn du von Proxies auf Camera Originals umschaltest.

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