Ein Thema, das bisher bei slashCAM kaum redaktionell bearbeitet wurde, aber durchaus für viele Filmemacher relevant ist, sind Steuern und Finanzen. Ein Grund, warum man auch auf anderen Seiten so wenig über dieses Thema liest, könnte dabei an der aktuellen Rechtssituation liegen:
Unbefugte Hilfeleistung vs. Tipps und Ratschläge
So existiert mit § 5 StBerG ein gesetzliches Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen. Offensichtlich geht es bei diesem Paragraphen jedoch um die individuelle Hilfe bei der Steuererklärung, jedoch weniger um eine allgemeine Berichterstattung über Möglichkeiten der steuerlichen Gestaltung in einem speziellen Berufsfeld.
Deswegen gleich ein wichtiger Hinweis vorneweg: Die im Artikel gemachten Aussagen sind nur als Hinweise zu verstehen, seine eigenen Finanzen unter den genannten Aspekten einmal näher zu betrachten. Sie sind keinesfalls erschöpfend, sondern eher eine lose Übersicht an unsortierten Möglichkeiten, seine Steuermöglichkeiten grundsätzlich einschätzen zu können und somit seine Investitionsmöglichkeiten vielleicht in einem klareren Licht zu sehen.
Wir starten dafür mit ein paar grundsätzlichen Erklärungen zu Steuern. Denn wer keinen Steuerberater hat, sollte zumindest ein Basisverständnis besitzen, welche Gestaltungsmöglichkeiten als Freiberufler existieren. Und auch wer einen hat, kann von einem gewissen Grundwissen nur profitieren.
Einkommenssteuern
Wer selbständig/freiberuflich arbeitet, muss jährlich seine Einkünfte dem Finanzamt mit der sog. Einkommensteuererklärung offenlegen. Dies soll bis zum 31. Juli des Folgejahres erfolgen, was sich nur im Ausnahmefall noch weiter verlängern lässt. Alle Jahreseinkommen über ca. 9.700 Euro im Jahr werden progressiv versteuert. D.h. man zahlt bis 9.744 Euro (Stand 2021) noch keinen Cent Einkommenssteuer. Ab dieser Summe zahlt man auf jeden zusätzlich verdienten Euro 14 Cent. Dieser Anteil steigt progressiv bis man bei 254.446 Euro ca. 45 Cent für jeden zusätzlich verdienten Euro als Steuer abführen muss.
Bei einem Jahreseinkommen von 50.000 Euro zahlt man somit zwar insgesamt nur ca. 25 Prozent seines Einkommens als Steuern, also rund 12.500 Euro. Dies nennt man auch den Durchschnittssteuersatz. Für die eigene Planung relevanter ist jedoch, dass man für jeden weiteren Euro Verdienst bei 50.000 Einkommen ungefähr 40 Cent Steuern abgibt, was man auch als Grenzsteuersatz bezeichnet.
Wichtig ist der Grenzsteuersatz in erster Linie für geplante Investitionen. Unter anderem, weil nicht die gesamten Einnahmen auch steuerpflichtiges Einkommen sind. Man kann gegenüber dem Finanzamt in seiner Steuererklärung zahlreiche Ausgaben geltend machen, die das zu versteuernde Einkommen deutlich reduzieren.
Das zu versteuernde Einkommen wird festgelegt, indem man vom gesamten Jahreseinkommen seine Ausgaben/Aufwendungen abzieht. Das sind regelmäßige Ausgaben wie Krankenversicherungsbeiträge, aber auch Firmenwagen oder Anfahrtspauschalen, Miete für einen Büroplatz oder die anteiligen Kosten eines Arbeitszimmers.
Spannender sind jedoch individuelle, materielle Ausgaben, die für die Erfüllung der Arbeit notwendig sind. Zum Beispiel die Miete oder der Kauf einer Kamera, eines PCs aber auch Speichermedien oder Druckerpapier. "Spannend" vor allem deswegen, weil sich hier die meisten Reibungspunkte mit dem Finanzamt ergeben können. So könnte vielleicht ein Gaming-Laptop als Ausgabe nicht anerkannt werden, obwohl dieser als Videoschnitt-Laptop das vernünftigste Preis-Leistungsverhältnis aufweist. Oder bei einer Kamera könnte das Finanzamt annehmen, dass diese zu einem großen Teil privat genutzt wird.

"Das geht, das ist bei mir auch durchgegangen"
Grundsätzlich lassen sich im Internet zahlreiche Tipps und Tricks finden, mit welchen Ausgaben (und Tricks) sich das freiberufliche Einkommen reduzieren lässt, jedoch darf man die meisten als eher zweifelhaft einstufen. Besonders in Foren hört man dann oft Sätze wie: "Das geht, das ist bei mir auch durchgegangen", was schon von einem grundsätzlichen Verständnisproblem zeugt. Denn ob etwas beim Finanzamt "durchgeht" oder nicht liegt zuallererst daran, ob beim Finanzamt überhaupt jemand die Erklärung genauer geprüft hat.
So können viele Sachverhalte zwar im individuellen Fall nicht bemängelt worden sein, würden jedoch einer genaueren Prüfung des Finanzamts nicht standhalten. Wenn z.B. jemand sagt, dass er seinen 2000 Euro Laptop in einem Jahr als geringwertiges Wirtschaftsgut absetzen konnte, dann kann dieser Ratschlag sicherlich nicht verallgemeinert werden, auch wenn dieser Fall individuell so "durchgegangen" ist. Nützliche Ratschläge lassen sich gut daran erkennen, dass sie sich auf Steuergesetze und/oder richterliche Entscheidungen zu strittigen Fragen beziehen.
Zudem gibt es immer wieder Änderungen in den Steuergesetzen, die man selber vielleicht gar nicht mitbekommt. Ein aktuelles Beispiel ist die Sofortabschreibung von Computern, Zubehör und Software ab dem 1. Januer 2021.
"Das geht nicht, das habe ich schon probiert"
Der umgekehrte Fall ist jedoch ebenso interessant: Trotz des Versuches die Steuergesetze möglichst eindeutig zu formulieren, gibt es notgedrungen immer viele Fälle, die letztlich im Ermessensspielraum des Bearbeiters beim Finanzamt liegen. Erscheint diesem Bearbeiter in der Erklärung eine Zahl oder ein Feld auffällig, dann wird meistens der Anspruch zuerst einmal komplett abgelehnt. Einen Hinweis auf die Gründe bekommt man erst durch einen Blick in den kleingedruckten Anhang beim Steuerbescheid. Dort steht dann meistens ein sehr knappe Erklärung, warum dieser Aufwand oder jene Ausgabe nicht steuerlich geltend zu machen ist.
Erklärungsbedürftig sind typischerweise ungewöhnliche Anschaffungen, die man absetzen möchte. In der Regel ist erst einmal ein Anruf oder eine Mail sehr hilfreich, um sich die Ablehnung genauer erklären zu lassen und auch selber noch einmal darzustellen, weshalb man denkt, den erklärten Anspruch zu haben. Da man sich seinen Bearbeiter nicht aussuchen kann, können solche Dialoge hier sehr konstruktiv oder aber auch sehr stur verlaufen.
Unsere persönliche Erfahrung ist jedoch, dass es aus dem Wald schallt, wie man hineinruft und die meisten Mitarbeiter des Finanzamts sehr freundlich bereit sind, auch nach einer Ablehnung die dargelegten Argumente anzuhören und die Sache erneut einzuschätzen. Unser persönlicher Eindruck aus Geschichten der letzten Jahrzehnte ist zudem, dass es sich in den wenigsten Fällen lohnt, gegenüber dem Finanzamt schweres Geschütz aufzufahren, um seinen vermeintlichen Anspruch "durchzuboxen". Erfahrungsgemäß gibt es Leute, die sich auf einen regelrechten Kleinkrieg mit dem Finanzamt begeben, wofür uns unsere Lebenszeit zu schade wäre. Wenn es um wirklich relevante Beträge geht, würden wir solche Fälle dann an einen Steuerberater durchreichen. Den man dann zwar extra bezahlen muss, aber ebenfalls gleich wieder absetzen kann.
Kenne deine Finanzen
In der Regel ist die eigene Verwaltung seiner Steuern weitaus unkomplizierter als man glaubt. Die größte Hürde liegt in unseren Augen darin, sich einmal grundsätzlich mit der Materie zu beschäftigen und sich daraufhin eine gewisse Routine und Ordnung anzugewöhnen. Im Gegenzug erhält man einen guten Überblick über seine Finanzen und kann Investitionen viel solider planen.
Ein kleines Beispiel (mit den "normalen" Vor-Corona Steuersätzen) kann dies verdeutlichen:
Angenommen man hat ein zu versteuerndes Einkommen von 50.000 Euro und will in einen neuen Laptop investieren. Wenn dieser im Laden 899 Euro kostet, zahlt man effektiv nur 462 Euro für dieses Modell. Warum?
Zuerst bekommt man bei korrekter Verbuchung die enthaltenen 19% Umsatzsteuer zurück (143,54 Euro). Und da man bei 50.000 Euro Euro zwar durchschnittlich 24,28 Prozent steuern bezahlt, aber der Grenzsteuersatz schon bei 39,67 Prozent liegt, zahlt man durch die sofortige Abschreibung 309 Euro weniger Steuern + Soli(daritätsbeitrag).
Aus der eigenen Tasche bezahlt man für diesen Laptop daher nur effektiv (755 -309 =) 446 Euro. Also nur knapp die Hälfte von dem, was auf dem Preisschild stand. Wenn man in diesem Jahr dagegen nur 20.000 Euro vor Steuern verdient hat, kostet einen der Laptop dagegen 528 Euro. Wer dagegen noch weniger verdient, bekommt paradoxerweise den Laptop wieder günstiger: Sollte derjenige nur 15.000 Euro nach Steuern eingenommen haben, "stößt" ihn der Kauf eines Laptops aus der Pflicht den Solidaritätsbeitrag zu zahlen, was den Laptop effektiv wieder auf 514 Euro "vergünstigt".
Wirkliche Effekte zeigen solche Rechenspiele natürlich vor allem bei größeren Anschaffungen, die man über mehrere Jahre abschreibt. Jedoch verdeutlicht unser einfaches Beispiel, dass eine Kenntnis der Abschreibungsmöglichkeiten sich signifikant auf die Investitionsspielräume auswirkt.

Umsatzsteuer und Soli
Der Solidaritätsbeitrag ist eine Sondersteuer, die zur Finanzierung der Wiedervereinigung dienen soll und wird nach Ermittlung der fälligen Einkommenssteuer noch "on-top" erhoben.
Der Soli hat einen festen Satz von 5,5 Prozent der zu zahlenden Einkommensteuer. Allerdings nur, wenn der Betrag mehr als 972 Euro im Jahr beträgt. Wenn der errechnete Solidaritätszuschlag geringer ausfällt, zahlt man gar keinen. Das ist ergo der Fall, wenn man weniger als 1767 Euro Einkommensteuer zahlen muss. Und mit Erscheinen dieses Artikels ist der Soli wahrschlich schon für die meisten Fälle wieder komplett gekappt worden. Denn 2021 zahlen nur noch Einkommen über 73.000 Euro den Solidaritätszuschlag, wobei es noch zusätzliche Freibeträge für Kinder gibt.
Die Umsatzsteuer (umgangssprachlich auch Mehrwertsteuer genannt) ist für Investitionen besonders interessant. Denn diese wird wie ein "durchlaufender Posten" verbucht. Der Selbständige/Freiberufler schlägt die Umsatzsteuer auf sein Honorar auf und leitet diese direkt an das Finanzamt weiter. Das Interessante ist jedoch, dass er die Umsatzsteuer seiner Ausgaben mit der eingenommen Umsatzsteuer verrechnen kann. Die Umsatzsteuer eines gekauften Laptops kann er also direkt von der eingenommen Umsatzsteuer abziehen, bevor er den Rest der Differenz an das Finanzamt überweist. Er bekommt folglich die Umsatzsteuer seiner Investitionen immer "geschenkt", solange er mehr Umsatzsteuer einnimmt als ausgibt.
Man kann sich als Freiberufler/Selbständiger bei geringem Einkommen von der Ausweisung der Umsatzsteuer befreien lassen (sog. Kleinunternehmerregelung). In diesem Fall kann man Rechnungen ohne Umsatzsteuer stellen (aber diese auch nicht mit der Umsatzsteuer der Ausgaben verrechnen). Dies lohnt sich nur in sehr speziellen Fällen, wenn die eigenen Kunden hauptsächlich Privatleute sind, die selber auch nicht die Umsatzsteuer verrechnen können, oder wenn man selber sehr wenig Ausgaben mit Umsatzsteuer geltend machen kann. Verlockend ist dabei für manche auch noch, dass man durch die Kleinunternehmerregelung nicht monatlich oder quartalsweise eine Umsatzsteuererklärung erstellen und abgeben muss. Um die jährliche Steuererklärung inklusive Gewinn und Verlustrechnung kommt man allerdings auch hier nicht herum.
Eigentlich sollte dies nur ein kurzer Text werden, jedoch ist er schon jetzt mächtig angeschwollen, obwohl dies wirklich nur die wichtigsten Grundbegriffe waren, die man als freiberuflicher Filmer unserer Meinung nach kennen sollte. Wer sich näher mit der Materie befasst, findet im Detail meistens noch viel mehr konkrete Steuergestaltungsmöglichkeiten für das eigene Business. Vielleicht hat ja auch der eine oder andere Leser auch noch konkrete Hinweise, die er gerne an dieser Stelle im Forum zur Diskussion stellen kann...