Vorbeirasende, sich auflösende und entstehende Wolken, Blumen, denen man bei Wachsen und Erblühen zuschauen kann, Gebäude, die in wenigen Minuten errichtet werden: alles Bilder, die wir ohne Zeitraffer nie so wahrnehmen könnten - ebenso wie Zeitlupenaufnahmen uns Dinge sehen lassen, die zu schnell für unser Augen sind, machen Zeitrafferaufnahmen Vorgänge sichtbar, die zu langsam für unsere Wahrnehmung sind.
Früher waren Zeitrafferaufnahmen nur mit selbstgebastelten Auslösevorrichtungen möglich oder Spezialkameras - heutzutage sind sie (im Gegensatz zu echten Zeitlupenaufnahmen) mit jeder DV-Ausrüstung leicht zu bewerkstelligen.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten für die Zeitrafferaufnahme mit dem Camcorder (für Aufnahmen mit Filmkameras oder digitalen Photoapparten siehe Time Lapse FAQ ):
Zeitrafferaufnahmen per Camcorderautomatik
Manche Camcorder wie z.B. die Canon XL1 S oder die Sony VX2000 haben eine eingebaute Intervallaufnahme-Funktion, mit der sich periodisch kurze Sequenzen aufnehmen lassen.
Vorteil:
-nur die Kamera wird vor Ort benötigt
Nachteil:
-Die mechanische Belastung, die beim wiederholten Hochfahren des Camcorders entsteht, ist nicht gut für den Camcorder und die Möglichkeiten der Intervallaufnahme sind begrenzt (nur wenig Auswahl bei den Aufnahmeperioden und der Aufnahmedauer).
Zeitraffer per Beschleunigung im Schnittprogramm
Bei relativ kurzer Aufnahmedauer (maximal DV-Bandlänge, bzw doppelte Aufnahmedauer im LP-Modus) und wenn noch nicht klar ist, welcher Beschleunigungsfaktor für die Aufnahmen am besten aussieht, ist es ratsam ganz normal aufzunehmen, zu capturen und dann die Geschwindigkeit des Videos im Schnittprogramm zu vergössern. Z.B. in Ulead MediaStudio kann die Geschwindigkeit eines Clips z.B. zwischen 10 und 1000% eingestellt werden. In Premiere geschieht das durch "> Eigenschaften des Clips > Geschwindigkeit > X%"
Vorteil:
-Man hat beliebige Kontrolle über die Geschwindigkeit des Videos: da noch alles Quellmaterial vorhanden ist, kann durch Geschwindigkeitsänderungen per Schnittprogramm jeder Beschleunigungsfaktor probiert werden, um die ideale Geschwindigkeit zu finden. Ausserdem kann man, z.B. bei Ereignissen mit stark variierenden Geschwindigkeiten, den Beschleunigungsfaktor variabel wählen. Gegenüber manchen Schnittprogrammen hat man mit Compositingprogrammen sogar die Möglichkeit, die Geschwindigkeit eines Clips stufenlos zu regeln.
Nachteil:
-Bei längeren Aufnahmen wird unnötig viel Festplattenspeicherplatz verbraucht (man kann aber mit Premiere auch nur Einzelbilder in festgelegten Intervallen von Band capturen, siehe unten)
-Es sind keine Aufnahmen möglich, die länger als die (doppelte, im LP-Modus) Aufnahmedauer eines DV-Tapes andauern
-Zeitaufwendiger als Methode 3, da das Material noch extra gecaptured werden muss
Die eleganteste Methode: Intervallcapturing per Software
Viele Schnittprogramme bieten die Möglichkeit aus einem (Live-)DV Strom per FireWire nur jeden x-ten Frame zu capturen .
Vorteil:
-Nur die auch später verwendeten Frames werden gecaptured, d.h. es wird kein unnötiger Speicherplatz verbraucht, da wirklich nur die einzelnen Frames aufgenommen werden (jeder Frame ist etwa 144 KB gross) - ideal für Langzeitaufnahmen
Nachteil:
-Der Computer muss immer in Nähe der Kamera sein und immer an. Kleiner Tip: 5m FireWire-Kabel oder sogar noch längere Strecken per Firewire Repeater ermöglichen es, relativ grosse Distanzen zwischen Camcorder und PC zu überbrücken.
Möglich ist dieses Live-Capturing von einzelnen Frames in Intervallen u.a. mit Schnittprogrammen wie Premiere, MotoDV, MediaStudio, oder Spezialprogrammen wie dem Scenalyzer und WinTLV oder Video Capturix
Beispiele für das Intervallcapturing in verschiedenen Programmen
- Ulead Media Studio:
Zeitraffer per Intervallcapturing funktioniert per Video Capture. Der Intervall-Einstellbereich reicht hier von 1 bis 999 Sekunden Pause zwischen zwei Bildern (MediaStudio 6). Leider scheint diese Funktion in MediaStudio 6.5 nicht mehr enthalten zu sein.
- Premiere:
Datei>Aufnehmen>Bild für Bild>Aufnahmeeinstellungen: hier kann gewählt werden zwischen Stop-Motion Aufnahme (gut für selbstgemachte Animationen: man bestimmt die Bildaufnahme manuell), Standbild oder "Bild-für-Bild":Einstellungen für Bild-für-Bild-Aufnahme in regelmäßigen Zeitabständen aufnehmen (=Zeitraffer).
Die Aufnahmeoptionen (durch Rechtsklick im Capture-Fenster) sind folgende:

-Es kann hier eingestellt werden, wieviele Frames pro Minute/Stunde/Tag aufgenommen werden sollen. Normalerweise werden 1500 Frames/Bilder pro Sekunde aufgenommen, also entsprechen z.B. 750 Frames pro Minute einem Beschleunigungsfaktor von 2, 60 Frames einem Faktor von 25.
-Als Aufnahmelimit kann eingestellt werden, wieviele Frames maximal gecapturet werden sollen, bzw. wieviel Spüeicherplatz übriggelassen werden soll.
- ScenalyzerLIVE:

Hier gibt es die Möglichkeit live oder von Band nur jeden x-ten Frame zu capturen - abhängig vom Zeitraffer-Geschwindigkeitsfaktor
Tips:
- Wichtig: Lieber etwas zu viele Frames aufnehmen als zu wenige, langsamer abspielen geht nachher immer noch - Hauptsache die Aufnahmen waren nicht umsonst, weil die Aufnahmeabstände zu gross waren und die Bewegung deswegen ruckelig erscheint
- Immer zuerst austesten - sich nicht auf geschätzte Voreinstellungen verlassen: Probeshot unter gleichen Bedingungen wie endgültiges Projekt machen (soweit möglich). Hier findet man einige Beispiele für Die Frequenz von Zeitraffer-Aufnahmen: http://www.time-lapse.co.uk/shooting.html
- Planung: Was kann dazwischen kommen (ganz wörtlich genommen: kann es vorkommen das Objekte mit einer anderen Geschwindigkeit durchs Bild (den Bildausschnitt) laufen? Kann das verhindert werden?
- Bei vielen Zeitraffersituationen lässt sich nicht feststellen, ob sie vorwärts oder rückwärts abgespielt werden, z.B. bei Sonnen-auf/untergängen oder sich öffnenden/schliessenden Blüten: in manchen Situationen kann es praktisch sein, die Sequenz umzudrehen
Zeitraffer-Frequenz:
Z.B. bei Wolkenaufnahmen kommt es ganz auf die (variable) Windgeschwindigkeit an, ob die gewählte Aufnahmefrequenz für eine flüssige, beschleunigte Wiedergabe reicht. Ganz günstig ist bei Wolkenaufnahmen auch der Einsatz eines Zirkumpolarfilters um die Wolken stärker herauszuheben - die stärkste Polarisation (und damit der stärkste Kontrast) herrscht rechtwinklig zum Verlauf der Sonnenstrahlen. (allerdings kann auch noch einges an Farbkorrekturen in der Postproduktion gemacht werden)
Camcorder:
- Je nach aufgenommener Situation ist es ratsam, die Camcorderautomatik für Belichtung und Brennweite auszuschalten , z.B. ist es meist unerwünscht, dass sich die Kamera von Frame zu Frame auf ein anderes Objekt scharfstellt - bei der Belichtung kann es allerdings ganz praktisch sein, dass die Automatik unterschiedliche Lichtsituationen ausgleicht, besonders bei längerer Aufnahmedauer (Tag/Nacht).
- Falls die Kamera sich nach 5 Min. Leerlauf immer abschaltet: Entweder das Band rausnehmen oder einfach eine Kassette mit aktiven Löschschutz einlegen und in den Kameramodus schalten. Dann blinkt zwar das "Tape prot." im "Sucher" aber die Kamera schaltet nicht mehr ab.
- Demo Modus (wenn vorhanden) im Camcorder ausschalten - der sich bei manchen Modellen nach einer gewissen Ruhephase einschaltet
- bei Nacht mit längeren Verschlusszeit experimentieren: Autolichter hinterlassen dann Leuchtspuren - leider sind die Verschlusszeiten von digitalen Camcordern nicht so frei (und lang) einstellbar wie bei manchen analogen Kameras (und vor allem Photoapparaten) - eine Aufgabe für die Postproduktion.
- Es lassen sich alle (zumindest älteren) D8 Modelle von Sony mittels Änderung der Firmware für Zeitrafferaufnahmen freischalten. Codes für die TRVx10 und TRV x20 Serie findet man auf http://ns.sps.volyne.cz/set1394/ Die TRV320 z.B. besitzt nach der "Freischaltung" folgende Möglichkeiten:
Im Camera Set - Int. Rec - Set: Interval: 30SÉC, 1MIN, 5MIN, 10MIN Rec Time: .5Sec, 1Sec, 1.5Sec, 2Sec
Schnitt/Postproduktion:
- Es ist hilfreich, wenn man genügend Frames (also mit einem relativ geringen Beschleunigungsfaktor) aufgenommen hat, um einzelne ins Bild gekommene Objekte nachträglich zu löschen, ohne dass es später auffällt: man kann die letztendliche Geschwindigkeit/Beschleunigung des Clips immer noch im jeweiligen Schnittprogramm ändern: wichtig ist ja nur, dass man keine xx-GB pro Tag auf der Festplatte unnötig liegen hat. Man kann bei genügend Basismaterial dann die Endgeschwindigkeit auch dynamisch den Ereignissen anpassen, wenn sich kein Zeitfaktor finden läßt, der alles gut aussehen läßt.
- In After Effects kann man mitHilfe von Frameblending eine Art Traumlook erzeugen durch verwaschen wirkende Bilder
Aufnahmesituation:
- bei (längeren Aufnahmezeiträumen) ist es meist gewünscht, dass nur das aufgenommene Objekt seinen Zustand ändert - also sollten die Aufnahmebedingungen möglichst kontrolliert erfolgen: z.B. können Änderungen der indirekten Beleuchtung durch Sonne/Wolken zu abrupten Helligkeitswechseln führen - man sollte also evtl. (wenn es sich um kleine Objekte handelt) zu künstlicher Belichtung greifen. (z.B. bei Aufnahmen vom Wachsen von Pflanzen oder Erblühen von Blüten)
- Profis, die Zeitrafferaufnahmen machen, gehen sogar soweit, das sie auch die Beleuchtung (oder auch andere Aufnahmeparameter) per Computer zum Aufnahmezeitpunkt automatisch steuern lassen.
Zeitreisesequenzen:
Man kann Zeitrafferaufnahmen auch dazu einsetzen, um Zeitreise zu visualisieren. Eine der berühmtesten Zeitreisesequenzen findet sich in "The Time Machine/Die Zeitmaschine" (1960) - sie wird z.B. auch in der ersten Folge von Futurama zitiert - sie ist allerdings etwas aufwendig und besteht aus durch Tricktechnik simulierten rückläufigen Zeitrafferaufnahmen (u.a. wird die Zivilisation in Sekunden zerstört und wieder aufgebaut).
Im kleineren Masstab ist ähnliches aber durchaus machbar - als typisches Symbol für eine Zeitreise kann eine immer schneller rückwärtslaufende Uhr dienen oder es können auch (wie eben bei "The Time Machine") natürliche Zeitabläufe, die rückwärts beschleunigt werden (was ganz einfach durch umgekehrt ablaufende Zeitrafferaufnahmen zu realisieren ist) dazu benützt werden, z.B. Tag und Nachtwechsel, ein Baum, dessen Blätter vom Boden zu den Ästen schweben und in den Zweigen verschwinden, Kerzen, die brennend wachsen, usw... wenn dann noch weiter in der Zeit zurückgereist werden soll, kann man so eine umgekehrte Zeitraffersequenz auch loopen und beschleunigen und dann (mit immer schriller werdender Musikbegleitung) in einem Blurren andeuten, dass die Zeitreise jetzt wahnsinnig schnell und wahnsinnig weit zurück geht.
Ansonsten ist natürlich auch ein 60´ies SciFi Effekt (eine farbige, sich immer schneller drehende Spirale z.B.) denkbar, psychedelisch, gut zu animieren und mit dem passenden Sound versehen..
Beispielclips für Zeitrafferaufnahmen:
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![]() | Gross" class="textlink">568 KB Klein (153 KB) |
Die Beispielclips wurden mit dem Cleaner 5 komprimiert
Wer davon noch nicht genug hat, sollte sich die Beispiele anschauen die unten gelinkt sind oder sich den wohl bekanntesten und schönsten Zeitraffer-Kinofilm Koyaanisqatsi mal ausleihen.
Links zum Thema
Time lapse FAQ:
http://209.105.168.172/users/ekinsman/faq/how2do2.htm
Playing with time:
http://www.playingwithtime.org/
weitere Beispiele:
u.a. Abbrennende Kerzen, Einzelbildanimationen
Zeitraffer Beispiele in niedriger Auflösung (Wolken, Sonnenaufgang, Stadt,...)
http://www.timelapse.com/stock/index.htm
Korallen
http://www.fisheyeview.com/Movies.html