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Videoschnitt für 60 Euro?

Womit sich unser Profi im wirklichen Leben herumschlägt und selber davon lernen kann, gibt´s hier im Essay.

// 21:53 So, 5. Dez 2004von

Kennen Sie das auch? Man sitzt da mitten in einer Produktion, es kommt jemand um die Ecke und sagt „Du kennst dich doch mit diesem Videokram aus?“. Wenn man da nicht schnell genug weg ist, kommt die zweite Frage auch gleich hinterher „Was kannst du mir denn für ein Schnittprogramm empfehlen?“.



Da mir in der Regel die Zeit für eine persönliche Beratung jedes auch nur irgendwie Bekannten fehlt (wofür schreibe ich eigentlich diese ganzen Test-Berichte???), werfe ich möglichst schon vor der zweiten Frage ein: „Kauf dir irgendwas für 60 Euro und probier erstmal aus!“. Bei der darauf obligatorischen folgenden Flucht „Ich brauch mal kurz ´nen Kaffee…“ rufe ich noch zurück: „Da gibt´s doch was von MAGIX, das kost nich viel und gibt´s auch bei Karstadt!“, worauf die „Unterhaltung“ in der Regel beendet ist.



Mittlerweile mache ich das nun schon so lange, dass die ersten mit ihrem Videoprojekt (manche sitzen da ja Jahre dran…) wirklich fertig geworden sind. Da Videoschnitt ja in der Mehrzahl aus dem Kürzen von nicht gelungenen Szenen besteht, schaue ich mir das Kunstwerk dann lieber an (die Diskussion „Ich kann jetzt nicht!“ „Ja, wann denn?“ „Bald!“ „Jetzt aber!“ dauert in der Regel länger…). Neulich auch so bei einem entfernten Bekannten passiert, der mich beim Betrachten seines Werkes allerdings ein wenig in Erstaunen versetzte: Ungefähr im Halbminutentakt fragte ich mich nämlich „Wie hat er das eigentlich gemacht?“ Natürlich habe ich das nicht gesagt („Haltung bewahren“ hat schon meine Mutter immer gesagt), sondern ganz professionell „ist ja ganz gut geworden“ bemerkt.



Zu Hause habe ich dann eine noch so ´rumliegende videoDeLuxe-Version gefunden und auf meinen Wohnzimmer-Rechner gespielt. Eigentlich dient er ja eher dazu, abendliche Fernsehsendungen auf DVD zu brennen, meine Fotosammlung zu beherbergen und meine MP3s zu verwalten. Da aber Notebook und Video-PC gerade in einem Projekt steckten, war nichts anderes frei. Es kam also, wie es kommen musste: die ersten Files für die Timeline waren nicht etwa selbst gecapturete avis sondern MPEGs von meiner DVB-S-Karte. Grund war wie immer der immense Zeitdruck, den private Projekte nun mal haben (auf der Arbeit meckert halt der Chef, wenn man Überstunden braucht, zu Hause ist die Regierung ungleich schlimmer „Du sitzt ja schon wieder vor dem Rechner!!“). Also das bisher schon eingespielte Procedere von Muxen, Demuxen, Schneiden, Authorn und Brennen mit so bedienerfreundlicher Software wie PVAStrumento, MPeg2Schnitt und MPEGPatcher über den Haufen geworfen und videoDeLuxe geöffnet. MPEG in die Timeline ziehen, kurz warten, vorn und hinten sauber schneiden und direkt auf DVD gebrannt. Lob gab es auch gleich, und zwar erstaunlicherweise von der Regierung: “Das Menü sieht aber besser aus als beim letzten Mal“. „Ja, Schatz, normalerweise mache ich die auch selber, das hier war eine Vorlage.“ Und warum nimmst du nicht immer solche Vorlagen?“. OK, damit war das Thema auch erledigt.



In einer ruhigeren Minute kam dann auch ein „normales“ Video-Projekt. Einer der schon Anfangs erwähnten Bekannten bekam sein Projekt nicht in den Griff und rief mich an. „Weißt du noch, ich habe hier ein paar Aufnahmen von Opas Geburtstag und die fragen schon, wann ich denn die DVD mitbringe?“. Die Frage nach seinem Schnittprogramm konnte er noch recht präzise beantworten „Irgendwas mit Pro im Namen? „, woher er das denn hatte, wollte er mir aus irgendwelchen Gründen nicht mehr sagen… (Liegt vielleicht an den 20.000 Pfund Kopfgeld der BSA??). Also kommt er mit seinen DV-KassettEN vorbei (Moment mal, waren das nicht Anfangs nur ein paar Aufnahmen??) und fragt: „Schneiden wir das an deinem Großen?“. „Nein, da ist grad was Wichtiges drauf“ sag´ ich und zeige auf den Barebone im Wohnzimmer „Da kommts hin“. Also in entspannter Atmosphäre die beiden Kassetten eingelesen und der wundervollen Einfachheit einer automatischen Szenentrennung zugeschaut. Dann grob per Storyboard-Ansicht sortiert (hat er gemacht, fand er ganz einfach) und in der Timeline-Ansicht ein bisschen hübscher gemacht (hab ich gemacht, er durfte Regisseur sein). Musik gab´s natürlich auch dazu, bedauerlicherweise findet sich eine respektable Auswahl schmutziger Lieder (Ja, ich geb´s zu, ich hab mein Studium mit Tanzmusik bezahlt) ebenfalls in meiner Sammlung. Per Knopfdruck dann auf DVD, eine passende Vorlage (die haben schließlich schon den Segen der Regierung, dann soll´s für ihn ja wohl auch reichen!) ausgewählt und auf DVD gebrannt. Wenn mein Chef wüsste, dass man so ein Viertelstunden-Feature auch an einem Vormittag produziert bekommt…



Nach diversen kleineren weiteren Anwendungen habe ich für mich entschieden, auch mal kleineren Programmen eine Chance zu geben. Zumindest habe ich am eigenen Leib erfahren, dass meine Empfehlung (Sie wissen noch? „videoDeLuxe bei Karstadt!“) nicht danebenlag. Dabei waren überhaupt nicht die Möglichkeiten ausschlaggebend, sondern eher die einfache Bedienung (das Handbuch hab ich bis heute nicht gesehen). Wer also, wie ich, irgendwo zwischen Chef, Regierung und Bekannten hin und her geschoben wird, sollte sich tatsächlich einmal überlegen, ob die jährlichen 2000 Euro für das Update der Videoausrüstung nicht besser in einem Urlaub angelegt sind. Das ist besser für die Nerven, freut alle Beteiligten und sieht am Ende auch nicht schlechter aus. Bis zum nächsten „Bekannten“…


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