Während woanders noch darum gerungen wird, wie KI in einem Film überhaupt eingesetzt werden darf, setzt die Berlinale ein Zeichen und präsentiert als (unseres Wissens) erstes der großen Filmfestivals einen 72-Minuten langen, per KI generierten Animationsfilm, "What´s next?". Allerdings nicht im offiziellen Wettbewerb, sondern in der eigenständigen und stets experimentierfreudigen Sektion Internationales Forum. Dort gab es Anfang der 2000er Jahre auch die ersten DV-Filme zu sehen - und zwar, das können wir aus eigener Erfahrung berichten, nicht immer sehr gute. Das gleiche wiederholt sich nun offensichtlich bei KI-Filmen.

Die junge chinesische Filmmacherin Yiwen Cao hat "What´s next?" ganz allein in nur 7 Tagen mit Hilfe von KI produziert und gibt sich auch keine Mühe, seine maschinelle Herkunft zu verbergen. Zu einem sphärischen Soundtrack werden die für Video-KIs typischen 3–4 Sekunden langen Schnipsel in einem bunten Stilmix wild aneinandergereiht und erzählen die Geschichte der Welt vor und nach der Ankunft des „Bösen“. Der folgende, sowie die weiteren eingebetteten Clips zeigen Ausschnitte aus "What´s next?":
Sie springt von einem typischen KI-Look schnell zum nächsten, angefangen von quitschbunt bis hin zu düster schwarz-weiß, und jeder Clip zeigt die alten klassischen Video-KI-Bildfehler wie morphende Gliedmaßen und Gegenstände. Der Film entstand vor einem Dreivierteljahr, die Qualität der Bilder entspricht u.E. aber nicht einmal dem – sowieso inzwischen überholten – damaligen State-of-the-Art in Sachen Video-KI-Technologie. Und ein Animationsfilm ist "What´s next?" nur in dem Sinne, dass die per KI generierten sehr künstlich aussegenden Bilder auch per KI zum Leben erweckt wurden – er gleicht so eher einer animierten SloMo-Diashow als einem Film.
Die offizelle Filmbeschreibung des Berlinale Forums
Der Sound: einlullend. Visuell beginnt What´s next? mit paradiesischen Zuständen. Sanfte Bilder voll Süße. Figuren schwelgen mit psychedelisch tanzendem Gemüse in kitschigen Landschaften – bis die KI-generierten Bilder beginnen, Zähne zu zeigen. Sie gleiten ab in finstere Dystopien, füllen sich mit männlichen Dämonen. In einer Montage von Klischees lässt Regisseurin Cao Yiwen die adressierten Verhältnisse – ob Gender, Umwelt oder Kapitalismus – kritisch heißlaufen.
Der Film wirft seinen Zuschauer*innen die zu visueller Statistik geronnenen Ansichten zurück und zeigt ihre Konsequenz. Nicht nur in den Darstellungsfehlern der KI-Bilder klaffen Abgründe. Die von Maschinen halluzinierten Fratzen des Bösen und der scheinbare Realismus menschlichen Leids machen die Begrenztheit der Vorstellungskraft des immer schneller kreisenden Mensch-Maschine-Loops sichtbar. Ein opulenter Höllenritt, der Abschied aus jener Welt, in der wir miteinander leben, hin zu Bildern, die wir uns als ästhetische Quersumme von ihr machen. Unübersehbar, wie notwendig es ist, diesem Strom zu entkommen, um sich der Frage, die der Titel aufwirft, zu nähern: What’s next?// Top-News auf einen Blick:
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Die Filmemacherin
Yiwen Cao ist international keine Unbekannte, so war sie bereits zweimal auf der Titelseite der französischen Zeitschrift „Filmmaker Life“ abgebildet, wo sie als „eine bahnbrechende Filmemacherin, die das Kino neu definiert“ gelobt wurde. Sie debütierte als Schauspielerin, hat aber inzwischen schon bei mehreren Echt- und KI-Kurzfilmen die Regie geführt. Ihr Kurzfilm „Release Nuclear Contaminated Water“ (2024) wurde auf dem Cannes Film Festival gezeigt und gewann dort den Best Animation Award und „Invisible War“ (2024) wurde auf dem Venice Film Festival Animation Day gefeatured.
Wird jeder zum Filmemacher dank KI?
Die allmählich startende KI-Filmrevolution erinnert ein wenig an die digitale Revolution der Filmtechnik: wurde durch die erschwingliche DV-Kamera samt Bearbeitungsmöglichkeit am eigenen PC damals Filmemachen tatsächlich demokratisiert, wird es dank KI jetzt noch einfacher: jedermann kann Filme in kürzester Zeit nur am PC mittels Prompt für sich produzieren lassen. Das wirft viele neue Fragen auf: Sind KI-Filme „normale“ Filme? Ab wie viel Kreativität wird eine Ansammlung von Schnipseln zu einem echten „Werk“? Und wer soll sich die bald kommende Flut von KI-Filmen ansehen?