Wie kommt das stereoskopische Bild zustande

Unser natürliches, räumliches Sehen entsteht, da die zwei Bilder, die das rechte und linke Auge liefern, aufgrund des Augenabstands leicht versetzt sind. Im Sehzentrum werden die Abweichungen zwischen den zwei Ansichten räumlich interpretiert (außer bei den ca. 5% der Menschen, die kein "3D" sehen können). Der feste Augenabstand führt zu einer gleichmäßigen Raumtiefe unserer Seheindrücke. Zusätzlich interpretieren wir, praktisch unbewußt, Hinweise auf Räumlichkeit über die Perspektivik -- unterschiedliche Größen erlauben Rückschlüsse darüber, was sich wie weit weg im Raum befindet, Winkel, Linien, Farbabstufungen, Überdeckungen etc. liefern weitere Hinweise.


Aus diesem Grund vermitteln auch herkömmliche, zweidimensionale Bilder (nicht nur Film, auch Foto und Malerei) einen räumlichen Eindruck.


Möchte man nun in 3D-Bildern zusätzlich zur Perspektivik das natürliche Sehen (soweit möglich) reproduzieren, müssen zwei Aufnahmen statt einer gemacht werden (eine für jedes Auge), sie müssen jedoch bis auf einen horizontalen Versatz identisch sein. Denn jeder Unterschied zwischen dem rechten und linken Bild wird als Indiz für räumliche Ausdehnung gesehen, daher verursachen Unstimmigkeiten im 3D-Bild Unwohlsein oder Kopfschmerzen: unser Gehirn versucht vergeblich, die Information zu verarbeiten.


Nachher beim Abspielen wiederum muß sichergestellt sein, daß jedes Auge jeweils nur das linke bzw. rechte Bild zu sehen bekommt (mit Hilfe der altmodischen, anaglyphen Brillen, oder mit neuerer Shutter- oder Polarisationstechnik). Es müssen also zwei Situationen gemeistert werden, die perfekte Aufnahme und die reibungslose Wiedergabe.







Parameter der 3D-Aufnahme

Es gibt mehrere Faktoren, die die Aufnahme von stereoskopischem 3D beeinflussen. Zunächst einmal ist der sog. interaxiale Abstand wichtig, auch Stereobasis genannt. Beim Menschen beträgt dieser etwa 6,3cm -- der Augenabstand. Beträgt der Abstand null, so sind die Bilder identisch, also ohne 3D-Effekt. Beträgt der Abstand sagen wir 10 cm, so weisen sie eine deutlich stärkere räumliche Wirkung auf.



 schematische Darstellung
schematische Darstellung


Wird eine Stereobasis gewählt, die entweder enger oder weiter als bei uns Menschen ist, so können unter gewissen Umständen die dargestellten Objekte im Maßstab verändert wirken. Von Hypostereo oder Gigantismus spricht man, wenn ein enger Abstand dazu führt, daß das Geschehen wie aus der Perspektive eines sehr kleinen Wesens gesehen wirkt: alles relativ groß, verglichen mit einem selbst. Liliputismus (Hyperstereo) dagegen entsteht bei großem Abstand zwischen den Optiken -- man sieht die Welt wie mit den Augen eines Riesen: alles klein. Diesen Effekten kann man entgegenwirken, indem die Stereobasis auf die Entfernung der dargestellten Objekte im Raum angepasst wird.



Ein weiterer wichtiger Faktor für das räumliche Sehen ist die Konvergenz. Bringt man die zwei Kameras/Objektive genau parallel ausgerichtet zueinander an, liegt ihr Konvergenzpunkt (der Punkt, wo sich ihre Blickachsen kreuzen) in der Unendlichkeit. Winkelt man sie leicht zueinander, liegt er entsprechend weiter vorne.



Grundlagen der stereoskopischen 3D-Produktion : konvergenz1


Die Bildinhalte am Konvergenzpunkt, wo sich die Objektivachsen kreuzen, weisen in den stereoskopischen Halbbildern den geringsten Versatz auf. Sie liegen, wenn das 3D-Material angeschaut wird, genau auf der Bildebene (der Leinwand, dem Bildschirm). Alle Objekte zwischen der Kamera und dem Konvergenzpunkt liegen bei der Darstellung im Raum vor der Leinwand, jene dahinter entsprechend im Raum hinter der Leinwand.


Die Konvergenz kann auch nachträglich in der Postproduktion beim sogenannten Depth Grading justiert werden.



Grundlagen der stereoskopischen 3D-Produktion : konvergenz2


Bei der Aufnahme müssen also – sofern möglich, s.u. – Einstellungen zur Stereobasis und ggf. zur Konvergenz gemacht werden um die räumliche Wirkung zu kontrollieren. Ebenfalls wichtig ist die verwendete Brennweite, sowie die Lage der abzubildenden Elemente im Raum. Die Entfernung des Objekts, das am nächsten an der Kamera ist, sowie diejenige des am weitesten entferten Objekts ist maßgeblich für den Raum, der im 3D-Bild abgebildet werden muß. Allerdings läßt sich nicht eine beliebige Tiefe in ein 3D-Bild „quetschen“, ohne daß der Sehnerv überreizt wird.


Je näher das Motiv an der Kamera ist, umso kleiner sollte die Stereobasis sein und umgekehrt. Je weiter weg im Bild sich Inhalte befinden, umso schwieriger wird es, ihre genaue Verteilung im Raum einzuschätzen (so ist es auch in der Realität, also beim natürlichen Sehen). Daher kann man etwa bei Landschaftsaufnahmen schon mal eine größere Stereobasis wählen, um die Tiefe zu betonen.



Eine alte Daumenregel besagt, daß die Stereobasis 1/30 des Abstandes betragen sollte, der zwischen dem nähesten Objekt und der Kamera liegt. Um bei einer professionellen Produktion passende Werte für Stereobasis (und ggf. zur Konvergenz) einzustellen, wird zunächst festgelegt, wo die Kamera platziert wird, mit welcher Brennweite gearbeitet werden soll und welche Bildinhalte sich in welcher Entfernung im Raum vor der Kamera befinden. Anhand dieser Werte wird mit einer Formel bzw. Software (wie zB. dieser) die optimale Stereobasis ermittelt, und zwar idealerweise unter Berücksichtigung der Größe des endgültigen Abspielfensters und der Betrachtungssituation. Denn je nach dem, ob das 3D-Material auf einer großen Kinoleinwand oder nur am Computerbildschirm abgespielt werden soll, muß die Stärke des 3D-Effekts reguliert werden.





Bei der Wahl der Brennweite werden übrigens meist eher weitwinkelige Optiken vorgezogen, da diese die Welt runder abbilden, während dasselbe Motiv durch eine Telelinse flach und beinahe wie ausgestanzt wirkt.





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