Schneiden: am Avid, mit Final Cut, und überhaupt
// Blindflug habt ihr am Avid geschnitten?
Ja. Aber die Konkurrenz ist stark im Kommen, und berechtigt groß. Final Cut Pro zum Beispiel ist ein exzellentes Schnittsystem. Am Anfang hab ich das zwar nicht gemocht, weil ich dachte, was haben so Internet-Typen, die vier Clips zusammenschneiden mit nem Film erzählen zu tun, aber wenn man sich dran gewöhnt, dann ist das toll, besonders wenn man Kurzformate schneidet. Das geht total schnell und macht Spaß. So kleine Trailer zum Beispiel, die ballern und schnell sind und nach vorne gehen, das macht Spaß an dem System.
// Unterscheidet sich die Arbeit denn so sehr zwischen Avid und Final Cut?
Naja, man kann sicher an beiden Systemen sehr ähnlich arbeiten, aber Avid ist irgendwie noch linearer als Final Cut, würde ich sagen. Bei Final Cut kann man alles drag-und-droppen, wüst alles hin- und herschieben, was ich mir beim Avid aber nie angewöhnt habe. Man könnte das machen, aber es wär lang nicht so schnell und so einfach. In Final Cut da spiele ich mehr, lege alles auf die Timeline und jongliere damit. Ich hab das mal am Avid versucht, aber das mochte ich nicht. Da geht das anders, da muß ich etikettieren und beschriften und so.
// Bei Final Cut kommt mehr Zufall rein?
Ja, man schneidet da ein bißchen experimenteller. Ein bißchen moderner, vielleicht.
// Hat das vielleicht auch mit deinem Gefühl zu tun, das wäre unseriös?
Kann sein. Am Anfang denkt man vielleicht, das wäre unseriös, aber es ist einfach nur anders. Aber wie gesagt, man kann mit beiden Programmen sicher ähnlich schneiden, es kommt nur darauf an wie man es sich angewöhnt. Wenn man autodidakt ist, dann setzt man sich an so eine Kiste und schraubt daran rum, und was am besten funktioniert, das übernimmt man dann.
// Hast du nicht mit einer Mediengestalter-Ausbildung angefangen?
Doch aber da hab ich mir das selbst beigebracht. Ich hatte damals einen Chef, der war 60, und der hatte ein ganz neues Schnittsystem da stehen, da lag so dick der Staub drauf. Er hat das immer gemieden. Das war so ein Old-School-Avid. er selbst ist immer zum Schneiden in seine Mahagony-Editsuite gegangen, das war so ein Tisch mit 2 Monitoren. Das war noch mit Betacam-Maschinen, wo man schneidet indem man kopiert. Und der andere Raum war immer frei, da konnte ich dann ran und machen was ich wollte. Das war super. Aber es war natürlich auch keiner da, der es einem beibrachte.
// Und wenn du deine Arbeit jetzt vergleichst mit dem was gelernte Cutter machen, merkst du da einen Unterschied?
Naja, das ist immer ein Prozeß, da muß man ganz lang dabei sitzen oder sich das fertige Resultat sehr genau ansehen, um das zu erspüren, einen Stil. Aber das ist sehr spannend, mit anderen darüber zu reden, warum hast du das genau so gemacht, ich hab das Material ganz anders gesehen, usw. Aber ich hatte in der Hinsicht natürlich schon Mentoren. Da gab es beispielsweise eine Cutterin, die mir eine lineare und recht simple Erzählstruktur beigebracht hat, die sie meistens wählt. Das waren aber nie Spielfilme, immer Dokumentarfilme. Die muß man anders schneiden, man hat da mehr Freiräume als Cutter.
// Weil man seinen Erzählfaden selber spinnen muß?
Richtig, beim Spielfilm, da gibt es ja meist schon ein Drehbuch, man hat Probeaufnahmen gemacht und so. Aber bei Dokumentarfilmen ist das anders, da geht man bei Leuten mit, beobachtet die, schaut was dabei rauskommt. Viele Filmemacher entdecken ja dann erst im Laufe der Zeit worum es eigentlich gehen könnte, oder was daran spannend ist. Der Schnitt hat beim Dokumentarfilm einen größeren Stellenwert. Im Spielfilm fängt der Prozeß schon gleich mit dem Buch an – der Schnitt fängt praktisch schon bei der ersten Drehbuchseite an.
// Kann man dann beim Spielfilmschnitt denn nicht hauptsächlich nur noch was kaputt machen, wenn alles davor gut gelaufen ist?
Kann man schon, wenn man den Schauspielern nicht vertraut, oder der Kamera, oder dem Rhythmus, der vorgegeben ist, aber das ist selten. Meistens hilft man aber, indem man Sachen konkreter macht, klarer, vielleicht auch klarer in ihrer Unklarheit. Das gibt es auch, daß man in der Montage sagt, man dreht das alles um. So ein Film ist einfach ein Prozeß. Das macht es auch so anstrengend, aber auch spannend. Man hat da ein paar geprobte Seiten, aber ganz genau was rauskommt, weiß niemand am Anfang. Das kann einen auch überfordern, vor allem auch genau da, wo man es nicht erwartet. Das macht es auch reizvoll.